Victoria’s Secret: Reiz der Knappheit

Die Dessous-Marke Victoria’s Secret ist Kult. Junge Frauen und Männer folgen den Models sogar in sozialen Netzwerken und kaufen, was dort präsentiert wird. Aktionäre finden das anziehend.
von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Männer-Faktor, Sex, Leidenschaft, Intimität, Extravaganz. Wenn Marshal Cohen die fünf Worte nennt, schwärmt er nicht von seiner Freundin. Der Leiter der Unternehmensanalyse beim US-Marktforschungsunternehmen NDP Group spricht über ein "hoch soziales Ereignis", dessen Wirkung stets "wochenlang anhält": Die Victoria’s Secret Fashion Show ist der Höhepunkt der jährlichen Werbekampagne für die populäre Dessous-Marke von L Brands.
Die Show vor Beginn der umsatzstärksten Saison im Einzelhandel während der letzten sechs bis acht Wochen eines Jahres ist ein Großereignis - weil sie auch in den großen sozialen Netzwerken im Web stattfindet.
Models, die Unterwäsche von Victoria’s Secret und den weiteren Labels aus der L-Brands-Markenwelt tragen, haben bei Internetnetzwerken wie Twitter und Instagram "Zehntausende, wenn nicht sogar Millionen Nutzer, die ihnen folgen", sagt Sam Aldenton vom Markt- und Modeforscher WGSN. Das zahlt sich für L Brands aus. "Viele der Fans sind junge Frauen. BHs oder Bikinis, die von ihren Models getragen werden, wollen sie sofort haben." Lockangebote wie "fünf Slips für 30 Dollar" verstärkten die Nachfrage.
Begehrt ist Victoria’s Secret vor allem wegen außergewöhnlicher Wäscheartikel. Auf die Spitze getrieben wird der Kult um die Marke durch ein seit 1996 ausschließlich für die Show geschneidertes Unikat des Fantasy-BHs von Victoria’s Secret. Das Einzelstück für das Jahr 2000 ist mit einem Wert von 15 Millionen Dollar nach wie vor das teuerste jemals hergestellte Wäschestück.
"Es ist der größte Hype um eine Marke, den wir analysiert haben", beschreibt Werbeexperte Aldenton die Wirkung der Show.
Gegen den Branchentrend
Begonnen hat die Story von Victoria’s Secret im Jahr 1977, als Gründer Roy Raymond mit einem 40.000-Dollar-Bankkredit plus derselben Summe von seinen Schwiegereltern den ersten Laden eröffnete. "Ich wollte den Kauf von Dessous zu einem Erlebnis machen, bei dem sich Männer nicht schämen müssen", sagte der Absolvent der EliteUni Stanford. Im ersten Jahr erzielte der Unternehmer 500.000 Dollar Umsatz. Fünf Jahre später verkaufte Raymond die Marke samt vier Filialen für vier Millionen Dollar an Leslie Wexners Firmengruppe L Brands. Schon zwei Jahre später wurde Victoria’s Secret mit 500 Millionen Dollar bewertet. Anders als damals dürften Frauen heute den Großteil der Kundschaft ausmachen.Ein Ende des Kults ist nicht in Sicht - und für das Dessous-Label gelten auch keine Jahreszeiten. Während sich Kaufhäuser wie Macy’s und Boutiquen wie GAP über den zu milden Winter in dieser Saison ärgerten, klingelten in den Läden von Victoria’s Secret die Kassen.
Mit gut 2,4 Milliarden Dollar Umsatz während der fünf Wochen bis Anfang Januar, das sind neun Prozent mehr als im Vorjahr, war es der bisher beste Dezember. Seit 2009 hat der Gesamtumsatz der Firmengruppe um mehr als 50 Prozent auf über zwölf Milliarden Dollar zugelegt. Viel vom Flair der Dessous wird auch auf das zweite große Label des Konzerns übertragen: Bath & Body Works, die Marke für Kosmetik und Haushaltsdekoration, liegt bei den Wachstumsraten auf Augenhöhe mit Victoria’s Secret.
Das L im Namen der Firmengruppe aus Columbus, Ohio, steht für das englische "limited", frei übersetzt heißt das exklusiv. Kleinere Dessous-Marken wie La Sense und Pink ergänzen Victoria’s Secret. Schmuck und Ledertaschen verkauft die Modegruppe unter dem Label Henri Bendel. Passend zur Klientel ist die Marke in New York angesiedelt.
Netzwerke als Wachstumstreiber
In den Nischen des amerikanischen Modemarkts hat Branchenveteran Wexner früh auf die Macht sozialer Netzwerke gesetzt, um seine Marken populär zu machen. Heute zahlt sich diese Weitsicht aus. Das Familienunternehmen ist auf den wachsenden Wettbewerb durch Onlineanbieter gut vorbereitet. In den vergangenen sechs Jahren wuchs der Umsatz stabil, der Gewinn pro Aktie legte ebenfalls deutlich zu - jährlich um ein Fünftel.Anleger dürften auch diese inneren Werte ziemlich anziehend finden.
Investor-Info
L Brands
Exklusiv und attraktiv
Das Papier hat die jüngsten Kursturbulenzen gut überstanden. Gemessen am erwarteten jährlichen Gewinnwachstum von zehn Prozent bis 2018 ist die Aktie zwar nicht günstig. Das solide Geschäftsmodell und eine aktionärsfreundliche Politik bescheren den Anteilseignern aber unter anderem Sonderdividenden. So flossen zusätzlich zu den 2,1 Milliarden Dollar Dividende, die seit 2009 ausgeschüttet wurden, weitere 4,2 Milliarden an die Aktionäre. Langfristig attraktiv.Übrigens: US-Aktien sind bei finanzen.net ZERO sogar bis 23 Uhr handelbar (ohne Ordergebühren, zzgl. Spreads). Jetzt kostenlos Depot eröffnen und Neukunden-Bonus sichern!