QE 2 wird zum Desaster für die FED

Von Langeweile war in den vergangenen Tagen an den Börsen wieder einmal nichts zu spüren.
Zuerst trafen die erwartet schlechten Nachrichten der angeblich unvermeidbaren „Rettung“ Irlands ein und dann die Meldung über die koreanischen Scharmützel. Am Donnerstag sogar Spekulationen, dass das Volumen des Rettungsschirmes der EU verdoppelt werden müsse. Vor dem Hintergrund des zu Wochenbeginn kurzfristig stark überkauften Marktes waren die Gewinnmitnahmen keine Überraschung. Die echte Überraschung folgte prompt zur Wochenmitte und war sehr positiv. Der wieder gestiegene ifo-Index hat sich dem während der Wiedervereinigung erreichten Rekordwert angenähert. Während diese Meldung wegen der schwelenden Irlandkrise noch überhört wurde, erregten die weiteren guten Nachrichten des Tages größere Aufmerksamkeit. In den USA hat sich das Konsumklima stark verbessert, während gleichzeitig die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gesunken ist. Verstärkt durch die ebenfalls positiven Unternehmensberichte drängt sich der Verdacht auf, dass jetzt allmählich die Ursachen für die Kurssteigerung der vergangenen Wochen geliefert werden. Immerhin ist es kein Geheimnis, dass die Indizes mehrere Monate im Voraus auf Konjunkturveränderungen reagieren. Trotzdem ist es interessant zu beobachten, dass die allgemeine Stimmung in den USA sehr gedämpft bleibt und sich die Medien nicht mit positiven Nachrichten aus der Deckung wagen wollen. Darüber hinaus gibt man sich dort allergrößte Mühe, die im Vergleich zum eigenen Land fast harmlose europäische Verschuldungsproblematik unter den Teppich zu kehren. Oder haben Sie gewusst, dass fast Dreiviertel des weltweiten Schuldenbergs amerikanischen Schuldnern zuzurechnen sind?
Jetzt geraten Portugal und Spanien ins Visier der Angreifer Es ist beachtlich, wie schnell wir Anleger uns an die Turbulenzen in Folge der Schuldenkrise gewöhnen. Etwa 50 Mrd. Euro sind alleine dafür notwendig, die Dummheiten der maroden irischen Banken zu heilen. Trotz der Gewinnmitnahmen zu Wochenbeginn sieht es nicht danach aus, als ob die Aktienmärkte ähnlich heftig wie im Frühjahr während der Griechenlandkrise reagieren würden. Ganz offenbar wächst der Gewöhnungseffekt der Anleger und Bürger an die unfassbaren Summen, die der Scherbenhaufen der Finanzkrise hinterlässt. Dies finde ich erstaunlich in einer Zeit, in der sehr emotional über Verkehrsprojekte und Energiesysteme diskutiert- und demonstriert wird. Vielleicht ist die eigene Währung uns Deutschen ja viel weniger wichtig als von der Mehrheit vermutet. Wenn das bisherige Tempo beibehalten wird, in dem die großen Kapitalsammelstellen ihr Geld aus Irland, Spanien und Portugal abziehen, dann werden noch vor Weihnachten Portugal und Spanien die Hilfe der EU annehmen müssen. Man erkennt, dass die Rettung Irlands die Schuldenkrise nicht dämpft, sondern den berüchtigten Dominoeffekt beschleunigt. Dies ist meiner Meinung nach kein Zufall, sondern Methode, da das amerikanisch geprägte internationale Bankensystem großes Interesse hat, die Krise des Euro am köcheln zu halten und dadurch von den eigenen Problemen abzulenken. Bitte bedenken Sie, dass etwa 70 % der weltweiten Schulden amerikanische sind und die USA alles vermeiden müssen, deren Bedienung zu erschweren oder zu verteuern. Erstaunlicherweise wird ein wichtiger Punkt des Währungsstreits in den Medien überhaupt nicht beleuchtet. Die Amerikaner haben den großen Vorteil, die Reservewährung Nr. 1 zu besitzen, zu vermehren und bestimmen zu können. Dazu zählt auch das Privileg, als einzige Nation der Welt den gesamten Handel in heimischer Währung zu fakturieren. Durch die unsolide Geldpolitik der US-Administration droht dieser immense Vorteil nun verloren zu gehen. Denn einige Nationen haben keine Lust mehr, auf einem Haufen Dollar zu sitzen, der permanent aufweicht und von zukünftigen Abwertungen bedroht ist. Da kommt die Krise des Euro doch sehr gelegen, um von den eigenen Problemen abzulenken und die Aufwertung des Euro gegen den Dollar zu stoppen.
Investoren verändern ihre Taktik Im Frühjahr wurde die Griechenlandkrise von einer scharfen Aktienkorrektur begleitet, während die Rentenmärkte als angeblich sicherer Hafen genutzt wurden. Verkehrte Welt, da doch die Euro-Krise eine Schuldenkrise ist. Heute aber reagieren die Marktteilnehmer bisher viel besonnener und vor allem rationaler auf die Griechenlandkrise. Offenbar hat sich herumgesprochen, dass man einem Tsunami besser in einem Schiff auf hoher See begegnet als am Hafenbecken. Dies ist der Grund, warum Aktien als Sachwerte seit Wochen gefragt sind. Vor allem aus den Sektoren Rohstoffe und Edelmetalle, aber auch internationale Dividenden-und Technologietitel. Daher gehe ich davon aus, dass auch in den kommenden Wochen weiterhin Geld in die Aktienmärkte schwappt. Im Vergleich zu den Rentenmärkten halte ich Aktien nach wie vor für fair bewertet und mache mir diesbezüglich viel geringere Sorgen als für die überteuerten kurzfristigen Renten. Fundamental ist zu beachten, dass die Chance für eine wirtschaftliche Erholung der USA in den Medien unterschätzt wird. Trotz der immensen Probleme mehren sich dort die Zeichen für einen Aufschwung. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit verlangsamt sich und die Schere zwischen der Gewinnentwicklung bei Aktien und den Renditen von Staatsanleihen öffnet sich immer weiter. Vor diesem Hintergrund sind Aktien günstig bewertet und keinesfalls zu teuer. Im Falle einer Systemkrise sind mir 4 % Dividendenrendite lieber als 2,5 % für fünfjährige US-Anleihen.
Die Bullen bleiben eindeutig im Vorteil Sehr krisenresistent zeigte sich in den vergangenen Tagen der Risiko-Indikator NYSE Bullish Percent. Der Marktzustand wird als „Bull Confirmed“ bezeichnet, da die aktuelle positive X-Säule die vorhergehende X-Spalte deutlich überragt. Trotz der vorrübergehenden Kursverluste zu Anfang der Woche kann von größeren Kapitalabflüssen aus den Märkten keine Rede sein. Auch das lange Wochenende vor dem traditionellen Thanksgiving-Day irritierte die Anleger nicht, was für großes Vertrauen in die Aktienmärkte spricht.

Nach wie vor handeln etwa 74 % der an der NYSE notierten Werte auf einem objektiven Kaufsignal der P & F Technik. Der Index befindet sich in einer positiven und stabilen X-Spalte, die ganz eindeutig auf den Vorteil der Bullen deutet. Dieser Vorteil wird auch dadurch unterstützt, dass nun wieder die Anzahl der Aktien steigt, die oberhalb ihrer 50-Tage-Linie handeln. Dieser wichtige Indikator ist mehrere Wochen in einer 0-Spalte gefallen, hat aber kürzlich in eine positive X-Spalte gewechselt. Trotz des Unbehagens an den Märkten wegen der Schuldenkrise macht es keinen Sinn, nun Aktien zu verkaufen. Plötzliche und sehr scharfe Abschwünge oder gar ein Crash sind in diesem Umfeld sehr unwahrscheinlich. Auch spricht die positive Saisonalität des Winterhalbjahres für Aktien. Ebenfalls wird das sprichwörtliche „Window-Dressing“ der institutionellen Anleger einem freundlichen Jahresausklang an den Börsen nicht im Wege stehen. Meiner Meinung nach befinden wir uns nach wie vor im dem bereits seit Wochen andauernden positiven Marktzustand, in dem man Mr.Market möglichst viele Punkte abnehmen muss. Gemäß meiner Anlagephilosophie muss man diese Marktphasen als Anleger nutzen, um dann später bei umgekehrten Vorzeichen wieder voll in Deckung gehen zu können.
Dollar und Zinsen ziehen an
Eigentlich sollte der gigantische Aufkauf von US Bonds über 600 Milliarden Dollar diesen abwerten und nicht befestigen. Aber zum Erstaunen vieler Akteure kam es mal wieder ganz anders als gedacht. Kaum hatte die Notenbank FED ihre Pläne bezüglich QE2 verkündet, beendete der Dollar seine im Sommer begonnene Talfahrt und befestigte sich deutlich. Und das, obwohl er doch eigentlich von mir zum Abschuss freigegeben wurde. Unter diesem Gesichtspunkt ist das berüchtigte „Quantitative Easing 2“ ein echter Flop für die FED, der noch durch die steigenden Zinsen für langfristige US-Anleihen verstärkt wird. Kein Wunder, dass sich aktuell so viele Experten darüber den Kopf zerbrechen, ob billiges Geld wirklich der Motor für Wirtschaftswachstum und neue Jobs ist.

Hier sehen Sie den P & F Chart für die Verzinsung der 30-jährigen US-Bonds, der den starken Zinsanstieg verdeutlicht. Der besseren Skalierbarkeit wegen wird die aktuelle Rendite mit dem Faktor 10 multipliziert. Der aktuelle Wert von 44 bedeutet also einen Zins von 4,4 %. Deutlich erkennt man die seit dem extremen Tief vom Januar 2009 ansteigende bullische Unterstützungsgerade. Seit September hat sich nach einer kurzen Korrektur der Zinsanstieg stark beschleunigt und das bisherige Niveau von 4,4 % erreicht. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass die seit dem Frühjahr fallende bärische Begrenzungslinie gerade gebrochen wurde. Dies deutet auf ein mittelfristiges Zinsniveau für 30-jährige Anleihen von etwa 6 %. Nicht gerade das Szenario, welches sich die FED mit „QE2“ erhofft hat. Kritische Anleger werden nun fragen, ab welchem Niveau sich die steigenden Zinsen negativ auf Aktien auswirken werden, da steigende Zinsen bekanntlich Gift für die Börsen sind. Schwer zu sagen, ab welchem Zinssatz diese Frage in den Massenmedien diskutiert wird. Ich tippe darauf, dass oberhalb von 5 Prozent sich einige Analysten mit diesem Problem beschäftigen werden. Bis dahin sollte dann auch die von mir erwartete weiterhin freundliche Börsenlage anhalten.
DAX bleibt fest Deutlich stärker als die meisten internationalen Indizes bleibt weiterhin unser DAX. Der dynamische Konjunkturanstieg in Deutschland und die großen Exporterfolge der heimischen Industrie finden hier ihren Niederschlag. Da der DAX-Chart ein derartig positiver Anblick als Kontrast zum düsteren Herbstwetter ist, gönnen wir uns noch rasch einen Blick auf den P & F Chart des Index.

An den unteren positiven Unterstützungslinien und vor allem an der positiven X-Spalte des Oktober (Buchstabe B) erkennen Sie den intakten Aufwärtstrend. Noch wurde kein neues zyklisches Hoch im DAX gebildet und auch am heutigen Freitag sieht es bisher nicht dananch aus. Wegen der definierten Umkehrgröße von drei Kästchen für einen Spaltenwechsel bleiben die Bären formal noch bis zu Kursen oberhalb von 6.900 im Vorteil. Nach der langen uns positiven X-Spalte sollten aber Verschnaufpausen nicht besonders irritieren. Mögliche weitere Gewinnmitnahmen werden erst unterhalb von 6.650 Punkten kritisch. Hier erst würde ein formales Verkaufssignal ausgelöst, da dann die aktuelle 0-Spalte die vorhergehende unterschreiten und den gewachsenen Verkaufsdruck visualisieren würde. Bis dahin mache ich mir auch keine größeren Sorgen um das Bullenlager zumal beide Hauptindikatoren des von mir verfolgten „Inneren Marktes“ eindeutig auf grün stehen.
Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.
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