Kolumne

Alter schützt vor ETFs nicht

17.03.21 08:54 Uhr

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Alter schützt vor ETFs nicht | finanzen.net

Gewiss eine sehr weit hergeholte Abwandlung eines bekannten Spruchs, aber vielleicht auch zutreffend, denn zu einer Anlageentscheidung abseits von Tages- und Festgeld gehört immer auch ein bisschen Mut und Wagnis.

Wie ich auf diesen Spruch komme? Vor Kurzem telefonierte ich mit einem älteren Herrn, der durch die von Covid-19 verursachte Krise stark verunsichert war. Einerseits. Andererseits sich mit der Frage beschäftigte, ob Krisen wie diese in der Vergangenheit nicht immer für diejenigen langfristig lohnend waren, die rational und kühl die Umwelt betrachteten und eher Chancen als nur Risiken sahen. Und hier lag genau der Knackpunkt: Da mein Gesprächspartner bereits in einem etwas fortgeschrittenen Alter war, fragte er mich, ob es denn auch jenseits der 70 noch sinnvoll und richtig sei, in Aktien-ETFs zu investieren. Eine sehr gute Frage, die mich schon oft erreicht hat, auch unabhängig von der gegenwärtig leider immer noch vorherrschenden Pandemie.

Allgemeiner gefragt: Sollten Mann oder Frau im Alter, also jenseits der 60, 65 oder 70, noch börsengehandelte Indexfonds im Depot haben? Zumal eine erfolgreiche Anlagestrategie durchaus Zeiträume von 10 bis 15 Jahren und ein gewisses Nervenkostüm erfordert, denn Aktienkurse schwanken auch in normalen, Nichtkrisenzeiten. Die Antwort lautet: Im Prinzip ja. Und wenn vor der Anlageentscheidung einige grundsätzliche Fragen geklärt wurden.

Dazu gehört in erster Linie die Überlegung, wie viel Geld im Ruhestand überhaupt gebraucht wird. Erfolgreiche Anlagestrategien erfordern Zeit, zum Beispiel längere Zeiträume von 10 bis 15 Jahren. Daher ist es sinnvoll, über einen bestimmten Zeitraum die wiederkehrenden Ausgaben des täglichen Lebens zu erfassen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche unbedingt zu deckenden Kosten Monat für Monat anfallen. Das ist die Pflichtübung. Als Kür kommen dann Pläne und Träume hinzu, die entweder sofort oder in absehbar näherer Zukunft erfüllt werden sollen. Seien es Reisen, ein neues Bad, die Unterstützung der Kinder oder vielleicht ein anderes Auto. Beides, Pflicht und Kür, ergeben ein gutes Grundgerüst.

Dagegengestellt werden die erwarteten Einnahmen aus Rente, Pension, Lebensversicherung, Versorgungswerk oder die vorhandenen Ersparnisse. Sind dadurch die formulierten Bedürfnisse abgedeckt und ist ein zusätzlicher "Notgroschen" zur Seite gelegt, kann als Nächstes der Gedanke an eine Anlage in Aktien-ETFs folgen.

Eine breite Streuung sollte im Vordergrund stehen. Investments in einen ETF auf den MSCI World Index oder auf den MSCI ACWI Index fallen dabei ins Auge. ACWI steht dabei für All Country World Index. Der Unterschied: Während der MSCI World Index rund 1.600 Aktien aus 23 Industrieländern enthält, enthält der MSCI ACWI zusätzlich Aktien aus 26 Schwellenländern. Der Anteil aller Emerging-Markets-Aktien im Index beträgt etwa 12 Prozent, mit China als einem Schwergewicht. Mancher Anleger wird Schwellenländer mit oder ohne China nach eigener Einschätzung beimischen wollen und kann dies recht einfach über einen ETF auf den MSCI Emerging Markets Index oder MSCI Emerging Markets ex China Index tun. Natürlich spricht nichts gegen weitere Beimischungen. Übersichtlichkeit ist aber auch hier Trumpf und weniger Positionen sind oft mehr.

Entscheidend ist also, wie die persönlichen Pläne für den Ruhestand aussehen und welche Mittel nach Erfüllung zur Verfügung stehen. Wenn diese Frage positiv beantwortet werden kann, dann spricht nichts gegen ein Aktieninvestment auch im Alter. Oder anders ausgedrückt: Alter muss vor ETFs nicht schützen!

Thomas Meyer zu Drewer leitet den Öffentlichen Vertrieb für Lyxor ETF in Deutschland und Österreich. Er ist seit mehr als 30 Jahren in der Fonds- und ETF-Branche tätig und war sowohl aktiver als auch passiver Fondsmanager.