Ist künstliche Intelligenz doch eine große Blase?
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Auf dem Papier läuft das Börsenjahr 2025 blendend: Die großen Indizes liegen satt im Plus. In der Praxis jedoch dürften selbst Profis kaum ähnlich hohe Gewinne verzeichnet haben.
Anfang April, nach Trumps "Liberation Day", brach die Börsenwelt für einen Moment zusammen: Aktienkurse fielen wie Dominosteine. Seitdem hat der S&P 500 um nahezu 40 Prozent zugelegt - fast ohne nennenswerte Rücksetzer. Kein Wunder, dass bei vielen Anlegern jetzt die Alarmglocken läuten: Hohe Bewertungen, komplexe Geldströme im KI-Sektor, Erinnerungen an Dotcom-Blasen - das alles sorgt für Nervenkitzel.
Keine Panik?
Doch Ruhe bewahren: Bewertungskennzahlen allein sind keine Eintrittskarte für Panik. Teuer heißt nicht automatisch riskant, günstig nicht automatisch ein Schnäppchen. Wer beim Hoch einsteigt, muss nicht sofort das Nachsehen haben - statistisch gesehen folgen auf Allzeithochs häufig weitere Gewinne. Starke Märkte bleiben stark, und wer glaubt, dass die Börse sich gerne von der Angst der Investoren treiben lässt, irrt.
Die US-Berichtssaison untermauert diese Stärke. Die Gewinnüberraschungen liegen bei soliden fünf Prozent - ohne Metas Steuer-Sondereffekt sogar noch höher. Das Umsatzwachstum von rund acht Prozent zeigt, dass die Unternehmen nicht nur sparen, sondern tatsächlich liefern. Kurz gesagt: Die Wirtschaft läuft, die Margen stimmen, die Bücher sind prall gefüllt. Die "Mag 7" bleiben die zentralen Stars: "Ende September wurden rund zehn Prozent Gewinnplus erwartet, inzwischen steht deutlich mehr zu Buche", so Thomas Soltau vom Smartbroker. Die Tech-Giganten investieren 2025 wahrscheinlich über 380 Milliarden US-Dollar in KI - 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Ziel ist der Ausbau der Infrastruktur, um die steigende Nachfrage nach KI-Diensten zu bedienen.
Doch Wachstum um jeden Preis hat seine Schattenseiten. Immer mehr Projekte werden über Fremdkapital finanziert: Metas 30-Milliarden-Anleihe ist die größte seit drei Jahren, Oracle, Alphabet und andere folgen mit Dutzenden Milliarden. Wer jetzt investiert, sollte wissen: Fortschritte bei Chips und Infrastruktur entwerten bestehende Rechenzentren fast im Wochentakt. Hohe Investitionen erzeugen automatisch hohe Abschreibungen - Kosten, die langfristig gedeckt werden müssen. Wer die Dotcom-Blase erlebte, erinnert sich: Am Ende zählen die Zahlen, nicht die Fantasie.
Hohe KGVs
Die Bewertungen im Tech-Sektor wirken auf den ersten Blick schwindelerregend: "Palantir und Tesla weisen KGVs jenseits der 200er-Marke aus", merkt Lars Reichel von gettex an. Klingt nach einem wilden Ritt durch die Dotcom-Zeit, doch die extreme Konzentration auf wenige Schwergewichte relativiert das Bild: "Der gleichgewichtete S&P 500 notiert bei rund 15 - deutlich moderater und nahe dem historischen Durchschnitt", rechnet Franz-Georg Wenner von IndexRadar vor. "Ohne Tesla liegen die restlichen sechs Tech-Giganten bei mehr als 30", so Experte Soltau. Dies ist immer noch hoch, aber nachvollziehbar und nicht ungewöhnlich, wenn man die letzten zehn Jahre betrachtet.
Nüchtern betrachtet stellt sich daher die Frage, ob dies gerechtfertigt ist. Solange Unternehmen die Erwartungen übertreffen, stehen hohe Bewertungen weiteren Kursgewinnen nicht im Weg. Die jüngste Berichtssaison liefert den Beweis. KI steigert Produktivität und potenziell transformiert diese Technologie die Wirtschaft nachhaltiger als das Internet einst. Ob zwischenzeitlich eine Bewertungsblase entsteht, vermag aber niemand auszuschließen.
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