Controlling: Vermögen richtig managen
Reich werden ist das eine, reich bleiben was anderes. Eine Serie erklärt, worauf man beim Managen des Kapitals achten muss. Teil I: Controlling
von Stephan Haberer, Euro am Sonntag
Erinnern Sie sich noch? In der vergangenen Woche berichteten wir über Peter S. Der Selfmademillionär wirft seiner Bank unter anderem vor, rund 60 Millionen Euro Vermögen vernichtet zu haben (siehe €uro am Sonntag, Ausgabe 8/2010). „Der Fall ist sicher außergewöhnlich in den Dimensionen, aber er ist kein Einzelfall“, sagt Manfred Behling.
Und der muss es wissen. Ist er doch Geschäftsführer von Portfolio Control. Das Starnberger Unternehmen kontrolliert die Arbeit von Banken und unabhängigen Vermögensverwaltern. Im Schnitt besitzen Behlings Kunden liquide Vermögen zwischen sieben und zehn Millionen Euro. Einige haben aber auch mehrere Hundert Millionen.
Peter S. besaß mal 60 Millionen. Was er nicht hatte: Profis fürs Risikocontrolling. Für Behling nicht ungewöhnlich. „Die Leute sind in ihrem Job sehr erfolgreich, haben sich oft selbst ein Vermögen erarbeitet. Da überträgt man gern die berufliche Kompetenz auf andere Bereiche, in denen man aber nicht unbedingt genauso firm ist.“
Johannes Fiala, der Anwalt von Peter S., dessen Kanzlei im Münchner Stadtteil Nymphenburg ebenfalls Asset- und Risikomanagement für Vermögende anbietet, stimmt zu: „Etwa 99 Prozent der Mandanten wollten ursprünglich kein professionelles Controlling. Die meisten kommen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.“
Hinzu komme, so Fiala weiter, „dass sich da über Jahre ein Vertrauensverhältnis zum Berater aufgebaut hat. Viele glauben, der macht das richtig, das wird schon passen.“ Und oft stimmt das ja auch, erst mal. „Doch dann kommt in vielen Fällen eine Phase, wo es gegen einen läuft“, weiß Behling.
„Hier besteht dann die Gefahr, dass der Vermögensverwalter durch ein schnelleres Drehen des Portfolios den Erfolg zu erzwingen versucht.“ Im schlimmsten Fall verliert dann selbst der Profi den Überblick. Doch der Kunde wird im Glauben gelassen, dass alles in Ordnung sei. Dann ist die persönliche Finanzkatastrophe nicht mehr weit.
Doch was bringt Controlling? „Wir sorgen für Waffengleichheit zwischen dem Vermögenden und seinem Verwalter“, sagt Behling. „Da sind auf der einen Seite Menschen, die sehr viel und sehr hart gearbeitet haben, um zu Geld zu kommen. Die sich aber oft nur sehr wenig mit Kapitalanlagen beschäftigt haben. Die sitzen dann zwei, drei sehr eloquenten Finanzprofis gegenüber, die sie mit ellenlangen Depot- und Kontoauszügen konfrontieren – die beileibe nicht leicht zu lesen sind.“ Eine ungleiche Angelegenheit.
Der Einsatz des Controllers erfolgt dabei auf Grundlage der zwischen Kunde und Vermögensverwalter vereinbarten Strategie. Diese richtet sich nach Vermögenshöhe, Risikobereitschaft des Kunden, seinen Zielen und Wünschen. Wichtig ist dabei, die Anlagerichtlinien detailliert und verbindlich zu regeln. Ebenso, ob der Vermögensverwalter auf Basis eines Beratungs- oder eines Verwaltungsmandats tätig wird. Erst wenn dies geklärt ist, beginnt die eigentliche Arbeit des Controllers.
Dieser überwacht die Einhaltung der Anlagerichtlinien und Entgeltvereinbarungen. Er klopft die Anlageempfehlungen auf ihre Plausibilität ab. Prüft nach Vorgaben des Kunden, ob das Risiko im Depot noch zu dessen Risikobereitschaft passt.
Aber auch, ob die aktuellen Investments die Renditeerwartungen des Kunden überhaupt erfüllen können. Ganz wichtig: Der Controller hat keine Verfügungsgewalt über das Vermögen, er kann keine Transaktionen veranlassen oder gar den Vermögensverwalter feuern.
Jede Transaktion, jede Honorarabrechnung, ja sogar jede Wertstellung wird überprüft. Aus gutem Grund: Korrekte Kontoführung sollte zwar selbstverständlich sein, doch dem ist aus Sicht des Banksachverständigen Hans Peter Eibl nicht so. Seit 1988 geht der Experte aus Lauffen Kontobewegungen auf den Grund. Prüft, ob alle gesetzlichen Regeln zu Wertstellung, Entgelten, Zinsanpassung und -berechnung sowie vereinbarte Limits eingehalten wurden. Dabei stellt er häufig Fehler fest – meist zugunsten der Bank.
Was bei einzelnen Winzfehlern nach Pfennigfuchserei aussieht, kann sich zu stattlichen Summen auswachsen. So rechnet Eibl auf seiner Website vor, wie aus 100 Euro zu viel verlangten Gebühren im Monat bei zwölf Prozent Sollzinsen in 30 Jahren 340000 Euro werden können. Da lohnt die Pfennigfuchserei.
Professionelle Portfoliokontrolle lohnt sich aber auch aus weiteren Gründen. So gehen die Profis auch zu Gesprächen mit den Vermögensverwaltern mit, stärken dort die Verhandlungskompetenz. Sie geben dem Mandanten steuerliche Hinweise, „die dieser aber endgültig immer mit seinem Steuerspezialisten klären muss“, wie Experte Behling betont.
Klar, kostenlos ist das alles nicht. Was viele schmerzt, wie Rechtsanwalt Fiala festgestellt hat: „Die nehmen dankbar jeden kostenlosen Rat ihrer Bank an – auch wenn er falsch ist. Aber professionelles Controlling zum Vermögensschutz halten sie für überflüssig.“ Geiz am falschen Platz. Dabei verlangen freie Sachverständige für Kapital- und Wertpapieranlagen Stundensätze zwischen 100 und 150 Euro. Bei ihnen ist man je nach Komplexität des Controllings meist mit 1000 bis 1500 Euro dabei – für einen Einmalcheck. Portfolio Control dagegen verlangt zwischen 0,15 und 0,4 Prozent des Depotvolumens im Jahr für ständiges Controlling.
Und das braucht es für ein Millionenvermögen auch. Nicht zuletzt, weil sich die Strategie der Banken geändert hat. „Stand früher die wenig profitable Beratung im Zentrum, ist es heute die Entwicklung margenstarker Produkte“, weiß Controller Behling. „Beratung und Vertrauen bleiben auf der Strecke.“ Da kommt Kapitalist Lenin in den Sinn: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Im ureigensten Interesse.
Nächste Woche: Wann Sie Ihren Vermögensverwalter wechseln sollten.