'Tut extrem weh' - Juso-Chef prangert Bürgergeld-Einigung an

09.10.25 16:59 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer kritisiert die Koalitionseinigung zum Bürgergeld in scharfer Form. "Diese Einigung wiederholt Fehler der Vergangenheit", sagte Türmer dem "Tagesspiegel". Die SPD habe sich bewusst von Hartz IV verabschiedet. "Dass jetzt unter der Beteiligung der SPD wieder eine Rolle rückwärts gemacht wird, tut extrem weh und ist falsch", beklagte der Juso-Chef.

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"Mit den angekündigten massiven Ausweitungen der Leistungskürzungen steuert die Koalition sehenden Auges auf eine Klatsche vor dem Verfassungsgericht zu", vermutet Türmer. Die Grundsicherung müsse ein sozioökonomisches Existenzminimum garantieren, das sei nun bedroht. Der Juso-Chef forderte die Parlamentarier seiner Partei auf, sich gegen die Verschärfung zu stellen. "Ich erwarte von den sozialdemokratischen Abgeordneten, dass sie diese schweren Fehler vermeiden."

Die Spitzen von Union und SPD hatten sich im Koalitionsausschuss nach wochenlangen Verhandlungen beim Bürgergeld geeinigt, das künftig neue Grundsicherung heißen soll. Die rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Bezieher müssen auf verschärfte Mitwirkungspflichten und bei Missachtung schärfere Sanktionen einstellen.

"Misstrauensvotum gegen Arbeitsuchende"

Auch von Sozialverbänden kommt Kritik an der Verabredung in der Koalition. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Joachim Rock, wertete die Pläne als "ein ungerechtfertigtes und unsoziales Misstrauensvotum gegen Arbeitsuchende". Sie stünden im Widerspruch zu den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und würden Millionen Arbeitsuchende aufgrund von wenigen tausend Leistungsminderungsfällen unter Generalverdacht stellen. Die Bundesregierung setze auf Strafen statt Hilfe. "Damit riskiert sie, Haushalte und Familien in verfestigte Armut und Existenznot zu treiben", kritisierte Rock.

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Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, kritisierte Union und SPD ebenfalls. "Es ist zu befürchten, dass die neuen Sanktionen wenig hilfreichen Druck auf viele Menschen ausüben werden, nicht nur auf diejenigen in der neuen Grundsicherung, sondern auch auf Arbeitnehmer mit kleinen Einkommen, die aufgrund von Stellenabbau ihren Job verlieren", sagte sie der "Rheinischen Post"./shy/DP/men