Widerstand

Wachsende Ablehnung von Schlechterstellung der Ungeimpften

26.07.21 10:03 Uhr

Wachsende Ablehnung von Schlechterstellung der Ungeimpften | finanzen.net

Parteiübergreifend stoßen Vorschläge zu Einschränkungen für Ungeimpfte auf immer mehr Widerstand.

"Geimpfte, Genesene und negativ Getestete - von denen geht keine besondere Gefahr aus", sagte FDP-Chef Christian Lindner am Montag im ZDF. Daher seien bis auf die Maske im Öffentlichen Personennahverkehr keine Freiheitseingriffe mehr gerechtfertigt. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte im Deutschlandfunk, das Prinzip "geimpft, genesen oder getestet" etwa beim Zugang zu Veranstaltungen habe sich bewährt. Am Sonntag hatte bereits Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet eine Änderung abgelehnt. Der CDU-Chef plädierte dafür, stärker für Impfkampagnen zu werben.

Wer­bung

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Bayerns Landeschef Markus Söder (CSU) hatten mehr Druck auf Ungeimpfte vorgeschlagen. Kretschmann denkt dabei an eine Impfpflicht, Braun will Ungeimpften den Zutritt zu Veranstaltungen verwehren und Söder Ungeimpften im September kostenlose Schnelltests streichen. Auslöser der Debatte sind das sinkenden Impftempo sowie schnell steigende Zahlen an Corona-Neuinfektionen. Laschet verwies aber auf die sehr unterschiedliche Lage in den Bundesländern. Bei den Zweitimpfungen etwa lag Bremen am Freitag mit 56,3 Prozent der Gesamtbevölkerung ganz vorne. Sachsen mit 45,3 Prozent ist Schlusslicht. Aber auch Bayern verzeichnet mit 46,7 Prozent nur ein langsames Impftempo, während Nordrhein-Westfalen mit 51,3 Prozent in der Spitzengruppe liegt.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Montag 958 neue Positiv-Tests. Das sind 412 mehr als am Montag vor einer Woche, als 546 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 14,3 von 13,8 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Vier Landkreise liegen bereits wieder über einer Inzidenz von 50. Spitzenreiter bei den Bundesländern ist Hamburg mit 25, gefolgt von Berlin mit 23,8. Drei weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Die Montagswerte sind meist weniger aussagekräftig als die an anderen Wochentagen, weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter ihre Daten an das RKI übermitteln und weniger getestet wird. Die Zahl der in Krankenhäusern registrierten Corona-Intensivpatienten war am Sonntag leicht auf 368 gestiegen.

Am Montag wollen Kanzleramtschef Braun und die 16 Staatskanzleichefs beraten, ob es eine vorgezogene Ministerpräsidentenkonferenz geben soll, auf der eine neue Corona-Strategie abgesprochen wird. Am Dienstag will sich CSU-Chef Söder mit den CDU-Ministerpräsidenten beraten. Anlass ist zum einen die Sorge, dass es mit den Urlaubern und den Reiserückkehrern einen neuen Schub an Neuinfektionen gibt, weil in vielen europäischen Ländern die Inzidenzen sehr viel höher liegen als in Deutschland. Zum anderen haben mehrere Ministerpräsidenten, aber auch Gesundheitsminister Jens Spahn betont, dass die Grenzwerte für neue Corona-Beschränkungen neu festgelegt werden müssten. Wegen der steigenden Impfquote sei die Gefahr einer Belastung des Gesundheitswesens geringer geworden. Auch Kanzleramtschef Braun hatte gesagt, dass er nicht mit einem neuen Lockdown rechne.

Berlin (Reuters)

Bildquellen: Henrik Dolle/AdobeStock