Die USA verspielen ihre Verlässlichkeit - Europas historische Chance

Wer in diesen Tagen auf die internationalen Märkte blickt, reibt sich verwundert die Augen: Die USA, einst Fels in der Brandung für Investoren und Unternehmen weltweit, haben sich mit atemberaubender Geschwindigkeit von ihrer Rolle als verlässlicher Partner verabschiedet.
Die neue Politik aus dem Weißen Haus - geprägt durch die Aufkündigung fast aller langfristigen Verträge und die Androhung oder Einführung von Zöllen auf breiter Front - hat das Vertrauen in die Berechenbarkeit der Vereinigten Staaten nachhaltig zerstört.
Mit der Ankündigung pauschaler Importzölle von 10 Prozent, Sonderabgaben von 20 Prozent auf Waren aus der EU und gar 45 Prozent auf chinesische Produkte, setzt Präsident Trump auf eine Strategie, die er als "Befreiungsschlag" für die heimische Industrie verkauft. Doch was als Schutzmaßnahme für die US-Wirtschaft verkauft wird, ist in Wahrheit ein gefährliches Spiel mit dem Feuer: Wer Investoren und Handelspartnern signalisiert, dass Verträge und Rahmenbedingungen jederzeit über Bord geworfen werden können, verliert das wichtigste Kapital - Vertrauen. Und das kommt, wie jeder Investor weiß, nicht so schnell zurück.
Kapitalströme wandern - Europa profitiert
Die Reaktion der Märkte ließ nicht lange auf sich warten. Kapitalströme, die jahrzehntelang wie selbstverständlich in den US-Dollar geflossen sind, suchen sich neue, verlässlichere Häfen. Europa und der Euroraum stehen dabei ganz oben auf der Liste. Die europäischen Börsen zeigen sich in diesem Umfeld auffallend stabil, der STOXX 600 hat den S&P 500 in diesem Jahr bereits deutlich hinter sich gelassen. Während die US-Börsen unter der Unsicherheit leiden, profitieren europäische Aktien von der neuen Attraktivität als sicherer Hafen - ein Trend, der sich angesichts der politischen Volatilität in Washington weiter verstärken dürfte.
Historische Chance für Europa - und für den Pazifikraum
Es ist eine historische Gelegenheit: Die USA geben ihre zentrale Rolle in den internationalen Handelsverflechtungen leichtfertig auf. Das entstehende Vakuum können europäische Unternehmen - und vor allem auch Firmen aus der pazifischen Region - nutzen, um Marktanteile zu gewinnen und neue Allianzen zu schmieden. Mittel- bis langfristig dürften die Börsen in Europa und im Pazifikraum die klaren Gewinner dieser Entwicklung sein.
Fahrplan für Anleger: Diversifikation, Qualität, Liquidität
Für Anleger heißt das: Jetzt ist die Zeit, die Portfolios neu auszurichten. Wer auf Stabilität und Wachstum setzen will, baut gezielt Engagements in europäischen und pazifischen Aktien auf - und bleibt bei US-Titeln äußerst selektiv. Besonders wichtig: Auf Über- und Unterbewertungen achten, dividendenstarke Qualitätsaktien bevorzugen und einen wesentlichen Teil des Aktienvermögens in Cash halten. So bleibt die nötige Flexibilität, um an schwachen Börsentagen gezielt Qualitätswerte einzusammeln.
Fazit: Die USA liefern die Show, Europa kassiert
Die Politik aus Washington mag für Schlagzeilen sorgen - für Investoren, die auf Verlässlichkeit, Planbarkeit und nachhaltiges Wachstum setzen, ist sie ein Warnsignal. Europa und der pazifische Raum stehen bereit, die Lücke zu füllen. Wer jetzt klug diversifiziert und auf Qualität setzt, kann von dieser tektonischen Verschiebung der Kapitalströme profitieren. Die USA haben ihren Platz auf der Weltbühne nicht verloren - aber sie sind dabei, ihn zu verschenken. Butter bei die Fische - wer jetzt handelt, kann profitieren!
von Heiko Löschen, Geschäftsführer der GSP asset management in Münster.
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