Märkte demokratisieren

ETF-Experte: "Es gibt schlicht keine Lösung für die Niedrigzinsen"

01.04.15 10:00 Uhr

ETF-Experte: "Es gibt schlicht keine Lösung für die Niedrigzinsen" | finanzen.net
Andreas Beck, Institut für Vermögensaufbau

Andreas Beck, der Indexfondsexperte vom Institut für Vermögensaufbau in München, über die Vorteile und Eigenarten der Anlagevehikel.

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Redaktion, Euro am Sonntag

Mehr als 3.500 Privatanleger bescherten dem Börsentag München, der am vergangenen Samstag stattfand, eine Rekordbesucherzahl. Die Veranstaltung, die vom Finanzen Verlag (€uro am Sonntag, €uro, Börse Online) mitorganisiert worden war, stand unter dem Motto "Die Null-Zins-Falle: Wie Sie dennoch Kaufkraft erhalten und Vermögen aufbauen". Bei mehr als 80 Ausstellern und in über 70 Fachvorträgen konnten sich Anleger informieren, wo künftig noch annehmbare Renditen zu erzielen sind.

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Mit kritischen Ausführungen zu deutschen Wohnimmobilien füllte auch Andreas Beck vom Institut für Vermögensaufbau in München die Stuhlreihen. Zwischen zwei Vorträgen nahm sich der Vermögensexperte, der sich auch wissenschaftlich mit der Anlage in Indexfonds auseinandersetzt, Zeit für ein Gespräch über ETFs.

€uro am Sonntag: Herr Beck, ­warum sind ETFs aus Ihrer Sicht ein gutes Instrument für Privatanleger?
Andreas Beck:
ETFs sind ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratisierung der Märkte. Denn früher musste man zu einem Anlageberater gehen und dort zwei Dienstleistungen im Paket kaufen: den Zugang zum Markt und die Verwaltung des Anlagekapitals. Dank ETFs und Direktbanken kann ich jetzt auch nur in den Markt investieren - ohne Verwaltung. Ich kann breit gestreut weltweit anlegen, und das zu sehr günstigen Konditionen.

Bisher machen aber hauptsächlich Profianleger Gebrauch von ETFs ...
Richtig, der Markt ist dominiert von den Institutionellen. Und die blicken bei den Kosten auf jeden Basispunkt. Deshalb ist auch ein Preiskampf unter den ETF-Anbietern ausgebrochen. Davon profitieren letzten Endes die Privatanleger.

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Traditionell bestückt man ja die defensive Seite eines Depots mit erstklassigen Staats- und Unternehmensanleihen. Doch wie defensiv sind diese Anlagen eigentlich noch angesichts drohender Zinssteigerungen und damit erwarteter Verluste?
Dass es keinen risikolosen Zins mehr gibt, ist eine Tatsache, die auf alle Anlageklassen durchschlägt. Das macht Anleihen risikoreicher, aber auch Aktien. Denn auch die Aktienrendite setzt sich zusammen aus dem risikolosen Zins und der Risikoprämie. Es gibt schlicht keine Lösung für die Niedrigzinsen. Sie sind so, wie sie sind. Die goldenen Zeiten, in denen sich Geld von selbst vermehrt, sind erst einmal vorbei - und vielleicht für lange vorbei.

Was heißt das konkret für Anleger?
Man muss das Beste aus jeder Situation machen, und dann landet man am Schluss doch wieder bei einem breit gestreuten Portfolio. Es ist auf alle Fälle ein Fehler, jetzt mit aller Gewalt die Aktienquoten hochzufahren, nur weil die Zinsen niedrig sind. Das kann schnell nach hinten losgehen. Ein breiter Renten-ETF hat nach wie vor seine Berechtigung.

Dass man mit einem ETF breit gestreut anlegen kann, zählt generell zu den großen Vorteilen ...
Ja, wobei eines nicht stimmt: Man kann mit einem ETF nicht den ganzen Markt kaufen. Das ist ein Märchen. Denn es gibt den Markt nicht. Jeder ETF basiert auf einer Indexkonstruktion, die auf eine gewisse Art und Weise interpretiert, was ein Markt ist. In diesem Sinne sind ETFs keinesfalls statisch und auch nicht passiv. Der DAX beispielsweise war im Jahr 2000 extrem telekom- und technologielastig, 2007 finanzlastig, und jetzt ist er automobil- und chemielastig. Das ist nicht passiv, das ist einfach eine Form, den Markt zu interpretieren: Das, was am teuersten ist, wird am höchsten gewichtet.

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Anleger können aber auch auf andere Indexkonstruktionen setzen.
Ja, zum Beispiel auf gleichgewichtete Märkte. Ein hochinteressantes Konzept. Daneben gibt es Indizes, die über Kennzahlen gehen, zum Beispiel die Dividendenrendite. Ich denke, dass dort zunehmend die Musik spielen wird. Und dass auch Privatanleger erkennen, dass man sehr ausdifferenzierte und robuste Portfolios mit ETFs bauen kann, weil es viel mehr gibt als nur marktkapitalisierende Indizes.

Bildquellen: Wolfgang Kriegbaum für €uro

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