EZB belässt Leitzins bei 0,50 Prozent
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen für den Euroraum wie erwartet unverändert gelassen.
Nach Mitteilung der EZB bleibt der Hauptrefinanzierungssatz auf seinem Allzeittief von 0,50 Prozent. Auch der Spitzenrefinanzierungssatz und der Satz für Bankeinlagen bei der EZB blieben unverändert bei 1,00 beziehungsweise null Prozent. Die 35 von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einmütig unveränderte Leitzinsen prognostiziert.
EZB-Präsident Mario Draghi wird den Zinsbeschluss in einer gegen 14.30 Uhr beginnenden Pressekonferenz erläutern. Angesichts der zuletzt positiven Konjunkturdaten erwarten Beobachter, dass Draghi Erwartungen hinsichtlich weiterer Zinssenkungen dämpfen wird. Zugleich dürfte er allerdings bemüht sein, den Eindruck zu vermeiden, dass die EZB der US-Notenbank bei deren geldpolitischer Normalisierung demnächst folgen wird.
Höhere Zinsen hat EZB-Präsident Mario Draghi auf absehbare Zeit ausgeschlossen. Vor einem Monat hatte er erklärt, die EZB werde ihre Leitzinsen "für längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau" halten. Welcher Zeitraum genau gemeint ist, blieb offen. Ökonomen rechnen vorerst jedenfalls weder mit Zinsschritten noch mit anderen geldpolitischen Maßnahmen.
KOMMUNIKATIONSSTRATEGIE DER NOTENBANK IM FOKUS
Zuletzt stand ohnehin mehr die Kommunikationsstrategie der Notenbank im Fokus: Führende Notenbanker schürten die Hoffnung auf mehr Transparenz. Anfang der Woche hatten die Direktoriumsmitglieder Benoit Coeure und Jörg Asmussen angeregt, die bislang geheimen Protokolle der Ratssitzungen zu veröffentlichen. Später sprachen sich auch EZB-Präsident Draghi und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann dafür aus. Bislang liegen die Protokolle 30 Jahre unter Verschluss.
Mit dieser Änderung würde die Zentralbank für die Akteure an den Finanzmärkten noch berechenbarer - ein wichtiger Schritt gerade in unruhigen Zeiten wie der schwelenden Euro-Schuldenkrise. Draghi hatte der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch) gesagt: "Ich halte das für einen notwendigen nächsten Schritt. Daher wird das EZB-Direktorium dem Rat einen entsprechenden Vorschlag zur Diskussion und Entscheidung vorlegen." Fast alle anderen bedeutenden Notenbanken veröffentlichen bereits solche Protokolle, um Anlegern mehr Orientierung zu bieten.
WEIDMANN FÜR EZB-PROTOKOLLE
Weidmann sagte dem "Handelsblatt" (Donnerstag), er würde es begrüßen, wenn die Protokolle zeitnah nach den geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats veröffentlicht würden. Damit würden die wesentlichen Argumentationsstränge der Diskussion und die Beweggründe der Entscheidungen im Rat nachvollziehbar. Mehr Transparenz würde dazu beitragen, die Entscheidungen der Notenbank besser nachvollziehen zu können, meinte Weidmann: "Insofern wäre es ein weiterer Schritt, unsere Kommunikation zu verbessern."
Gegner einer solchen Transparenz geben zu bedenken, Notenbanker könnten von ihren nationalen Regierungen unter Druck gesetzt werden. Mehr Offenheit könnte auch noch eine andere Gefahr bergen: Wenn die Märkte erfahren, dass die Notenbanker tief zerstritten sind, würde dies eher für Nervosität als für Sicherheit sorgen.
(FRANKFURT) Dow Jones Newswires und (dpa-AFX)