Manipulation

Impulskäufe durch Supermarkt-Apps: E-Commerce-Experten schlagen Alarm

29.10.25 03:54 Uhr

Achtung: Supermarkt-Apps machen Sparwillige zu Spontankäufern | finanzen.net

Supermarkt-Apps versprechen Rabatte und Bequemlichkeit. Doch digitale Einkaufshilfen fördern oft genau das Gegenteil von Sparsamkeit. E-Commerce-Fachleute warnen vor unterschätzten Mechanismen, die das Kaufverhalten gezielt manipulieren.

Digitale Rabatte mit Nebenwirkungen

Rabatt-Coupons, digitale Prospekte und personalisierte Angebote haben sich als feste Bestandteile vieler Supermarkt-Apps etabliert. Was auf den ersten Blick nach einem modernen Weg zum Sparen aussieht, birgt laut Einschätzung von Markus Montz, Redakteur beim Computermagazin c’t, erhebliche Risiken, so die Deutsche Presse-Agentur. Montz weist darauf hin, dass viele Nutzer durch die ständige Reizüberflutung der Apps dazu verleitet werden, deutlich mehr auszugeben als ursprünglich geplant. Diese Einschätzung teilt auch Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen. Er betont laut dpa, dass viele versprochene Preisnachlässe in Wahrheit kaum über ein bis zwei Prozent hinausgehen. Gleichzeitig werde über die Präsentation zusätzlicher Angebote gezielt zu Spontankäufen animiert. Die eingesparten Beträge durch Coupons stehen damit häufig in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen Ausgaben, die durch App-gesteuerte Kaufimpulse entstehen. Die Technik selbst wirkt dabei wie ein Verstärker für bereits bekannte Verkaufsstrategien.

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Psychologische Effekte digitaler Einkaufsplanung

Auch die Art der Einkaufsplanung verändert sich durch digitalen Anwendungen. Eine Untersuchung der Drexel University hat gezeigt, dass digitale Einkaufslisten die Disziplin beim Einkauf deutlich reduzieren können. Während handschriftliche Listen dazu führen, dass rund 85 bis 91 Prozent der geplanten Artikel tatsächlich gekauft werden, liegt diese Quote bei digitalen Listen nur zwischen 67 und 76 Prozent.

Diese Diskrepanz lässt sich auf eine geringere mentale Auseinandersetzung mit dem Einkauf zurückführen. Die Verfügbarkeit von Informationen und Angeboten in der App sorgt dafür, dass ursprüngliche Kaufabsichten leichter verdrängt oder spontan verändert werden. Hinzu kommt, dass Werbebotschaften und personalisierte Hinweise in der App unmittelbar während des Einkaufs eingeblendet werden und damit eine zusätzliche Ablenkung darstellen.

Technik als Verstärker impulsiver Käufe

Ein wesentliches Element digitaler Verkaufsstrategien ist die Reduktion von Hürden beim Bezahlen. Laut explorerresearch.com verringern Funktionen wie One-Click-Payment oder kontaktloses Bezahlen den sogenannten "Bezahlschmerz", also das Bewusstsein über die eigene Geldausgabe. Der Einkauf fühlt sich weniger konkret an, wodurch spontane Entscheidungen wahrscheinlicher werden.

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Neben der Vereinfachung des Bezahlprozesses tragen auch Push-Nachrichten, zeitlich begrenzte Sonderangebote und algorithmisch gesteuerte Produktempfehlungen zur Impulssteuerung bei. Diese Mechanismen basieren auf Datenanalysen des bisherigen Einkaufsverhaltens und zielen darauf ab, emotionale Reaktionen auszulösen. Die Grenze zwischen hilfreicher Erinnerung und gezielter Verführung verschwimmt dabei zunehmend.

Digitale Verkaufspsychologie im Alltag

Die Wirkung digitaler Verkaufsmechanismen zeigt sich besonders deutlich bei Plattformen wie Instacart und DoorDash. Diese Unternehmen setzen laut grocerydoppio.com auf ausgefeilte Systeme zur gezielten Ansprache von Konsumenten. Instacart verwendet beispielsweise sogenannte Caper Carts, also smarte Einkaufswagen mit integrierten Bildschirmen, die während des Einkaufs Werbung einspielen. DoorDash nutzt digitale Nachfasswerbung nach dem Abschluss einer Bestellung, um zusätzliche Käufe zu generieren.

Nach Einschätzung von Branchenanalysten von capitaloneshopping basieren bis zu 60 Prozent der Umsätze solcher Anbieter mittlerweile auf Impulskäufen, die durch digitale Reize ausgelöst werden. Der klassische Verkaufsimpuls, wie er früher an der Supermarktkasse durch Schokoriegel oder Kaugummis erzeugt wurde, wird nun digital vervielfältigt - subtiler, omnipräsent und datenbasiert.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Lisa S. / Shutterstock.com