Marktbericht & Presseschau Ulrich Kirstein

Sicher im Rausch

17.10.25 18:32 Uhr

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Sicher im Rausch | finanzen.net

An der Börse verlief die Woche "interessant", wie es gerne heißt, wenn die dem Gast vorgesetzten Speisen nicht restlos überzeugen. Der Dax fällt am Freitagvormittag auf deutlich unter 24.000 Punkte, bevor er wieder die Richtung wechselte. Vom Rekordhoch am 9. Oktober bleibt er aber einigermaßen weit entfernt. Kleinere Banken in den USA mit faulen Krediten sind wohl der Auslöser für die schlechte Stimmung, das weckt Erinnerungen an den Beginn der Finanzkrise.

Zukunft verspielt

Die Zeit meldet schon am Donnerstag: "Warten auf den Crash". Angesichts der aktuellen Situation wäre zu fragen, ob manchen das Warten zu lange dauerte. Dass die deutsche Wirtschaft eher pessimistisch vorausblickt, ist kein Geheimnis: "Deutsche Unternehmen verlieren laut Umfrage Glauben an die Zukunft", schreibt das Handelsblatt dazu und die Zahlen sind dramatisch: 94 Prozent der energieintensiven Betriebe rechnen mit einer Abwanderung aus Deutschland! "Made in Germany vor dem Aus", unkt Markt und Mittelstand mit Bezug zur gleichen Allensbach-Studie. Dass sie nach Hamburg abwandern, scheint eher unwahrscheinlich zu sein nach dem Ausgang des Klima-Entscheids. "Globale Wirkung null, lokale Nebenwirkungen erheblich - Der Triumph der Unproduktiven", ärgert sich Die Welt.

Gesunde Jahresendrallye

Börse Online hält mit eisernen Handschuhen einen Ritter-Schild auf dem Titel, beschriftet mit: "Die sichersten Aktien der Welt - Kaufen, halten, 60% und mehr verdienen". Bei Focus Money zeigt ein kräftiger Pfeil selbstverständlich nach oben, denn "70 % Gewinn in zwei Monaten", das sollte schon drin sein. "Die besten Aktien für die Jahresendrally" werden uns also präsentiert. Deutlich nach oben geht es auch auf dem Titel von Der Aktionär: Mit dicken gelben Buchstaben geht’s hier mit "GIER" aufwärts: "Börsen im Rausch - Gewinne mitnehmen oder laufen lassen", fragt sich die Redaktion, dabei kommt nach der Gier bekanntlich der Absturz. Bei uns an der Börse bleiben alle ganz nüchtern, soviel können wir versprechen. Beim EURO Magazin flattert bereits die Septemberausgabe auf unseren Schreibtisch und lockt mit "Gesund gewinnen", denn das Heft widmet sich beispielsweise dem Metatrend KI und Medizin. Was hilft auch Geld, wenn die Gesundheit leidet?

Auto oder Kind

Ein Sportwagen ist mangels einer bequemen Rückbank nicht besonders familientauglich, da beruhigt es doch, dass man sich ihn mit Kindern eh nicht leisten kann. "Was Kinder wirklich kosten", überschreibt die Süddeutsche Zeitung einen Artikel im Wirtschaftsteil. Spontan denken wir an "unsere Nerven", sie sind aber bis zum 18. Lebensjahr so teuer wie ein Luxussportwagen. Also blicken wir sehnsüchtig in unsere Tiefgarage und entdecken nur einen älteren Familienkombi und nicht die zwei Luxussportwagen, die wir offensichtlich an unsere Kinder verprasst haben. Und da sie sich überdies standhaft weigern, mit 18 Jahren auf eigenen finanziellen Füßen zu stehen, könnte noch ein dritter Sportwagen hinzukommen. 763 Euro pro Monat investieren wir laut Süddeutscher Zeitung also in unsere Kinder, als Alleinerziehende sollen wir mit 50 Euro weniger auskommen, wo immer wir die auch sparen sollen. Angeblich erhalten Eltern die Hälfte der Ausgaben vom Staat zurück, insofern bleibt nur noch ein Mittelklassewagen übrig. Allerdings wurden bei der Berechnung nur die Konsumausgaben einbezogen, schließlich benötigt man auch eine größere Wohnung und, siehe oben, ein größeres Auto für die Kids, und mögliche Verdienstausfälle bei Eltern sind auch nicht berücksichtigt. Das dürfte die Autos dann doch wieder etwas aufpeppen.

Ulrich Kirstein ist Pressesprecher der Börse gettex. Der Betriebswirt und Kunsthistoriker schreibt über Literatur und Börse, interviewt alle 14 Tage in Börse am Donnerstag den Leiter Marktsteuerung und hat u.a. mit Christine Bortenlänger Börse für Dummies und Aktien für Dummies verfasst.