Eine Schwalbe macht noch keinen (Aktien-)Sommer...

...aber die Märkte dürften trotzdem Fahrt aufnehmen
In der letzten Woche stand die Frage im Raum, wann der Wiedereinstieg nach dem Mai-Verkauf erfolgen sollte. Schaut man sich die Rally zu Wochenbeginn an, kommt man zum Schluss: Dies kann schneller der Fall sein, als gedacht. Allerdings muss man auch Vorsicht walten lassen, so lange die bislang aktiven Jahreshochs nicht überwunden wurden. Bis dahin besteht auf diesem Kursniveau ganz klar die Gefahr eines Rückschlags, der aber durchaus positive Effekte in Form billiger Einstandskurse haben könnte.
Die Sache mit der Konjunkturerholung
Eine eindeutige Konjunkturerholung ist weiterhin nicht in Sicht. Das klingt überraschend? Nun die Aussagen der vergangenen Wochen lassen leider keinen anderen Schluss zu. Denken wir nur einmal an den enttäuschenden Philly-Fed-Index. Der unerwartet starke Rückgang hat die Märkte zwar nicht so getroffen, wie man zunächst befürchten musste.
Dennoch sprechen die Daten eine eindeutige Sprache. Die Erholung der US-Wirtschaft steht noch auf höchst wackeligen Beinen. Insofern sollte man vorsichtig sein, zumindest wenn man auf ein baldiges Ende der Konjunkturdelle setzt. Denn nach wie vor gilt: Steigende Kurs hängen nicht (immer) mit einer wachsenden Wirtschaftsleistung zusammen.
Bestes Beispiel ist dafür zu Wochenbeginn die Automobilbranche. Am Wochenende titelte die Frankfurter Allgemeine mit „Sonderschichten für die S-Klasse“. Hintergrund ist die unerwartet kräftig gestiegene Nachfrage nach deutschen Premium-Modellen. Zu Wochenbeginn konnten sich dann auch die Aktionäre der betroffenen Automobilhersteller freuen. Denn diese Meldung wirkte sich wie ein Weckruf für eine fast schon totgesagte Branche aus. Die Diskussion um die Mobilität der Zukunft wurde zuletzt sehr stark durch Elektroautos geprägt. Dabei handelt es sich noch immer um ein Nischenthema, auch wenn in der Presse etwas anderes behauptet wird. Das Ende des Verbrennungsmotors ist noch lange nicht gekommen, denn Menschen ändern sich nicht so schnell. Die Vorbehalte gegenüber neuen Technologien sind noch viel zu groß. So wird man auch in einigen Jahren noch weltweit leistungsstarke Premium-Modelle mit Verbrennungsmotor „Made in Germany“ fahren. Die Aktionäre von Daimler, BMW und Co. wird es freuen.
Die Diskussion ums Sparen
Seit Wochen wird in der deutschen Politik nichts anders diskutiert. Ist das Sparpaket der Bundesregierung nun gerecht oder nicht. Ist es ausreichend oder springt man zu kurz? Ist es eine Mogelpackung oder nicht?
Die Antwort habe ich eigentlich schon vor zwei Wochen gegeben. Ich schrieb von einer „Beruhigungspille“. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Was soll man von einer Regierung halten, die auf der einen Seite nur mit großen Schwierigkeiten 80 Mrd. Euro auf fünf Jahre verteilt einspart, und auf der anderen Seite nichts gegen Löcher in Straßen und Schuldächern unternimmt. Ein „Wir packen es an!“ hört sich anders an. Das Schlimme ist derzeit aber, dass weder Regierung noch Opposition eine Idee zu haben scheinen, wie man dieses Land in die Zukunft führen kann. Und was macht die Bevölkerung? Sie verabschiedet von der Politik und versucht sich selbst zu helfen. Das zeigen u.a. auch die Rekordzahlen bei der Unternehmensgründung bzw. Selbständigkeit.
Die Anlagechancen der Zukunft
Manchmal kann man über „sichere“ Geldanlagen nur schmunzeln. Bundesanleihen zum Beispiel sind so ein Fall. Alle Welt flüchtet in die Staatsanleihen der größten europäischen Volkswirtschaft, in dem Glauben, dass die Schulden schon zurückgezahlt werden. Aber werden Sie das wirklich? Nun keiner weiß es. Vor 22 Jahren glaubte niemand, dass die Mauer jemals fallen wird. Und was ist in 22 Jahren? Im Lauf der Jahre kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass die meisten Unternehmen stabiler und langlebiger sind, als die meisten Staatsgebilde.
An dieser Stelle sei nur mal der Blick auf unser Nachbarland Belgien gerichtet. Wetten, ob es diesen Staat in den besagten 22 Jahren noch gibt, würden derzeit wohl nur mit Einschränkungen angenommen. Aber zurück zu den Unternehmen. Die Aktie als Anteil an einem Unternehmen hat sich auch in der Krise als erstaunlich robust erwiesen. Daran dürfte sich auch in nächster Zeit nichts ändern. Neulich bin ich wieder einmal über einige historische Staatspapiere aus dem vorigen Jahrhundert gestolpert – diese wurden übrigens nicht zurückgezahlt.
Und zum Schluss noch ein Wort zum Hype um das Gold: Vor Hundert Jahren bekam man für 40 Feinunzen Gold ein schönes Automobil. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Christoph Scherbaum schreibt für dieboersenblogger.de, das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehnterlanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer und natürlich als Börsenfans. In ihrem Blog vertreten sie eine ganz simple Philosophie: Sie schreiben unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus, was sie zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken.