Starkes erstes Halbjahr

IWF: Wachstumsprognose für 2025 leicht angehoben - erhöhte Risiken für Finanzstabilität

14.10.25 16:22 Uhr

IWF hebt Prognose fürs das Wachstum der Weltwirtschaft im laufenden Jahr an - erhöhte Risiken für Finanzstabilität | finanzen.net

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose fürs das Wachstum der Weltwirtschaft im laufenden Jahr aufgrund eines unerwartet starken ersten Halbjahres etwas angehoben, sieht aber weiterhin das Risiko, dass die hohen US-Importzölle ihre volle Wirkung erst noch entfalten werden.

Wie der IWF im Rahmen seines Weltwirtschaftsausblicks mitteilte, rechnet er für 2025 nun mit einem Anstieg des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,2 (Juli-Prognose: 3,0%). Die Prognose für 2026 lautet unverändert auf 3,1 Prozent. 2024 war die Weltwirtschaft um 3,3 Prozent gewachsen. Das im April vom IWF gezeichnete Szenario einer deutlichen Wachstumsabschwächung 2025 (auf 2,8 Prozent) ist damit nach zwei Prognoserunden vom Tisch.

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"Die unerwartete Widerstandsfähigkeit der Konjunktur und die gedämpfte Inflationsreaktion spiegeln eine Reihe von Faktoren wider, die eher eine vorübergehende Entlastung als eine zugrunde liegende Stärke der wirtschaftlichen Fundamentaldaten darstellen", heißt es in dem Bericht. Dies gelte zusätzlich zu der Tatsache, dass sich der Zoll-Schock als geringer als ursprünglich angekündigt erwiesen habe.

Der IWF verweist darauf, dass Haushalte und Unternehmen ihren Konsum und ihre Investitionen in diesem Jahr in Erwartung höherer Zölle vorgezogen hätten. Dies habe der globalen Konjunktur Anfang 2025 einen vorübergehenden Schub gegeben. Eine Rolle spielte nach IWF-Einschätzung auch, dass Unternehmen wegen Verzögerungen bei der Umsetzung neu angekündigter Zölle Preiserhöhungen aufschieben konnten. Zudem hätten gute Gewinnmargen nach der Covid-19-Pandemie Lieferanten und Importeuren in den Zielländern Puffer geboten, mit denen diese die höheren Zölle absorbieren konnten. Gedämpft wurden die negativen Auswirkungen der Zölle demnach auch von der Abwertung des US-Dollar.

Der IWF prognostiziert für die USA Wachstumsraten von 2,0 (1,9) Prozent für 2025 und von 2,1 (2,0) Prozent für 2026, wobei er einen etwas steileren Zinssenkungspfad der Fed als noch im Juli unterstellt. Die Wachstumsprognosen für China blieben unverändert bei 4,8 bzw 4,2 Prozent, während die Japans auf 1,1 (0,7) bzw 0,6 (0,5) Prozent angehoben wurden. Der IWF nimmt an, dass die Bank of Japan ihre Geldpolitik weiter straffen wird. Die Wirtschaft des Euroraums soll laut der Prognose um 1,2 (1,0) bzw 1,1 (1,2) Prozent wachsen, wobei die 2025er BIP-Prognosen der größten Volkswirtschaften mit Ausnahme der italienischen angehoben wurden.

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Deutschland traut der IWF jetzt Wachstumsraten von 0,2 (0,1) bzw 0,9 (0,9) Prozent zu, Frankreich 0,7 (0,6) bzw 0,9 (1,0) Prozent und Spanien 2,9 (2,5) bzw 2,0 (1,8) Prozent. Italiens Prognosen blieben unverändert bei 0,5 bzw 0,8 Prozent. Der IWF nimmt an, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins bei 2,0 Prozent belassen wird.

Sorge bereitet dem IWF das anhaltend unsichere Umfeld. "Die Unsicherheit in der Handelspolitik bleibt hoch, es fehlt an klaren, transparenten und dauerhaften Vereinbarungen zwischen den Handelspartnern", befindet die Organisation. Zudem verlagere sich der Fokus allmählich von der letztendlichen Höhe der Zölle auf deren Auswirkungen auf Preise, Investitionen und Konsum.

Nach seiner Einschätzung gibt es zunehmend Anzeichen dafür, dass sich die negativen Effekte protektionistischer Maßnahmen bemerkbar machen. "Die durch Vorzieheffekte bedingten Muster bei Nettoexporten und Lagerbeständen haben sich weitgehend umgekehrt. In den USA ist die Kerninflation gestiegen und die Arbeitslosigkeit hat leicht zugenommen."

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IWF sieht erhöhte Risiken für Finanzstabilität

Die Risiken für die Stabilität des internationalen Finanzsystems haben sich nach Aussage des Internationalen Währungsfonds (IWF) seit April verringert, sind aber immer noch erhöht. "Die Märkte scheinen die potenziellen Auswirkungen von Zöllen auf Wachstum und Inflation sowie andere mögliche negative Entwicklungen heruntergespielt zu haben", heißt es im Globalen Finanzstabilitätsbericht. Unter der ruhigen Oberfläche verschiebe sich aber in mehreren Teilen des Finanzsystems der Boden, was zu Anfälligkeiten führe. Der IWF führt mehrere Beispiele für solche Verschiebungen auf:

1. Asset-Preise

Der US-Dollar hat in diesem Jahr bisher um 10 Prozent abgewertet, obwohl es im April einen von Risikoaversion getriebenen Ausverkauf gab und US-Konjunkturdaten in den Monaten danach besser als erwartet ausfielen. "Dies spiegelt eine Neubewertung der zehnjährigen Hausse des Dollars und eine verstärkte Absicherung durch nicht-US-amerikanische Anleger gegen eine weitere Abschwächung wider", schreibt der IWF. Der IWF findet Risiko-Assets inzwischen wieder hoch bewertet und befürchtet, dass eine abrupte Preiskorrektur von diesen ungewöhnlichen Asset-Korrelationen verstärkt werden könnte.

2. Verschuldung verschiebt sich zum öffentlichen Sektor

Steigende Haushaltsdefizite treiben die Emission von Staatsanleihen weiter an. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften sind die Märkte für Staatsanleihen bei Neuemissionen zunehmend auf preissensible Anleger angewiesen. Zwar sei die Funktionsfähigkeit des Anleihemarktes bisher stabil geblieben, doch zeigen Szenarioanalysen laut IWF-Bericht, dass abrupte Renditeanstiege die Bilanzen der Banken belasten und den Liquiditätsdruck bei offenen Fonds erhöhen würden. Stress an Kernanleihemärkten sei zwar kein wahrscheinliches Ereignis, er würde aber wegen der Funktion solcher Anleihen als Benchmarks und Sicherheiten schwere Folgen für die Finanzmärkte haben.

3. Verbindung von Banken und Nicht-Banken

Nichtbanken-Finanzintermediäre (NBFIs) wachsen weiter und vertiefen ihre Verbindungen zu Banken. Die Rolle von NBFIs in den Kernmärkten für Staatsanleihen und Unternehmensanleihen, einschließlich privater Kredite, nimmt nach Aussage des IWF zu. Obwohl der Globale Stresstest des IWF zeigt, dass der Anteil schwacher Banken weltweit im Vergleich zu vor zwei Jahren abgenommen hat, bleibt eine beträchtliche Gruppe schwacher Banken bestehen. Zudem seien Banken stärker gegenüber NBFIs exponiert, was die Verflechtungen und die Anfälligkeiten in beiden Sektoren erhöhe.

Darüber hinaus könnte das globale Wachstum von Stablecoins Anlegern Alternativen zu traditionellen sicheren Vermögenswerten und Bankeinlagen bieten und die grenzüberschreitenden Kapitalflüsse beeinflussen. "Diese Trends lassen die Gefahr einer übermäßigen Risikobereitschaft, steigender Verschuldung und Anfälligkeiten durch Fristentransformation im Finanzsystem aufkommen", urteilt der IWF.

4. Schwache Unternehmen

Der IWF stuft sie zwar nicht als unmittelbares Stabilitätsrisiko ein, weist aber darauf hin, das schwächere Unternehmen in einem Umfeld höherer Zölle und Refinanzierungssätze Schwierigkeiten zu haben scheinen. Zudem hätten Herabstufungen von Kreditnehmern und Umstrukturierungen zugenommen. "Dennoch interessieren sich Privatanleger zunehmend für private Kreditmärkte und Hochzinsanleihefonds, was einen Abschwung bei Krediten verstärken könnte", merkt der IWF an.

DJG/hab/sha

DOW JONES

Bildquellen: MANDEL NGAN/AFP/Getty Images