Biotest: Mit 63 Jahren vor dem zweiten Frühling

von Jens Castner, €uro am Sonntag

Nur knapp hat die Biotest-Aktie im September die Aufnahme in den MDAX verfehlt. Da in den kommenden Wochen und Monaten aber mit einem sehr positiven Nachrichtenfluss zu rechnen ist, der den Börsenwert weiter nach oben hieven sollte, bleibt das Unternehmen aus dem hessischen Dreieich ein Aufstiegskandidat.

TecDAX-Format hätte Biotest allemal. Wegen des angestammten Geschäfts mit Plasmaproteinen und Diag-nostika wird die bereits 1946 gegründete Gesellschaft aber eher als Pharmawert eingestuft. Gleichwohl fehlt es nicht an Biotechfantasie. Ein monoklonaler Antikörper mit der Bezeichnung BT-061 zeigte in der zweiten von drei vorgeschriebenen klinischen Testphasen gute Ergebnisse gegen Rheumatoide Arthritis wie auch gegen Schuppenflechte. Nun sucht das Unternehmen einen starken Partner, um die entscheidende dritte Testphase zu finanzieren. Ergebnisse werden spätestens Anfang 2010 erwartet.

Im Erfolgsfall hätte BT-061 Blockbuster-Potenzial: Allein der Markt für Rheumatoide Arthritis ist um die zehn Milliarden Dollar schwer – und wächst rasant. Das Gros der von unerträglichen Schmerzen gepeinigten Patienten wird heute mit sogenannten TNF-Antagonisten behandelt, die wegen ihrer Nebenwirkungen nicht als der Weisheit letzter Schluss gelten. Nicht anders verhält es sich bei der Schuppenflechte, die ebenfalls einen Milliardenmarkt verspricht. Getestet werden zudem weitere Anwendungsgebiete wie entzündliche Darmerkrankungen, Multiple Sklerose, Allergien oder Diabetes. Auch die bisherigen Ergebnisse der ersten klinischen Testphase für den Antikörper BT-062, die derzeit in den USA läuft, waren ermutigend. Hier werden Patienten mit Multiplem Myelom, einer aggressiven Form von Blutkrebs, behandelt. Eine Ausweitung auf andere Tumortherapien ist ebenso geplant wie die Entwicklung weiterer Antikörper. BT-063, mit dem die Autoimmunkrankheit SLE bekämpft werden soll, geht demnächst in die erste klinische Phase.

Bei aller Forschungstätigkeit wird jedoch die Profitabilität nicht vernachlässigt. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 13,4 Prozent auf 239,2 Millionen Euro, wobei ein Vorsteuergewinn (Ebit) von 29,4 Millionen erwirtschaftet wurde. Im Gesamtjahr peilt Vorstandschef Gregor Schulz ein Ebit von 55 Millionen Euro an. Außerdem ist er zuversichtlich, den Umsatz auch 2010 zweistellig steigern zu können.

Die Zahlen sähen sogar noch weit besser aus, würde nicht der Geschäftsbereich Medizinische Diagnostik aufs Ergebnis drücken. Dieser Teil der Diagnostiksparte ist das Sorgenkind des Konzerns und schleppt eine Schuldenlast von rund 45 Millionen Euro mit sich herum. Allerdings könnte der geplante Verkauf schon in Kürze über die Bühne gehen. Konkrete Gespräche laufen. Selbst wenn nur ein symbolischer Preis zu erzielen wäre, würden sich Bilanzrelationen und Gewinn deutlich verbessern.

Der Bericht ist der aktuellen Ausgabe von €uro am Sonntag, die am 26. September erscheint, entnommen.