Spekulation auf Rohöl: Nicht überrollen lassen

Bei der Spekulation auf den Preis des Rohstoffs gibt es viele Tücken. Mit einigen Zertifikaten kann man diese jedoch umgehen.
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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Anleger, die auf einen fallenden Ölpreis gesetzt haben, holten sich zuletzt eine blutige Nase. Der Preis des Rohstoffs drehte überraschend kräftig nach oben. Spekulanten mussten ihre Short-Positionen schließen und sich mit Öl eindecken, was dessen Preis innerhalb von drei Tagen um 15 Prozent klettern ließ. Das Beispiel zeigt: Es ist schwer, mit Ölinvestments Geld zu verdienen.
Das gilt auch für Zertifikateanleger, die an der weiteren Erholung des Ölpreises partizipieren wollen. Liegt dieser doch trotz des jüngsten Anstiegs immer noch gut 40 Prozent unter dem Niveau vom Juli 2014. Das Problem bei Anlagen in Öl ist aber, dass es wenig Sinn macht, den Rohstoff am Spotmarkt zu kaufen - im Unterschied etwa zu Edelmetallen. Der Spotpreis bildet nämlich den Wert für Sofortlieferungen von Öl ab. Anders als bei Gold oder Silber wollen aber weder Anleger noch Emittenten Ölfässer physisch geliefert bekommen. Schließlich würde das hohe Lager- und Versicherungskosten verursachen.
Um dem aus dem Weg zu gehen, wird Öl an den Terminmärkten über Futures gehandelt. Auf diese beziehen sich auch Zertifikate. Futures sind Verträge, die besagen, zu welchem Preis das schwarze Gold zu einem bestimmten Zeitpunkt geliefert wird. Kurz vor Fristende rollen die Emittenten den Terminkontrakt dann in den nächst länger laufenden Future, um zu vermeiden, dass Anleger den Rohstoff in physischer Form bekämen. Das bedeutet, das Zertifikatehaus veräußert den alten Future und investiert den Erlös in den neuen Kontrakt.
Oft ist der nächste fällige Future teurer als der vorherige. Dann verlieren Anleger beim Rollen der Futures Geld. Grund dafür sind die Lager- und Assekuranzkosten, die in den Future einfließen. Aber auch ein Überangebot an Öl wie derzeit führt dazu, dass der Markt bald mit einem knapperen und damit teureren Ölangebot rechnet, was den Wert künftiger Futures erhöht. Diese Situation heißt im Fachjargon Contango. Umgekehrt sind neue Futures billiger als aktuelle, Backwardation genannt, falls tiefere Preise erwartet werden. Das wirkt sich für Investoren positiv aus, sie erzielen Rollgewinne.
Verbindet man die Preise künftiger Future-Laufzeiten, ergibt sich die Future- oder Forwardkurve. Bei Öl steigt sie aktuell um fast einen Dollar monatlich an. Anleger erleiden also bei längerer Anlagedauer hohe Rollverluste.
Für jede Phase das passende Papier
Indexzertifikate auf Öl eignen sich daher nur für Kurzfristanleger. Sie machten die jüngste Hausse zwar fast eins zu eins mit, aber nur, weil in der kurzen Spanne nicht gerollt wurde. Wer sich länger engagieren will, muss sonst erst einmal die hohen Rollverluste verdienen, ehe er überhaupt die Gewinnzone erreicht. Auf ein Jahr gerechnet sind das mindestens zehn Dollar.Auch Öl-Bonuszertifikate sind derzeit nicht zu empfehlen. Sie bilden zwar nur einen einzigen Future ab, etwa bei Ende 2015 fälligen Bonuspapieren auf die Ölsorte Brent den Dezember-Future. Somit entstehen keine Rollverluste. Der Dezember-Kontrakt kostet aber fast 64 Dollar, acht Dollar mehr als der aktuelle Brent-Kurs. Diese acht Dollar muss Öl erst einmal zulegen, ehe das Bonuspapier Ertrag macht. Hinzu kommen hohe Aufgelder von fünf Prozent oder weit mehr auf den fairen Zertifikatewert beim Kauf der Papiere. "Öl-Bonuszertifikate sind in der jetzigen Contango-Situation nur über ein hohes Aufgeld finanzierbar. Der Haken daran ist, dass ein übermäßiger Verlust entsteht, falls die Barriere reißt. Ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis bieten die Papiere in Backwardation-Phasen. Dann fällt im Regelfall kein Aufgeld an", sagt Matthias Hüppe, Zertifikateprofi bei HSBC.
Mit rolloptimierten Papieren versuchen Emittenten Rollverluste zu minimieren. Das funktioniert eher schlecht als recht. Eine Ausnahme ist der ETC der BNP Paribas (ISIN: NL 000 936 075 9) auf Brent-Öl. Dabei wird je ein Drittel des Geldes in die beiden liquidesten Futures und ein Drittel in den Kontrakt gesteckt, der die größte Backwardation aufweist. Seit April 2011 hat sich das Papier, das 0,85 Prozent Gebühr jährlich kostet, um 14 Prozent besser als der Brentpreis entwickelt (in Dollar).
Einen anderen Weg geht Vontobel mit seinem Oil-Strategy-Zertifikat (ISIN: DE 000 VFP 33M 4). In Contango-Phasen wie aktuell wird in nordamerikanische Ölaktien investiert, um das Problem der Rollverluste zu umgehen. In Backwardation-Situationen wird direkt in die US-Ölsorte WTI angelegt. Seit Auflage im Mai 2009 legte das Zertifikat (in Dollar) um 49 Prozent zu, während der WTI-Preis um gut 30 Prozent abstürzte. Die Dividenden werden reinvestiert, dafür zahlen Anleger 1,2 Prozent jährlich.
Wer Rollverluste vermeiden will, für den gibt es noch einen besseren Tipp: Heizöltank bis zum Rand füllen.
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