WOCHENAUSBLICK: Zoll-Unsicherheit bleibt - Weitere Dax-Rekorde fraglich
FRANKFURT (dpa-AFX) - In der neuen Woche dürfte die US-Zollpolitik die Anleger nicht loslassen. Das Thema sorgt weiter für Unsicherheit. Erst vor wenigen Tagen hatte ein Gericht für internationalen Handel in New York fast alle von US-Präsident Donald Trump unter Berufung auf ein Notstandsgesetz angeordneten Zölle für rechtswidrig erklärt. Postwendend hatte aber ein Berufungsgericht die Maßnahmen wieder in Kraft gesetzt - vorläufig. Auf das Zoll-Wirrwarr reagieren Anleger inzwischen aber eher gelassen. Die Kursausschläge fallen im Vergleich mit jenen nach dem ersten gravierenden Zollschock von Anfang April wesentlich moderater aus.
Die Verunsicherung, die von der US-Regierung beim Thema Zölle ausgehe, belaste gleichwohl das Wirtschaftswachstum in großen Teilen der Welt, schrieb der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater. Doch die wirtschaftliche Schwäche wirke zumindest beruhigend auf die Inflation. So hätten die gerade erst veröffentlichten Daten zu den deutschen Verbraucherpreisen im Mai bestätigt, dass die Inflation hierzulande inzwischen wieder im Zielbereich der Europäischen Zentralbank (EZB) liege, so Kater.
Die EZB strebt ein mittelfristiges Inflationsziel von 2 Prozent an. In der Eurozone lag die Teuerung im April bei 2,2 Prozent. Bei welchem Wert sie im Mai gelegen hat, erfahren die Anleger am Dienstag. Auf die am Donnerstag anstehende Leitzinsentscheidung der EZB dürften die Zahlen keinen Einfluss mehr nehmen. Marktteilnehmer gehen fest davon aus, dass die Notenbank den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte senken wird.
Der Inflationsdruck in der Eurozone lasse schneller nach als gedacht, erklärte der Chefvolkswirt der ING Bank, Carsten Brzeski, und verwies auf den erstarkten Euro und die gesunkenen Ölpreise als Folge der erratischen Wirtschaftspolitik der USA.
Mit weiteren Leitzinssenkungen und sich aufhellenden Konjunkturindikatoren verbessere sich das fundamentale Umfeld, schrieben die Experten der Commerzbank. Nach den starken Kursgewinnen der vergangenen Wochen erwarten sie nun aber erst einmal eine Verschnaufpause an den Aktienmärkten auf hohem Niveau.
Dax (DAX) und MDAX haben seit Jahresbeginn bereits um gut ein Fünftel zugelegt. Der deutsche Mittelstand gilt als Profiteur der Milliardeninvestitionen in Deutschland der neuen Regierung, weshalb der MDax jüngst zum Dax aufholte und den höchsten Stand seit gut drei Jahren erreichte. Im Dax bleibt zunächst das jüngste Rekordhoch bei 24.326 Punkten das Maß aller Dinge.
Mit der neuen Woche starten die Börsen auch in den Monat Juni. "Dieser gehört nicht zu den besten Börsenmonaten", konstatierte Analyst Christian Henke vom Broker IG. Solche Vergangenheitsmuster sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. So lief etwa der Mai, dem meist der Ruf eines schlechten Monats für die Börse vorauseilt, für die hiesigen Anleger ungeachtet des Zoll-Zickzacks sehr erfreulich. Die Zollpolitik sowie der Streit zwischen US-Präsident Trump und dem Fed-Chef Jerome Powell seien nur einige Störfaktoren im Mai gewesen, doch geschadet habe dies den Märkten nicht allzu sehr, kommentierte Henke.
Bevor die Börsenwoche zu Ende geht, steht am kommenden Freitag mit den US-Arbeitsmarktzahlen für Mai ein weiterer wichtiger Wirtschaftsindikator auf der Agenda. Die Daten dürften zunächst weiter robust ausfallen, prognostiziert die Commerzbank. Im Sommer dürfte der Zoll-Sturm den Arbeitsmarkt der Vereinigten Staaten aber stärker belasten, weil höhere Preise die Nachfrage schwächten und einige Unternehmen mit Stellenstreichungen darauf reagieren dürften, hieß es weiter./ajx/ag/jha/
--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---