Dank niedriger Zinsen

Börsen surfen die M & A-Welle

03.05.15 14:00 Uhr

Börsen surfen die M & A-Welle | finanzen.net
Björn Jesch, Union Investment

Die jüngste Welle von Fusionen und Übernahmen, die über die Börsen geschwappt ist, bewegt die internationalen Aktienmärkte immens. Ob in Europa, den USA oder Asien - überall nimmt die Zahl von "Mergers & Acquisitions" (M & A) stark zu.

von Björn Jesch, Gastautor von Euro am Sonntag

Die kurz nach Ostern veröffentlichte Ankündigung des Ölkonzerns Royal Dutch Shell, seinen britischen Konkurrenten BG Group für knapp 70 Milliarden US-Dollar zu übernehmen, stellt den vorläufigen Höhepunkt einer zunehmend an Dynamik gewinnenden M & A-Aktivität dar. Diesem Megadeal im globalen Energiesektor war in den Vorwochen bereits eine ganze Palette weiterer milliardenschwerer Transaktionen vorausgegangen.

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Beispiel gefällig? Zeitgleich zu der Bekanntgabe der Übernahmepläne von Royal Dutch Shell kündigte der Pharmakonzern Mylan den Kauf seines Wettbewerbers Perrigo für rund 29 Milliarden US-Dollar an. Es handelt sich dabei um die Fortsetzung der Transaktionswelle im US-Gesundheitssektor. Bereits Ende März hatten United Health und Teva rund 14 beziehungsweise drei Milliarden US-Dollar aufgerufen, um die US-Wettbewerber Catamaran und Auspex Pharma zu erwerben.

Aber: Die Woge ist weder auf einen Sektor noch auf eine Region begrenzt. So waren die M & A-Schlagzeilen unter anderem auch geprägt von der beabsichtigten Übernahme des niederländischen Logistikers TNT Express durch seinen US-Konkurrenten Fedex für rund 4,8 Milliarden US-Dollar, dem Buyout des amerikanischen Firmensoftware-Entwicklers Informatica durch die Beteiligungsgesellschaft Permira (gemeinsam mit dem ­kanadischen Pensionsfonds CPPIB) für 5,4 Milliarden US-Dollar und dem Kaufangebot von 10,4 Milliarden US-Dollar des Telekommunikationsunternehmens Charter Communications für den nicht gelisteten US-Kabelnetzanbieter Bright House Networks. Auch die Fusionspläne von Heinz und Kraft Foods zum fünfgrößten Lebensmittelkonzern der Welt hatten vor wenigen Wochen für Aufsehen gesorgt.

Treiber Nr. 1 der Übernahmen
sind die niedrigen Zinsen

Die Liste ließe sich noch eine ganze Weile fortsetzen. Daran wird deutlich, dass es sich nicht um eine zufällige Häufung handeln kann. Und tatsächlich sind die Ursachen vor allem struktureller Natur. Ein Kerntreiber für die zunehmende Dynamik an M & A-Aktivitäten stellen die äußerst attraktiven und auf historischen Tiefständen befindlichen Finanzierungsbedingungen für die akquirierenden Unternehmen dar. Fremdkapital ist in aus­reichender Menge und zu sehr günstigen Konditionen zu haben.
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Im Ergebnis ist es aus Sicht vieler Konzernlenker eine attraktive Wachstumsstrategie, sich Marktanteile relativ günstig hinzuzukaufen, indem man einen Konkurrenten übernimmt. Denn letztlich gilt für einen Firmenkauf das gleiche Kriterium wie für jede andere Investition: Je billiger sie getätigt wird, umso schneller wirkt sie sich ertragssteigernd aus.

Firmenkäufe sind derzeit die
billigere und bessere Wahl

Ein zweiter Punkt sind die gestiegenen Aktienkurse selbst. Die Notierungen an den internationalen Börsen sind nun schon mehrere Jahre auf dem Vormarsch, die Rückschläge der Finanzkrise sind fast überall abgehakt. Dadurch wird auch die eigene Aktie - vor allem, wenn sie überdurchschnittlich zugelegt hat - zu einer nützlichen Währung. Viele Unternehmen erwerben ihr "Akquisitionsziel" nicht nur durch den Einsatz von Barmitteln, sondern oftmals wird den Eigentümern ein Aktientausch angeboten. Die Logik ist klar: Nur wenn das eigene Papier etwas wert ist, taugt es zum Tauschobjekt. Somit sind also auch die Vorzeichen für eigenkapitalbasierte Deal-Finanzierungen besser geworden.

Treiber Nr. 3 der Entwicklung: volle Kassen. Die Unternehmen verfügen derzeit über hohe Bestände an liquiden Mitteln. Wie kommt das? Im Nachgang der Finanzkrise ­haben viele Gesellschaften auf Sicherheit gesetzt und sich zunächst ein Liquiditätspolster angelegt. Je besser die Geschäfte dann in der Phase der Erholung liefen, umso mehr schwollen diese Reserven an. Diese Mittel fließen klassischerweise irgendwann in "organische" Investitionen (also etwa den Kauf von Maschinen oder Fabriken), um entweder den Kapitalstock auf dem neuesten Stand zu halten oder aber um zu expandieren. Gerade für weiteres Wachstum sind Firmenkäufe derzeit aber die billigere, weniger unsichere und damit letztlich bessere Wahl. Die Suche nach Übernahmezielen ist daher der wesentlich einfachere Weg, die Kassenbestände schnell und zielbringend in operative Geschäftstätigkeit umzumünzen.

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Was lässt sich ablesen? Abgesehen von der Bedeutung eines konkreten M & A-Deals für die beteiligten Unternehmen hält die derzeitige Welle von Übernahmen außerdem eine Reihe von übergeordneten Erkenntnissen für die Anleger bereit. Zunächst einmal wird ­davon die Zuversicht der unterschiedlichsten Unternehmen in die zukünftige wirtschaft­liche Entwicklung unterstrichen. Wer kauft schon eine Firma, wenn er mit Konjunkturproblemen rechnet?

Bewertung der Unternehmen
ist nicht überteuert

Außerdem wird daran deutlich, dass die aktuellen Bewertungs­niveaus der Unternehmen von industriellen Käufern als nicht überteuert angesehen werden. Das ist insofern von besonderer Bedeutung, als gerade die Konzerne aus der gleichen Branche ziemlich genau wissen dürften, welche Investition sich noch lohnt - und welche nicht. Gemessen daran sind Aktien also, trotz der erreichten Bewertungsniveaus, noch nicht zu teuer.

Wenngleich sich die letzte M & A-Welle im Wesentlichen in den USA aufgebaut hat, so dürfte künftig verstärkt Europa in den ­Blickpunkt rücken. Neben den weiterhin äußerst günstigen Finanzierungsbedingungen kommt hier ein zusätzlicher Faktor ins Spiel: die anhaltende Schwäche des Euro. Beide Punkte sind das Resultat des äußerst lockeren Kurses der Europäischen Zentralbank (EZB), während ihr US-amerikanisches Pendant perspektivisch den behutsamen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik sucht.

Im Ergebnis dürften auch auf mittlere Sicht die Bedingungen für US-amerikanische Käufer in Europa (noch) besser werden - und damit auch zu einer spürbaren Zunahme von Firmenübernahmen führen. Damit wird die Eurozone noch attraktiver als "Jagdrevier" - ein zusätzliches Plus-Argument für europäische Aktien. Kurzum: Die Börsen dürften die M & A-Welle weiter surfen!

Kurzvita

Björn Jesch, Leiter Portfolio­management
bei Union Investment

Jesch ist seit 2012 Leiter des Portfolio­managements von Union Investment und führt das Fondsmanagementteam mit rund 240 Mitarbeitern. Er wurde Anfang der 90er-Jahre bei der Dresdner Bank als Bankkaufmann und Devisenhändler ausgebildet. Später war er im Private Wealth Management der Deutschen Bank tätig und verantwortete dort als CIO die Anlagestrategie. Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks­ und Raiffeisenban­ ken und managt aktuell rund 230 Milliarden Euro für private und institutionelle Anleger.

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Bildquellen: Fritz Philipp/Union Investment, Leifstiller / Shutterstock.com

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16.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) OverweightJP Morgan Chase & Co.
08.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
08.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
07.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyUBS AG
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29.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) OutperformRBC Capital Markets
16.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) OverweightJP Morgan Chase & Co.
08.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
08.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyJefferies & Company Inc.
07.07.2025Shell (ex Royal Dutch Shell) BuyUBS AG
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26.08.2020Shell (Royal Dutch Shell) (A) UnderweightBarclays Capital
29.11.2017Shell B SellCitigroup Corp.
29.11.2017Shell (Royal Dutch Shell) (A) SellCitigroup Corp.
29.11.2017Shell B SellCitigroup Corp.
30.01.2015Royal Dutch Shell Grou b SellS&P Capital IQ

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