Wohin geht denn nun die Reise? - Bullen und Bären im großen Finale

Die Frage wie es für den Aktienmarkt weitergeht ist so schwierig zu beantworten, wie sie gleichermaßen auch trivial ist.
Das mag jetzt überraschen, aber tatsächlich reichen doch einige Aktienwerte aus, um gute Geschäfte zu machen. Generell steigende Kurse sind dafür nicht notwendig. Ich schrieb in der letzten Kolumne ja über das Spiel der Politik mit den Anlegern und dem neuen „Feindbild“ Spekulant.
Daran hat sich nichts geändert. Aber das Kräfteverhältnis innerhalb der Schar von Spekulanten hat sich doch etwas gewandelt. Denn die Bären scheinen vom andauernden Einschlagen der Politik auf die Märkte neue Kraft geschöpft zu haben. Waren bis vor kurzem Berichte über eine erneute Konjunkturdelle (Double Dip) eher rar gesät, findet man entsprechendes (nicht nur in den Medien) immer häufiger. Aber wenn man es recht betrachtet, ist das wohl doch zu sehr schwarz gesehen.
Die PIGS-Staaten werden überschätzt
Derzeit diskutiert man mit Wonne über die PIGS-Staaten. Nach Griechenland und Portugal ist jetzt eben Spanien dran. Dort sorgte die Verstaatlichung der CajaSur, einer kleinen Sparkasse, für reichlich Wirbel – also nicht nur in Spanien selbst, sondern auch an den Börsen in Europa und an der großen Wall Street. So als wenn die Welt von solch einem Institut abhinge.
Ich will den Zustand der spanischen Wirtschaft jetzt sicher nicht schön reden, aber dennoch hilft einem Schwarzmalen auch nicht weiter. Die Großbanken haben sich deutlich besser durch die Krise navigiert, was auf die sehr effektive Bankenaufsicht zurückzuführen ist. Ansonsten ist die Krise zwar auch in Spanien ökonomisch bemerkbar. Aber im Hinblick auf die Staatsschulden noch längst nicht so dramatisch wie in Griechenland, Deutschland (ja wir sind auch keine Musterknaben…) oder den USA.
Die Probleme liegen ganz woanders
Dabei sind auch hier die Probleme noch längst nicht so ernst wie in Asien - allen voran Japan. Dabei lasse ich die latente Kriegsgefahr in Korea jetzt mal als kurzfristiges Ereignis beiseite. Zurück zum Land des Lächelns. Eine überalternde Gesellschaft trifft hier auf eine seit Jahren stagnierende Wirtschaft. Trotz der räumlichen Nähe zum aufstrebenden China kann Japan nicht vom Boom im Reich der Mitte profitieren. Zu groß sind die Unterschiede, was Lohnkosten aber auch Entwicklungsleistungen angeht. Zudem hemmt die Geschichte noch immer eine (unbefangene) Zusammenarbeit. Somit orientieren sich beide Länder eher nach Europa bzw. in die USA. Das heißt aber, dass Japan als schwächstes Glied in der Kette wohl der Verlierer der nächsten Jahr(zehnt)e sein wird. Börsentechnisch wird Japan Stück für Stück seine Vormachtstellung in Asien zugunsten von Shanghai bzw. Hongkong verlieren. Daneben dürfte auch der ein oder andere frühere Tigerstaat wieder auferstehen. Nur will das noch so recht keiner wahrhaben.
Noch ein Wort zur Inflation…
Ganz Deutschland hat derzeit Angst vor einer steigenden Inflation. Dabei kann man derzeit noch halbwegs entspannt sein. Ernste Probleme treten trotz gigantischer Geldmengenausweitung meiner Meinung nach erst bei einem deutlich ansteigenden Ölpreis auf. Dann hat das umherziehende Geld endlich wieder einen attraktiven Markt gefunden. Ähnlich wie vor zwei Jahren sind dann Ölpreise im dreistelligen Dollarbereich nicht undenkbar. Das wiederum würde die Preise für fast alles nach oben schnellen lassen und die Inflation wäre so auch hierzulande wieder erreicht. Problematischer wird es dann für die EZB. Denn diese kann dann ihr Inflationsziel von 2 Prozent auch nur sehr schwer verteidigen, dazu sind die Instrumente nicht vorhanden. Auch das hat man ja vor zwei Jahren schon gesehen…
Anleger sollten also ihr Ding machen
So flapsig wie der Satz auch klingt, so wahr ist er auch. Das was hochtrabend immer als Stock-Picking bezeichnet wird, ist im aktuellen Marktumfeld überlebenswichtig. Gute Anlageideen gibt es in vielen Märkten und in vielen Regionen. Man muss sie nur finden und dann den Mut haben zu investieren. Denn frei nach Warren Buffet. "Der dümmste Grund eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie steigt“…
Christoph Scherbaum schreibt für dieboersenblogger.de, das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehnterlanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer und natürlich als Börsenfans. In ihrem Blog vertreten sie eine ganz simple Philosophie: Sie schreiben unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus, was sie zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken.