US-Migrationspolitik

Trump sorgt erneut für Aufsehen: Eskalation bei Protesten in Los Angeles

10.06.25 08:59 Uhr

LA-Proteste: Trump verschärft Rhetorik - weiterer Tabubruch? | finanzen.net

Als Reaktion auf Proteste gegen die US-Migrationspolitik in Los Angeles setzt Präsident Donald Trump auf weitere Eskalation.

Das US-Verteidigungsministerium mobilisierte auf Trumps Anweisung 2.000 zusätzliche Soldaten der Nationalgarde für den Einsatz in der Westküstenmetropole - und 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte. Bereits am Wochenende hatte Trump in einem höchst ungewöhnlichen und umstrittenen Schritt 2.000 Nationalgardisten mobilisieren lassen. Der Republikaner bricht mit seinem Vorgehen rechtliche und politische Tabus.

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Der demokratische Gouverneur Kaliforniens, Gavin Newsom, warf Trump "Machtmissbrauch" vor und sprach von "gestörten" Fantasien eines "diktatorischen Präsidenten". Die US-Regierung überschreite eine rote Linie. Kalifornien hat bereits Klage eingereicht gegen Trumps Entscheidung, ohne Zustimmung des Bundesstaats die Kontrolle über die kalifornische Nationalgarde zu übernehmen. Newsom kündigte an, auch gegen die Entsendung regulärer Soldaten nach Kalifornien vor Gericht zu ziehen.

Entsendung von regulären Streitkräften ist drastische Eskalation

Soldaten sind für militärische Einsätze und den Krieg ausgebildet, nicht für polizeiliche Aufgaben wie die Kontrolle von Protesten in amerikanischen Innenstädten. Dass Trump Mitglieder der regulären Streitkräfte schickt, ist eine drastische Eskalation und Machtdemonstration - ebenso wie seine Entscheidung, Nationalgardisten gegen den Willen des zuständigen Gouverneurs einzusetzen.

Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte. In den USA hat jeder Bundesstaat seine eigene Nationalgarde, die bei Naturkatastrophen, Unruhen oder Notfällen im Inneren eingesetzt werden kann. Im Normalfall haben die Bundesstaaten die Kontrolle über ihre Nationalgardisten. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen. Davon sehen Beobachter die Lage in LA aber weit entfernt. Seit 1965 hat kein US-Präsident mehr die Nationalgarde eines Bundesstaats gegen dessen Willen übernommen.

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Auch am Montag demonstrierten Hunderte in Los Angeles

Die Proteste in Los Angeles gegen Trumps Migrationskurs gingen zwar weiter, allerdings zunächst in überschaubarem Ausmaß. Am Montagnachmittag Ortszeit demonstrierten erneut Hunderte Menschen vor einem Bundesgebäude in der Innenstadt von LA gegen die Migrationspolitik der US-Regierung. Die Proteste waren zunächst friedlich, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur beobachtete. Die Demonstranten riefen Parolen und trugen Schilder, die sich gegen das Vorgehen der Einwanderungsbehörde ICE im Raum Los Angeles richteten. Später begann die Polizei damit, die Demonstranten zurückzudrängen und Straßenzüge rund um das Gebäude zu räumen.

Einzelne Demonstranten warfen Wasserflaschen, worauf die Polizei mit dem Abfeuern von Gummigeschossen reagierte. Beamte riefen Protestierende auf, das Gebiet zu verlassen und nach Hause zu gehen. Einer der Polizisten sagte: "Es ist chaotisch, aber wir haben es unter Kontrolle."

Was die Demonstrationen in LA ausgelöst hat

Die Proteste richten sich gegen Trumps harte Einwanderungspolitik und den Einsatz von ICE-Einheiten in Wohngebieten. Verstärkte Einsätze der Einwanderungsbehörde hatten Ende vergangener Woche im Raum Los Angeles erste Proteste ausgelöst. Nach Behördenangaben wurden bei den Razzien Dutzende Menschen festgenommen, darunter nach Angaben des Büros von Newsom offenbar auch Minderjährige. Kritiker werfen Trumps Regierung vor, mit martialisch anmutenden Maßnahmen gezielt Angst zu schüren.

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US-Heimatschutzministerin Kristi Noem betonte im Sender Fox News, dass die Mitarbeiter von ICE - mit Unterstützung der Nationalgarde - genau das umsetzten, was Trump versprochen habe. Der Republikaner hatte Wahlkampf gemacht mit dem Versprechen, das größte Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte zu starten.

Wie die Regierung ihr Vorgehen begründet

Die US-Regierung argumentiert, es gehe bei der drastischen Reaktion auf die Proteste in LA darum, Schlimmerem vorzubeugen und die Proteste quasi im Keim zu ersticken. Tom Homan, der die Oberaufsicht über Trumps Abschiebepolitik hat, lobte Trumps Entscheidung, zusätzlich Soldaten nach Los Angeles zu schicken. Der Präsident agiere vorausschauend und sorge dafür, dass es ausreichend Ressourcen gebe, um Leben und Eigentum zu schützen, sagte Homan dem Fernsehsender CNN.

Nach Pentagon-Darstellung sollen die zusätzlichen 2.000 Nationalgardisten die Einwanderungsbehörde ICE unterstützen und es den Bundesmitarbeitern zu ermöglichen, ihre Aufgaben "sicher" zu erfüllen. Nach jüngsten Militärangaben befinden sich aktuell ungefähr 1.700 Nationalgardisten im Raum Los Angeles.

Die rund 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte sollen die Kräfte der Nationalgarde dabei unterstützen, Bundesmitarbeiter und -eigentum zu schützen, erklärte das zuständige Regionalkommando der Militärs. Die Soldaten seien in Deeskalation, der Kontrolle von Menschenansammlungen sowie den Regeln für die Anwendung von Gewalt geschult.

Wie der Gouverneur vor Ort die Lage einschätzt

Newsom kritisierte die Mobilisierung weiterer Soldaten scharf. Der Demokrat bezeichnete den Schritt auf der Plattform X als "unamerikanisch". Marineinfanteristen sollten "nicht auf amerikanischem Boden eingesetzt werden, wo sie ihren eigenen Landsleuten gegenüberstehen, um die gestörte Fantasie eines diktatorischen Präsidenten zu erfüllen".

Newsom warf der US-Regierung vor, dass es nicht um die öffentliche Sicherheit gehe. "Es geht darum, das Ego eines gefährlichen Präsidenten zu streicheln." Die Ankündigung, weitere 2.000 Nationalgardisten zu mobilisieren, bezeichnete er als leichtsinnig und sinnlos "und respektlos gegenüber unseren Truppen". Die ersten 2.000 Nationalgardisten hätten weder Essen noch Wasser bekommen. "Nur etwa 300 sind im Einsatz - der Rest sitzt ungenutzt in Bundesgebäuden herum, ohne Befehle zu haben."

Trump rüstete erst am Montag verbal ab

Die Mobilisierung Tausender weiterer Soldaten steht im Kontrast zu Äußerungen, die Trump kurz vor Bekanntwerden der Entsendung der 700 Marineinfanteristen machte. Bei einer Pressekonferenz wollte er deren Einsatz auf Nachfrage zwar nicht ausschließen. Er beteuerte aber noch am Montagnachmittag (Ortszeit), dass die Nationalgarde die Lage in der Metropole an der Westküste der USA deeskaliert und Schlimmeres verhindert habe. "Es köchelt immer noch ein bisschen, aber nicht sehr stark", sagte er zu diesem Zeitpunkt über die Proteste. Er wolle keinen "Bürgerkrieg", antwortete er auf eine entsprechende Frage eines Journalisten.

JD Vance zu LA-Protesten: 'Trump wird nicht nachgeben'

US-Vizepräsident JD Vance hat ein hartes Durchgreifen bei den andauernden Protesten in Los Angeles angekündigt. Man werde dem FBI bei der Verfolgung von gewaltsamen Kriminellen helfen, die Ordnung wiederherstellen und der Einwanderungsbehörde ICE bei der Durchsetzung von Einwanderungsgesetzen zur Seite stehen, schrieb der Republikaner auf der Plattform X. "Präsident Trump wird nicht nachgeben", hieß es weiter, und die Regierung werde sich nicht von der "Gesetzlosigkeit" einschüchtern lassen.

In den vergangenen Tagen hatte das US-Verteidigungsministerium auf Anweisung von Donald Trump Tausende Nationalgardisten und 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte mobilisiert. Der Schritt gilt als ungewöhnlich und umstritten, da der Präsident die Nationalgarde des Bundesstaates gegen dessen Willen übernommen hat. Der demokratische Gouverneur Kaliforniens, Gavin Newsom, warf Trump "Machtmissbrauch" vor und sprach von "gestörten" Fantasien eines "diktatorischen Präsidenten".

Proteste gegen Migrationspolitik in vielen Städten der USA

Neben den Protesten in Los Angeles demonstrieren Menschen auch in weiteren Städten der USA gegen die US-Migrationspolitik. In der Ostküstenmetropole New York versammelten sich am Montag (Ortszeit) Medienberichten zufolge Dutzende Menschen in der Lobby des Trump Towers. Wie der Sender CBS News berichtete, skandierten sie "Bringt sie zurück", offenbar in Anspielung auf Abschiebungen von Migranten.

Auch andernorts in New York gab es demnach Proteste und mehrere Festnahmen. New Yorks Bürgermeister Eric Adams rief auf der Plattform X dazu auf, die Proteste nicht eskalieren zu lassen. "New York City wird immer ein Ort sein, an dem man friedlich protestieren kann, aber wir werden Gewalt und Gesetzlosigkeit nicht zulassen."

Auch in den kalifornischen Städten San Francisco und Santa Ana, in Austin und Dallas (Bundesstaat Texas), Atlanta (Georgia) und Louisville (Kentucky) fanden nach Angaben von US-Medien Proteste statt. Diese seien weitgehend friedlich verlaufen, dennoch sei es zu einzelnen Zusammenstößen und Dutzende Festnahmen gekommen.

LOS ANGELES/WASHINGTON/NEW YORK (dpa-AFX)

Bildquellen: Cynthia Shirk / Shutterstock.com, Michael A. Bennett / Shutterstock.com