Infrastruktur - Smart Grids

Investieren in die Energienetze der Zukunft

13.07.10 06:00 Uhr

Infrastrukturkonzerne rüsten mit Milliardenübernahmen und hohen Entwicklungsausgaben für die Energienetze der Zukunft. Diese sogenannten Smart Grids bieten auch Anlegern Hochspannung.

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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Am Ende war es Joe Hogan einfach zu teuer. „Wir bleiben bei unserem disziplinierten Ansatz“, begründete der Chef des Schweizer Industriekonzerns ABB den Rückzug aus dem Bietergefecht um den britischen Energietechnikspezialisten Chloride. US-Rivale Emerson Electric hatte die Schweizer deutlich überboten: Die Amerikaner zahlen rund 1,5 Milliarden Dollar für den vergleichsweise kleinen Anbieter von Systemen für unterbrechungs­freie Stromversorgung.

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ABB überboten, die Chloride-­Aktionäre beglückt: Rund 80 Prozent Prämie auf den letzten Kurs vor Beginn des Pokers zwischen den Industrieriesen hatte Emerson draufgelegt. „Ein kritischer Preis“, mäkelten nicht nur Analysten der Deutschen Bank. Offenbar hatte sich David Farr, der Vorstand des Konzerns, der wie ABB einen Gutteil seines Umsatzes mit Ausrüstung für Energienetze erwirtschaftet, von den Geschäftsaussichten der Briten verführen lassen.

Chloride ist eine bekannte Marke im wachsenden Markt für Sicherheitssysteme in der Energieinfrastruktur. Die Briten verfügen zudem über gute Kontakte zu Kunden aus dem Dienstleistungssektor, zu Hospitälern, Flughäfen oder Datenzentren. Daran war auch ABB-Chef Hogan ­interessiert, schließlich verkaufen Schweizer ihre Produkte vor allem an Energieversorger oder die Öl- und ­petrochemische Industrie.

Chloride war nicht die erste Übernahmeattacke im Bereich der sogenannten Smart Grids, die der weltweit führende Hersteller von Ener­gietechnik unternommen hat. Anfang Mai war ABB beim US-Un­ternehmen Ventyx erfolgreich. Die Schweizer zahlten rund eine Milliarde Dollar für den Anbieter von Systemen zur intelligenten Steuerung von Stromnetzen. Das Unternehmen stellt Software etwa für die Planung und Prognose des Strombedarfs oder zur Vorhersage von schwankenden Stromangebotsmengen her.

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Die Akquisitionen zeigen, dass bei den Konzernen das Thema Smart Grids herausragende Priorität hat. Anbieter wie ABB, Emerson oder Siemens investieren mit Zukäufen, aber auch mit hohen Entwicklungsausgaben in die Netztechnik der Zukunft.

Höhere Anforderungen machen dabei schlauere, weil leistungsfähigere Stromnetze unabdingbar. Denn zum einen steigt der Energiebedarf weltweit. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur IEA soll sich der Stromverbrauch bis zum Jahr 2035 in etwa verdoppeln. Zudem wird der Anteil der regenerativen Ener­gien beträchtlich steigen.

Doch was dem Klima nützt, ist für die Netze eine Last: Denn das Angebot an grünem Strom schwankt stark, Sonnenschein und Windkraft sind zudem nicht vorhersehbar. Das stresst die auf gleichmäßige Leistungsabgabe großer Kraftwerke ausgelegten Netze von heute – und führt im Extremfall zum Blackout.

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Überdies muss die Netzarchitektur grundlegend überarbeitet werden. Kohle- oder Nuklearkraftwerke stehen meist in der Nähe der Industriezentren. Künftig müssen hingegen große Mengen grünen Stroms über weite Strecken transportiert werden – etwa von den Offshore-Windparks der Nordsee in die In­dustriezentren Süddeutschlands.

Für die Infrastrukturanbieter birgt der Umbau der Netze große Umsatzchancen. Nach Schätzungen der IEA bietet der Markt in den kommenden Jahrzehnten ein Geschäftsvolumen von mehreren Billionen Dollar. Das mag sehr hoch gegriffen sein. Doch auch auf Basis konservativer Kalkulationen deutscher Topkonzerne hat das Geschäftsfeld große Attraktivität. „Der Markt wächst deutlich schneller als die klassische Stromnetzinfrastruktur“, sagt etwa Ralf Christian, Leiter der Sparte Energieverteilung bei Siemens.

Was Ingenieure dabei leisten, zeigen etwa Stromtrassen mit modernster Technik. Während herkömmliche Wechselstromleitungen rund 30 Prozent der Energie als Abwärme verbraten, bringen Stromautobahnen auf Gleichstrombasis (HGÜ) fast die gesamte Energie dorthin, wo sie benötigt wird. Konzerne wie ABB oder Siemens verbuchen damit bereits Milliardenaufträge vor allem in Ländern mit hohen Infrastrukturinvestitionen wie China oder Indien. HGÜ-Leitungen verbinden überdies die ersten Offshore-Parks in der Nordsee mit dem deutschen Festland.


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Auch das Management der Verteilernetze muss den neuen Anforderungen gewachsen sein. Deshalb investieren Netzbetreiber bereits in Transformatortechnologien, die Softwareschnittstellen aufweisen und sich damit auch später noch in komplexere Netzumgebungen integrieren lassen. Zudem rüsten sich immer mehr Unternehmen mit Speichertechnik oder Kleinstkraftwerken­ für kommende Zeiten, in denen Strom weniger gleichmäßig fließen könnte, als dies heute der Fall ist.

Intelligente Stromzähler, die kommunikationsfähig sind und etwa Tarif­daten der Versorger aufnehmen können, sind dabei ein Markt, der gerade in Fahrt kommt. Experten schätzen das globale Marktvolumen allein für dieses Segment auf über 100 Milliarden Dollar. Bereits Anfang kommenden Jahres fällt in der Europäischen Union nach dem Energiewirtschaftsgesetz der Startschuss für Strompreise, die je nach Tageszeit und Netzauslastung schwanken. Damit werden auch in Europa zunehmend Steuerungen in der Gebäudetechnik interessant, die Stromverbraucher dann einschalten, wenn der Strom günstig ist.

In den USA ist das Geschäft auch aufgrund staatlicher Förderung bereits in vollem Gange. Marktführer ist das Unternehmen Itron, das etwa die Hälfte des US-Markts abdeckt. Das Wachstum ist hoch. Allerdings droht wegen recht niedriger Marktzugangsbarrieren künftig verstärkt Konkurrenz. „Im Lauf des Jahres 2011 sind hier einige Börsengänge zu erwarten“, sagt Analyst Michael Horwitz von der US-Vermögensverwaltung Robert W. Baird.

Der Schutz gegen Stromausfälle ist jedoch ein Geschäftsfeld, das bereits jetzt weit entwickelt ist. Schließlich müssen heute schon viele Unternehmen ihre Produktionsprozesse oder IT-Strukturen vor Blackouts schützen. Instabilere Netzumgebungen dürften diesen Trend künftig weiter verstärken. „Das Wachstum beträgt heute acht bis 15 Prozent pro Jahr. Das ist ein Zukunftsmarkt“, sagt Volker Stoll, Infrastruktur­experte bei der Landesbank Baden-Württemberg.

Gegen die kleine Chloride ist Schneider Electric ein Gigant auf diesem Feld. Vorstandschef Jean-Pascal Tricoire bewies früh einen guten Riecher für künftiges Wachstum. Mit der Übernahme des US-Unternehmens APC investierte Schneider bereits vor drei Jahren in die unter­brechungsfreie Stromversorgung. Inzwischen haben die Franzosen mit intelligenten Stromzählern ihre Smart-Grid-Palette abgerundet.

Kerngeschäft ist die haushaltsnahe Niederspannungstechnik sowie die Energieverteilung, also etwa Transformatorenstationen. Soeben übernahm Schneider das Stromverteilungsgeschäft des Atomkonzerns Areva. Günstig, dass der Deal bereits 2009 ausgehandelt wurde. „Das Geschäft wurde zu guten Konditionen abgeschlossen“, sagt Rossen Koev, Analyst bei Independent Research. Mit der Areva-Sparte hat Schneider die Schweizer ABB als Weltmarktführer in der Verteilungstechnik eingeholt.

In den USA haben sich unter­dessen zahlreiche Unternehmen auf Dienstleistungen zur Steuerung der Stromnachfrage spezialisiert. Sie funktionieren als Mittler zwischen kommerziellen Energiekunden und den Energielieferanten. Die Bostoner Enernoc etwa betreibt eine Art intelligenten Netzknoten. Hier bündelt das Unternehmen die Nachfrage seiner Kunden und bietet neben Strom auch Energieeinspar- sowie Emissionsanalysen.

Die Nachfrage nach solchen Bündelungsdiensten ist groß. Ende 2008 managte Enernoc rund zwei Gigawatt Stromnachfrage, im März waren es 4,3 Gigawatt. Das Unternehmen ist damit einer der größten Spieler auf dem schnell wachsenden Markt. Erst etwa drei Prozent der geschätzt bis zu 140 Gigawatt umfassenden Nachfrage in den USA sind Analysten zufolge erschlossen.

ABB-Chef Hogans Suche nach Übernahmezielen geht somit weiter – und wird nicht einfacher. Die Vielfalt der Technologien und Unternehmen ist zwar groß. „Infrage kommen Unternehmen aus sehr vielen Feldern des Smart Grid“, sagt LBBW-Analyst Stoll. Doch die Preise steigen wohl weiter. Und gewiss wird Hogan keine Preisabenteuer eingehen wie sein ­Rivale im Chloride-Poker.

Investor-Info

Schneider Electric
Schlaue Franzosen
Der Konzern hat eine weltweite Topposition im Bereich Stromverteilung und Smart Grids. Das Unternehmen ist der Bank Exane BNP Paribas zufolge einer der größten Profiteure der Euroschwäche in der Branche. Die Franzosen werden laut Schätzungen 2011 ihren Umsatz um rund zehn Prozent auf knapp 19 Milliarden Euro steigern, der Gewinn soll um gut 20 Prozent zulegen. Attraktive Dividendenrendite von über drei Prozent. Solider Wert.

Enernoc
Knoten geplatzt
Das Unternehmen ist Vermittler zwischen Energienachfragern und Versorgern und bietet attraktive Zusatzdienste. Enernoc hat eine starke Marktposition und wächst schnell. Im ersten Quartal waren es über 50 Prozent Umsatzplus auf rund 28 Millionen Dollar. Zwar schreibt Enernoc noch hohe Verluste, der Cashflow ist aber schon positiv. Analysten gehen für 2010 von Gewinnen in Höhe von rund 14 Millionen und einem Umsatz von rund 280 Millionen Dollar aus. Sehr spekulativ.

Itron
Smarter messen
Der US-Marktführer bei intelligenten Stromzählern wird 2010 geschätzt auf gut zwei Milliarden Dollar Umsatz kommen. Die operative Marge liegt bei rund acht Prozent, kann aber mittelfristig aufgrund stärkerer Konkurrenz und Preisdrucks sinken. Das Umsatzwachstum beträgt Schätzungen zufolge 2011 etwa sieben Prozent, das Plus beim Gewinn knapp 20 Prozent. Die Bewertung ist daran gemessen moderat. Spekulativ.

Fonds und Zertis
Investments in Smart Grids
Die Bank Vontobel bietet ein Zertifikat auf den SBOX-Smart-Grid-Index der Börse Stutt­gart an (ISIN: DE000VT0DSG4). Im Index sind 15 Werte aus dem ­Bereich, laut Vontobel wird die gesamte Wertschöpfungskette der Smart Grids abgedeckt. Von den Schweizer Experten für Nachhaltigkeitsanlagen, der Sustainable Asset Management (SAM), gibt es einen Fonds, der breit aufgestellt in den Energiemarkt der Zukunft investiert. Der Smart Energy Fund (LU0199356550) setzt auf Infrastrukturanbieter, aber auch auf Solarwerte, Windkraftunternehmen und Konzerne aus den Bereichen Erdgas oder ­Bioenergie. Erhältlich ist auch eine Variante, die in Schweizer Franken notiert (LU0267923984).

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