Tarifeinheitsgesetz kommt ohne Zwangsschlichtung

19.05.15 19:00 Uhr

   Von Stefan Lange

   BERLIN (Dow Jones)--Das umstrittene Tarifeinheitsgesetz wird nach Angaben von Politikern der Regierungsparteien am Freitag wie geplant im Bundestag verabschiedet. Die vielfach geforderte Einführung einer Zwangsschlichtung vor Aufnahme eines Streiks wird es damit zunächst nicht geben. In der Union wurde allerdings nicht ausgeschlossen, dass es später noch eine Gesetzesregelung für eine obligatorische Schlichtung geben könnte.

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   Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel erklärte, das Tarifeinheitsgesetz habe jetzt ein Stadium erreicht, in dem es verfassungsgemäß sei. "Darüber hinaus gehende Forderungen würden erhebliche verfassungsrechtliche Probleme aufwerfen und deswegen glaube ich, dass das Gesetz in der jetzigen Form von uns verabschiedet werden sollte", sagte der SPD-Vorsitzende.

   Der parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, zeigte sich "überzeugt davon", dass das Gesetz am Freitag verabschiedet wird. "Und zwar unverändert, wie es in der Ausschussfassung geplant ist, ohne Zwangsschlichtung und sonstigen Dingen."

   Probleme für Kleingewerkschaften

   Ziel des Tarifeinheitsgesetzes ist es, die Vielfalt an Tarifabschlüssen einzudämmen. Künftig soll in Betrieben mit mehreren Tarifverträgen grundsätzlich nur die Gewerkschaft das Sagen haben, die am meisten Mitglieder hat. Damit soll auch verhindert werden, dass sich weitere Berufsgewerkschaften gründen, die nur vergleichsweise wenig Mitglieder haben, mit einem Streik aber flächendeckend große Wirkung entfalten können, beispielsweise im Bahn- oder Flugverkehr. Es soll am Freitag in zweiter und dritter Lesung beschlossen werden.

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   Das Gesetz ist umstritten. Mehrere Gewerkschaften haben bereits Verfassungsklage angekündigt, weil sie einen Eingriff in die grundgesetzlich verankerte Tarifautonomie sehen. Eine solche Klage hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.

   "Arbeitswelt wieder zusammenführen"

   Unions-Fraktionschef Volker Kauder betonte, das neue Gesetz sei nicht dazu geeignet, den Tarifkonflikt bei der Bahn zu lösen. "Das kann dieses Gesetz nicht erreichen", sagte der CDU-Politiker. Das Gesetz greife nicht in das Streikrecht ein, deshalb könne man für bestehende Konflikte keine Lösung bieten. Für die Zukunft könne das Gesetz bedeuten, "dass kleinere Gewerkschaften es schwerer haben, Tarifforderungen umzusetzen", sagte Kauder. Es sei aber auch das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers, "dass die atomisierte Arbeitswelt wieder ein bisschen zusammengeführt wird."

   Ähnlich äußerte sich die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt. Sie habe einerseits Verständnis für den Ärger der Bevölkerung über immer wiederkehrende Streiks im Bahnverkehr. "Andererseits haben wir unsere Verfassung, die Koalitionsfreiheit und Streikrecht unter einen hohen Schutz stellt". Ein Eingriff in das Streikrecht bringe deshalb große verfassungsrechtliche Bedenken hervor. In Kreisen der Fachpolitiker sei diskutiert worden, ob man die Zwangsschlichtung in das neue Gesetz aufnehmen sollte, sagte die Chefin der CSU-Abgeordneten im Bundestag. Dies sei aber verworfen worden.

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   Die Diskussion über eine Zwangsschlichtung werde gleichwohl weiter andauern, meinte Hasselfeldt. Ob dies zu einer Vorlage im Gesetzbereich führen werde, zum Beispiel zu einer Zwangsschlichtungsvorgabe, könne sie momentan jedoch noch nicht sagen.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

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   May 19, 2015 12:28 ET (16:28 GMT)

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