Politik

Bundestagswahl 2021: Was passiert mit Hartz 4 und der Rente?

09.07.21 22:19 Uhr

Bundestagswahl 2021: Was passiert mit Hartz 4 und der Rente? | finanzen.net

Die Parteien haben unterschiedliche Pläne beim Umgang mit Hartz 4 und der Rente. Bei einer Sache sind sie sich allerdings einig - ein "weiter so" darf es nicht geben.

Am 26. September findet die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag statt. Die meisten Parteiprogramme sind schon fertig geschrieben und der Wahlkampf wird so langsam eingeläutet. Auch das Budget für den Bundeshaushalt 2021 steht fest. Das Online-Portal "statista" hat in einer Statistik die geplanten Ausgaben nach Ressorts zusammengefasst. Demnach sind für das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales Ausgaben in Höhe von rund 164,92 Milliarden Euro vorgesehen. Grund genug, sich die unterschiedlichen Positionen der Parteien zu zwei zentralen Punkten genauer anzuschauen - das Arbeitslosengeld II (ALG II), auch Hartz 4 genannt, und die Rente.

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Die SPD plant die Abschaffung von Hartz 4

Die SPD verabschiedet sich vom Konzept Hartz 4 und möchte mit einem digital und unkompliziert zugänglichen Bürgergeld in den Wahlkampf starten. Laut dem Wahlprogramm sollen die Regelsätze im neuen Bürgergeld zu einem Leben in Würde ausreichen. So sollen unvorhersehbare Probleme, wie zum Beispiel eine kaputte Waschmaschine, nicht zu einer untragbaren Last werden. Zudem möchten die Sozialdemokraten Bescheide verständlicher gestalten und Bagatellgrenzen erhöhen. Auch eine Mitwirkungspflicht wird im Bürgergeld weiter enthalten sein, sinnwidrige und unwürdige Sanktionen werden allerdings abgeschafft. Auch eine Karenzzeit soll eingeführt werden. Demnach werden Vermögen und Wohnungsgrößen innerhalb der ersten zwei Jahre nicht überprüft und das Schonvermögen erhöht.

Die FDP setzt auf ein liberales Bürgergeld - die Union will Hartz 4 reformieren

Die FDP setzt ebenfalls auf ein Bürgergeld. Laut ihrem Programmentwurf soll das Arbeitslosengeld II entbürokratisiert und ein einheitlicher Satz für alle erwachsenen Leistungsbezieher eingeführt werden. Zudem sollen bessere Hinzuverdienstregeln entstehen. So soll zum Beispiel das Einkommen von Jugendlichen aus Familien, die Hartz 4 beziehen, bis zur Höhe eines Minijobs nicht angerechnet werden. Auch das Schonvermögen soll erhöht werden, was besonders das Altersvorsorge-Vermögen, eine selbst genutzte Immobilie und das für eine Erwerbstätigkeit angemessene Kraftfahrzeug betrifft. Die CDU und CSU haben ihr Wahlprogramm noch nicht vorgestellt. Laut Berichten der Frankfurter Rundschau lassen sich jedoch einige Tendenzen erahnen. So will die Union zwar Hartz 4 reformieren, möchte aber am Grundsatz "Fördern und fordern" festhalten. Auch die Hinzuverdienstgrenze soll erhöht und Sanktionen für Langzeitarbeitslose, die Jobangebote ablehnen, beibehalten werden. Die AfD hingegen möchte laut ihrem Wahlprogramm anstatt Hartz 4 eine "aktivierende Grundsicherung" einführen und für Arbeitsanreize sorgen.

Die Grünen und Linken wollen keine Sanktionen mehr

Die Grünen wollen anstatt Hartz 4 eine Garantiesicherung ermöglichen. Diese soll laut Programmentwurf vor Armut schützen und keine Sanktionen beinhalten. So sollen zum Beispiel die Regelsätze schrittweise angehoben, Vermögen per Selbstauskunft geprüft und die Anrechnung von Einkommen attraktiver gestaltet werden. Auch die Linken wollen Hartz 4 abschaffen und durch eine bessere Erwerbslosenversicherung und eine bedarfsgerechte individuelle Mindestsicherung ohne Sanktionen ersetzen. Diese soll laut ihrem Wahlprogramm 1.200 Euro pro Monat betragen und jährlich an den Lebenshaltungskosten bemessen werden. Zudem möchte die Linke Asylbewerber und in Deutschland lebende EU-Bürger in die individuelle Mindestsicherung miteinbeziehen.

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Rente: SPD will Riester-Rente reformieren

Auch bei der Rente planen die Parteien verschiedene Neuerungen. Die SPD möchte an der gesetzlichen Rentenversicherung festhalten und Selbstständige, Beamte, freie Berufe und Mandatsträger miteinbeziehen. Das Ziel sei laut Wahlprogramm ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent sowie eine Festsetzung des Renteneintrittsalters bei 67 Jahren. Zudem soll die Riester-Rente reformiert werden und durch weniger Bürokratie mehr Geld für Einzahlende übrigbleiben. Laut Berichten der Frankfurter Rundschau plant auch der Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet eine große Rentenreform. Was dies konkret für das Wahlprogramm der CDU und CSU bedeutet, bleibt allerdings vorerst offen.

FDP und Grüne planen eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge

Die FDP plant unter anderem, zusätzlich zur klassischen Rente, eine Aktienrente einzuführen. Hierbei soll zusätzlich zu den Beiträgen der umlagefinanzierten Rentenversicherung ein kleinerer Betrag, von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens, in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt werden. Dies soll als Fonds unabhängig verwaltet werden. Zudem möchten die Freien Demokraten das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Wer also früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, eine höhere Rente. Für die Grünen hingegen ist eine langfristige Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent besonders wichtig. Nicht abgesicherte Selbstständige und Abgeordnete sollen laut des Wahlprogramms in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Zudem wird an der Rente mit 67 Jahren festgehalten. In einem weiteren Schritt möchten die Grünen das Umlagesystem mit einer kapitalgedeckten Altersvorsorge ergänzen. Hierbei soll die Riester-Rente durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzt werden, in denen alle einzahlen, die nicht aktiv widersprechen. Die Linken möchten das Renteneintrittsalter senken und das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben. Auch Beamte, Abgeordnete und Selbständige sollen laut Wahlprogramm in die gesetzliche Rente einzahlen. Zudem wird für all jene, die trotz der Reformmaßnahmen eine zu niedrige Rente haben, eine solidarische Mindestrente von 1.200 Euro gefordert. Die AfD hingegen möchte die umlagefinanzierte Rente stärken und die drohende Überlastung der Beitragszahler durch einen höheren Steuerzuschuss in der Rentenfinanzierung entgegenwirken.

Tim Adler / Redaktion finanzen.net

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