Libra-Invest-Kolumne

Die Bullen stemmen sich gegen den Zinsanstieg

10.12.10 14:26 Uhr

Die Bullen stemmen sich gegen den Zinsanstieg | finanzen.net

Liebe Leserinnen und Leser, die vergangene Handelswoche hatte es wieder einmal in sich.

Und damit meine ich nicht nur das sensationelle Überspringen der magischen Marke von 7.000 Punkten im DAX, die zuletzt nicht verteidigt werden konnte. Aber wer hätte schon vor wenigen Monaten gedacht und zu wetten gewagt, dass bereits in diesem Jahr die unerreichbar scheinende Marke von 7.000 Punkten geknackt wird? Trotz Eurokrise, Abwertungskampf der Währungen und Vertrauensschwund in viele politische Institutionen hat der DAX dieses Kunststück vollbracht und nebenbei die Anziehungskraft der runden Zahlen bestätigt.

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Trotzdem ist die große Überraschung der vergangenen Tage aber nicht die Outperformance des wenig repräsentativen DAX, sondern der klammheimliche Zinsanstieg und die Erosion des Rentenmarktes. Von den Massenmedien völlig unentdeckt senden die „Wächter der Inflation“, die langfristigen US-Schatz-Futures, grelle Alarmsignale. Aber auch der Bund-Future sackt unbemerkt in sich zusammen und auch für deutsche Bundesanleihen verlangen die Anleger einen höheren Risikozuschlag. Spiegelbildlich steigen die Zinsen und die Umlaufrendite schnellt in die Höhe. Natürlich berappeln sich die Zinsen von einem sehr geringen Niveau aus. Aber ignorieren Sie nicht das Sprichwort, dass steigende Zinsen Gift für die Aktienkurse sind. Denn immerhin sind die meisten internationalen Indizes seit September ordentlich gelaufen und daher anfällig für Korrekturen. Obwohl das Bärenlager gute Gründe für einen gezielten Angriff hätte, bleiben die Bullen nach meinem Bullish Percent Modell aber nach wie vor im Vorteil. Sowohl kurz als auch langfristig ist die Temperatur an den Märkten zwar erhöht, ich würde aber noch nicht von einer Überhitzung sprechen.

Auf jeden Fall rate ich Ihnen die, den Zinsverlauf sehr gut zu beobachten, denn ich schon schlechtere Argumente für Gewinnmitnahmen in der Presse gelesen als einen überraschenden Zinsanstieg. Deshalb finde ich es wirklich erstaunlich, wie stark der Aufwärtstrend der Aktien und wie gering die Gegenwehr der Verkäufer ist. Wie groß muss derzeit wohl die Panik mancher Anleihe-Investoren sein, die derzeit aus dem Renten- in den Aktienmarkt flüchten?

Zinsanstieg könnte Aktienkorrektur auslösen

Da meiner Meinung nach der schnelle Zinsanstieg auf dem Radar von vielen Anlegern noch nicht erschienen ist, halte ich diesen für den Auslöser der nächsten Phase von Gewinnmitnahmen am Aktienmarkt.

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Zunächst erkennt man sehr gut das extreme Zinstief der 30-jährigen US-Anleihen während des Höhepunktes der Finanzkrise Ende des Jahres 2008. Der rasche Zinsanstieg im Sommer 2009 wurde vom nicht enden wollenden Gelddrucken der FED und der international laxen Geldpolitik wieder im Keim erstickt. Trotzdem blieb der Aufwärtstrend annähernd intakt und eine bullische Aufwärtstrendgerade mit nur einem Schönheitsfehler etablierte sich. Dieser war jedoch der Startschuss für den seit August beschleunigten Aufwärtstrend der Zinsen.

In den vergangenen Tagen bildete sich ein bestätigendes Kaufsignal, als die aktuelle X-Säule (Buchstabe C für Dezember) die vorhergehende positive X-Spalte überstieg. Damit sollte im Sinne der P & F Technik ein Zinsanstieg der Langläufer bis mindestens 5,5 Prozent bevorstehen. Damit würden wir uns exakt auf dem Zinsniveau der Jahre 2003 bis 2007 befinden. Dies wäre ein Zinsniveau, mit dem der Aktienmarkt während eines dynamischen Wirtschaftsaufschwungs durchaus leben könnte. Allerdings fehlt mir heute die Phantasie, wie ein durch eine Systemkrise taumelnder Staat wie der amerikanische, der einen total überschuldeten privaten- und öffentlichen Sektor besitzt, diese Zinslast stemmen könnte. Dies ist einer der Gründe, warum sich die FED und andere Notenbanken mit allen Mitteln gegen steigende Zinsen wehren, gleichzeitig aber eine gewisse Inflation akzeptieren werden. Der Zinsanstieg der langfristigen US-Papiere ist sicherlich auch Grund der Ablenkungsmanöver, mit denen die US-Presse vor allem über die Eurokrise berichtet, damit aber von der eigenen Zahlungsunfähigkeit ablenkt.

DAX auf Zweijahreshoch

Die Gründe für den anhaltenden Kursaufschwung am deutschen Aktienmarkt ähneln den oben genannten für den Zinsanstieg. Die Konjunktur erholt sich in vielen Ländern schneller als erträumt, während die Notenbanken die Märkte mit Liquidität fluten und die Menschen in Sachwerte fliehen. Dadurch profitiert speziell die exportlastige deutsche Wirtschaft.

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Wie Sie am P & F Chart des DAX sehen, ist der Aufwärtstrend intakt. Ohne Mühe übersprang die aktuelle X-Säule die beiden vorhergehenden und damit die magische Marke von 7.000 Punkten. An der Dynamik der X-Säulen erkennen Sie, wie stark derzeit die Nachfrage das Angebot übersteigt. Im rechten Bereich erkennen Sie die das aktuelle Kaufsignal, welches übrigens ein sehr bedeutendes, da dreifaches ist. Die Dynamik der Nachfrage verdeutlichen die langen positiven X-Säulen, denen nur kurze 0-Säulen gegenüber stehen. Beachten Sie bitte auch, dass die kleinen Unsicherheiten der vergangenen Tage keine Spur im P & F Chart erkennen lassen. Hier bleiben die Bullen ohne jede Irritation im Vorteil, weshalb ich keinen Grund sehe, voreilig die Chips vom Tisch zu nehmen. Obwohl bestimmt in wenigen Tagen die institutionellen Anleger ihr „Window-Dressing“ beenden und ihre Handelsbücher zuklappen. Dann sollte am Aktienmarkt etwas mehr Ruhe einkehren.

Wie Sie wissen, gebe ich nur ungern marktschreierische Prognosen ab. Bitte beachten Sie aber, dass per heute das Projektionsziel der P & F Technik bei unglaublichen 8.000 Punkten liegt. Natürlich ist dies ein weiter Weg, der im Erfolgsfall von heftigen Korrekturen begleitet werden könnte. Aber diese Kursziele treten sehr häufig ein. Noch gut erinnere ich mich an die verächtlichen E-Mails, die ich erhalten habe, als im zum ersten Male in einem Blog das Kursziel von 6.000 genannt habe. Damals notierte das DAX übrigens bei etwas oberhalb von 4.000 Punkten.

Dow-Theorie unterstützt das Bullenlager

Obwohl die Indizes seit Anfang September unter Dampf stehen, einige bekannte Indikatoren der Markttechnik mittlerweile überhitzt sind und außerdem die Stimmung gefährlich positiv wird, haben die Bullen nach wie vor ausreichend Asse im Ärmel. Eines davon ist die anhaltende Stärke des Transportsektors, der für ein positives Aktienklima spricht. Wie ich hier schon mehrfach schrieb, sollen sich der Dow-Theorie entsprechend, Industrie- und Transportaktien in ihren Hochs jeweils ergänzen. Deshalb sollten Sie den sehr wichtigen Transportsektor auch immer im Blick behalten und zum restlichen Aktienmarkt in Beziehung setzen.

Wie Sie deutlich am Chart erkennen können, hat der Transportsektor bereits ein neues zyklisches Hoch generiert und ist dem Dow Jones Index damit weit voraus geeilt. Erst kürzlich wurde ein sehr positives dreifaches Kaufsignal generiert. Entsprechend der traditionellen Theorie von Charles Dow steht einer Fortsetzung der Hausse nicht entgegen. Da auch der „innere Markt“, wie oben angedeutet, keine Schwächen zeigt, bleibe ich bis auf weiteres positiv für Aktien, behalte aber den Zinsanstieg fest im Blick. Ich wünsche Ihnen einen angenehmes und keinesfalls hektisches Adventswochenende.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.