KB-Assets Strategie-Kolumne

Bullen und Bären schenken sich nichts

27.08.10 14:58 Uhr

Bullen und Bären schenken sich nichts | finanzen.net

Nach meinem Urlaub in Dänemark tauche ich nun wieder langsam ...

... in die Welt der Indizes und Kurse ein und überlege ernsthaft, ob ein verregneter Sommerurlaub oder der bald einjährige Seitwärtstrend der Börsen mit seinen vielen Fehlsignalen nerviger ist. Noch habe ich mich nicht entschieden. Der Blick durch die Medienlandschaft verdeutlicht aber, dass sich in den vergangenen drei Wochen die großen Themen kaum verändert haben. Nach wie vor verkaufen Ihnen die Massenmedien Angst und berufen sich dabei auf volkswirtschaftliche Daten, die vergangenheitsbezogen sind. Kurz und schmerzhaft will ich gleich zu Beginn das größte Risiko für die internationalen Indizes benennen. Ende Juni ist am breiten und international tonangebenden US-Markt die gleitende 50-Tage-Linie unter die 200-Tage-Linie gerutscht. Das gefürchtete „Death Cross“ bildete sich, über welches ich auch habe hier berichtet habe. Dieser Indikator ist alleine noch längst kein Crash-Indikator und hat, ganz entgegen seinem unangenehmen Namen, noch nicht einmal eine hohe Verlust-Wahrscheinlichkeit. Das Ärgerliche an der Sache ist aber, dass wenn es zu Kursverlusten nach diesem Signal kommt, sind diese oft sehr heftig und können sich zu einer ausgewachsenen Baisse entwickeln. So z.B. in der jüngeren Vergangenheit in den Jahren 1998, 2002 und 2008. Andererseits aber ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass nach der hohen Volatilität der Jahre 2008 und 2009 sich nun einfach die gleitende 200-Tage-Linie glättet und daher verstärkt Fehlsignale auf beiden Seiten entstehen. Trotz des medialen Sperrfeuers und der negativen Kommentatoren betrachte ich die aktuelle Lage zwar als kritisch, aber keinesfalls als katastrophal. Denn obwohl die wichtigsten Indizes Anfang August an ihren entscheidenden Widerständen scheiterten und dabei sogar charttechnisch negative Fehlsignale lieferten, befinden sich die Börsen noch innerhalb ihrer altbekannten Handelsspannen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sich die Konjunktur nach wie vor weder für die positive noch für die negative Seite entschieden hat. Bullen und Bären befinden sich also in einer Pattsituation und das Ergebnis der Schlacht ist völlig offen, obwohl die Medien sich längst für die negative Seite entschieden haben. Daher drehe ich hier heute den Spieß einmal herum und zeige, dass das aktuelle Experiment der führenden Notenbanken auch ganz anders als heute „bereits ausgemacht“ aussehen könnte. Ich halte es für denkbar, dass sich die Bankenlobby doch noch dem Druck der Reformer beugen muss, wir eine bescheidene Finanzreform erleben und der Finanzsektor stark an Gewicht verliert zu Gunsten anderer Wirtschaftsbranchen. Durch eiserne Sparanstrengungen des privaten und des öffentlichen Sektors könnte sich das Verschuldungsproblem langsam entspannen, die Wirtschaftssubjekte würden wieder handlungsfähig und die Konsumenten (noch) zuversichtlicher. Parallel dazu könnte sich die Nachfrage der ohnehin schon boomenden Schwellenländer noch steigern, wovon speziell die europäischen und die deutschen Exportwerte profitieren würden. Im Einklang mit der steigenden Wirtschaftsaktivität hätten die Notenbanken sogar geringen Spielraum für Zinssteigerungen, könnten vom selbstzerstörerischen Gelddrucken ablassen und wären wieder etwas handlungsfähiger. Um den Realitätsanspruch dieser kühnen Spekulation zu überprüfen, werfen wir weiter unten einen Blick auf den konjunktursensiblen Transportsektor.

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Keine neuen Argumente

Die derzeitige Kursschwäche wird natürlich mit den zunehmenden Konjunkturängsten begründet und der Befürchtung, die westlichen Volkswirtschaften seien nur mit staatlicher Stimulierung zu stabilisieren. Diese Befürchtung ist begründet, aber keinesfalls neu oder originell, da sie den heutigen Seitwärtstrend bereits Ende 2009 ausgelöst hat. Es ist auffällig, dass die jetzigen negativen Nachrichten vergangenheitsbezogen sind und daher unter professionellen Anlegern keine hohe Halbwertzeit haben werden. Ein gutes Beispiel ist die „Neuigkeit“, dass private US-Anleger zuletzt 30 Mrd. Dollar aus heimischen Fonds abgezogen haben und unter entsprechendem Vertrauensverlust leiden. Dies sind typische Nachrichten, die nur in einem sehr negativen Marktumfeld Verkäufe auslösen. Ähnlich die schwachen Daten des US-Immobilienmarktes. Von diesen war ohnehin nicht viel zu erwarten, da kürzlich die Steuersubventionen für Hausverkäufe ausliefen und eine Abschwächung fast unvermeidbar war. Völlig ungehört blieb übrigens die Nachricht, dass sich die Anzahl der Hypothekenanträge leicht verbessert hat und daher ein erneuter Absturz des Immobilienmarktes nicht zwingend ist. Dies sind Anzeichen dafür, dass die Investoren mal wieder fest in den Klauen der Medien gefangen sind und große Institutionen ganz bewusst Unsicherheit und Angst „verkaufen“ wollen. Daher habe ich das Gefühl, dass sich die aktuelle Abwärtsbewegung nun ihrem Ende nähert und wie ein Buschfeuer von alleine ausgeht. Ich rate Ihnen deshalb, sich bezüglich Ihrer Investitionen niemals zu sehr von den Medien einlullen zu lassen, vor allem da praktisch alle Meinungsführer ihre Ansichten mit Hintergedanken und nicht aus Nächstenliebe an uns Privatanleger weitergeben. Auch wegen des negativen Sentiment kann ich mir gut vorstellen, dass die Unterstützungen, in deren Nähe viele bedeutende Indizes wie der DAX derzeit handeln, bestätigt werden und die Börsen eine Gegenbewegung starten.

Kein Crashsignal im wichtigen Transportsektor

Da ich mich in erster Linie mit prognosefreien Investmentkonzepten für meine Kunden beschäftige, lohnt heute ein Blick auf den konjunktursensiblen Transportsektor der Wachstumsbörse Nasdaq. Dieser handelt übrigens, was man hier leider nicht erkennen kann, als einer der wenigen Indizes oberhalb seiner gleitenden 50- und 200-Tage-Linie.

Der Zeitraum seit Februar, den dieser Chart der Transportaktien abbildet, spiegelt natürlich ebenfalls den quälenden Seitwärtstrend der Börsen. Von Hausse ist keine Spur zu sehen – von Baisse aber auch nicht. Im Gegenteil ist sogar der junge Juli-Aufwärtstrend noch intakt und der Transportindex handelt wieder in einer X-Spalte, auch wenn diese noch lange nicht ausreicht, ein neues Kaufsignal der Point & Figure Technologie zu bilden. Dieses würde erst bei Überschreitung der letzten X-Säule generiert, also bei 2.130 Punkten. Bis dahin ist es wirklich noch ein weiter Weg, wegen der steigenden bullischen Unterstützungslinie liegt auch hier ein Patt zwischen Bullen und Bären vor und die Transportaktien deuten nicht auf einen Crashkurs des breiten Marktes.

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Kapitalabflüsse auch unter der Oberfläche

Der „innere Markt“, den ich bekanntlich als Risikoindikator sehr schätze, zeigt sich weniger versöhnlich als die Transportaktien. Es handelt sich dabei aber auch um einen recht trägen Indikator, der nicht den Anspruch hat, jede Bewegung des Marktes mitzugehen. Nur zur Erinnerung: der Chart zeigt Ihnen den Prozentsatz der Aktien an der NYSE, die auf einem objektivem Verkaufssignal der P & F Technik handeln. Oberhalb von 70 ist der Markt überkauft, unterhalb von 30 % überverkauft.

Wie Sie an der 0-Spalte ganz rechts erkennen können, überwiegt das Angebot die Nachfrage deutlich, die Bären sind seit einigen Tagen wieder am Ball und halten ihn in ihrer Hälfte des Spielfeldes. Es dominieren die Kapitalabflüsse und für uns Anleger gehört die defensive Mannschaft aufs Spielfeld. Im jetzigen Marktumfeld sollte man aus Gründen des Risiko-Controlling nicht nach Chancen suchen, sondern sich nur auf den Kapitalerhalt konzentrieren. Nun kommt es darauf an, sich von „Mr. Market“ keine Punkte abnehmen zu lassen und sein Depot abzusichern. Mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 80 bis 85Prozent werden Sie in so einem Zeitraum mit Aktien Geld verlieren, da sich nur 15 bis 20 Prozent der Einzeltitel und Sektoren dem Abwärtstrend entziehen können. Beim derzeitigen Stand von 45 % ist der breite Markt der NYSE zwar weder über- noch unterverkauft, neue Investments bieten sich aus taktischen Gründen aber erst an, wenn der Indikator in einer X-Spalte handelt und die Nachfrageseite wieder überwiegt. Dazu ist per Definition übrigens eine Zunahme der Kaufsignale um 6 % notwendig. Der Risikoparameter NYSE Bullish Percent, bzw. die innere Verfassung der Indizes, deutet also darauf, dass wir in naher Zukunft keine größere Kurserholung sehen werden. Für diejenigen Beobachter, die davon ausgehen, dass Aktienmärkte effizient und stets fair gepreist sind (ich gehöre selbstverständlich nicht zu denen), verbietet sich aktuell die Hoffnung auf eine baldige Verbesserung der Konjunktur.

DAX bleibt angeschlagen, aber nicht KO

Da ich davon ausgehe, dass sich viele von Ihnen besonders für den DAX interessieren, werfen wir noch rasch einen Blick auf die heimischen Aktien. Besonders euphorisch kann man bei der Analyse des Point & Figure Chart des DAX nicht werden, da will ich ganz ehrlich sein. Vor allem, da nun ein formales Kursziel von etwa 5.300 droht, welches sogar den lange anhaltenden Seitwärtstrend in Gefahr bringen könnte. Bereits bei 6.050 Punkten bildete sich das aktuelle Verkaufssignal, als die vorhergehende 0-Spalte unterschritten und außerdem die steigende Trendlinie durchstoßen wurde.

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Da der DAX kurzfristig unterhalb von 5.900 Punkten handelte, wurde auch das betreffende Kästchen bei 5.850 gefüllt. Denn P & F Charts bilden im Gegensatz zu den Kerzencharts nicht die Schlusskurse ab, sondern messen die Durchschlagskraft einer „Kursbewegung“. Der sich im Juni gebildete mittelfristige Aufwärtstrend ist auf jeden Fall klar verletzt und Investments unterhalb der steigenden bullischen Trendlinie sind mit hohen Risiken verbunden und haben sehr spekulativen Charakter. Trotzdem gilt aber natürlich auch für die P & F Charts, dass diese in Seitwärtsmärkten zu Fehlsignalen neigen und man daher nur in Einklang mit den Signalen des „inneren Marktes“ und streng systematisch handeln sollte. Derzeit notiert der DAX bei knapp 5.900 Punkten in einem Bereich mit relativ vielen guten Unterstützungen, die den weiteren Kursverlauf stoppen könnten, aber ebenfalls unterhalb der wichtigen 200-Tage-Linie. Es bieten sich einerseits keine Engagements an, aber ich erkenne auch keine Crashgefahr. Daher bleibe ich bei meiner oben gemachte Aussage, dass es nach wie vor keinen Hinweis darauf gibt, welchen Pfad die Konjunktur und damit die Börse einschlagen wird. Erst die Auflösung des Seitwärtstrends in die eine oder die andere Richtung wird uns weitere Hinweise geben – mit Sicherheit aber nicht die derzeit sehr aufgeregten Massenmedien.

Klaus Buhl hat die Motivation, Ihnen auf seiner Website keine langen Geschichten zu erzählen sondern Lösungen zu zeigen, wie man durch die Vermeidung von Investmentfehlern sein Kapital auch in angeblich "schwierigen" Märkten beschützt. Auf seiner Seite libra-invest.de können Sie sich ebenfalls für den Erhalt des kostenlosen Newsletters anmelden, der Ihnen etwa alle 10 Tage eine ungewöhnliche Perspektive auf die Märkte bietet.

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