Der „Innere Markt bleibt angeschlagen“

Liebe Leserinnen und Leser, die hinter uns liegende Handelswoche hatte es in sich!
Keine Spur mehr von Langeweile, sowohl die Bullen als auch die Bären mussten schwere Schläge einstecken!
Doch trotz der voreiligen und durchweg in Moll gehaltenen Kommentare der Medien in den vergangenen Tagen und dem Freudensprung der Indizes am Donnerstag Nachmittag wegen des überraschend positiven US-BIP, ist das Ergebnis dieses Schlagabtausches noch längst keine ausgemachte Sache! Ganz im Gegenteil haben beide Lager gute strategische Argumente, wenn auch der von mir favorisierte Ansatz des „Inneren Marktes“ den Bären einen leichten mittelfristigen Vorteil einräumt.
Die Bären brüllten in den vergangenen Tagen teils recht laut, ich bin mir aber nicht sicher, ob sie nicht voreilig brüllen. Ein wichtiges Argument der DAX –Bullen z.B. ist der verteidigte Unterstützungsbereich bei etwa 5.500 Punkten. Noch mehr aber die Tatsache, dass sich nach dem Bruch des mittelfristigen Aufwärtstrends der Index wieder in diesen zurückmogelte und mithin einen falschen Ausbruch zeigte. Wer aus diesem Grunde Positionen leer verkaufte wurde auf dem falschen Fuß erwischt und zum eindecken gezwungen, was im späten Handel am Donnerstag die Kurse mächtig anschob.
Aktien rauf, Dollar runter und umgekehrt
Wie gewohnt will ich Sie hier aber nicht mit den äußeren und subjektiven Argumenten der Charttechnik quälen, sondern Ihren Blick auf den „inneren Markt“ lenken!
Denn ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die nachgereichten Begründungen der Bankanalysten über die Ursachen der Gewinnmitnahmen keinem Menschen weiterhelfen. Vergessen Sie daher gleich die „plötzlich schlechter werdende Nachrichtenlage“ etc., denn es gab in den letzten 14 Tagen genauso viele gute wie schlechte Nachrichten! Die wichtigsten Gründe für den nach wie vor bestehenden Aufwärtstrend sehe ich im Treiben der widererstarkten Hedgefonds, die gegen den US-Dollar wetten, bzw. diese Währung als Vehikel für ihre „Carry-Trades“ gebrauchen. Es ist kein Zufall, dass die Anstiege fast aller Vermögensklassen, nicht nur Öl und Edelmetalle, gegen den Dollar negativ korreliert sind. In diesem zerbrechlichen Gefüge ereigneten sich bisher alle Gewinnmitnahmen der vergangenen Monate, wenn auch der letzte Mohikaner davon überzeugt war, der Dollar würde sich niemals mehr gegen die Hauptwährungen erholen! Es ist völlig normal, dass Börsen zwischen einem überkauften und einem überverkauften Zustand pendeln. Ebenso alltäglich ist es, dass sich Rückschläge dann ereignen, wenn die Masse nicht mehr damit rechnet.

Der Kapitalabfluss verstärkt sich
Meiner Meinung nach liegen die Gründe ganz „einfach“ im inneren Markt, der seit etwa zwei Wochen konstant unter Mittelabflüssen leidet.
Diesen Kapitalabfluss erkennen Sie gut im nachfolgend abgebildeten Bullish Percent Chart, der in den letzten Tagen stark verloren hat und nun wieder in einer O-Spalte notiert, die den Angebotsüberschuss verdeutlicht. Der Chart stellt dar, wie viel Prozent aller an der NYSE gehandelten Aktien auf einem objektiven Kaufsignal der P & F Technik handeln.
Es ist wichtig zu beachten und zu verstehen, dass sich größere Verwerfungen bereits recht früh in der Masse der Aktien zeigen und bevor man sie in den nach wenigen Kriterien zusammengestauchten Indizes erkennen kann!
Während der vergangenen Wochen notierten mehr als 80 % der Aktien auf einem Kaufsignal, was einem sehr positiven, aber auch ungewöhnlich überhitzten Marktzustand entspricht. Bitte beachten Sie, wie selten der Markt in den vergangenen zehn Jahren einen derartigen Zustand erreichte. Falls sich nun in den nächsten Tagen die rechte O-Spalte nach unten fortbewegen und die kritische 70 %- Marke unterschreiten sollte, steht uns mit großer Sicherheit eine heftige Korrektur bevor. Egal wie prächtig die Stimmung an den Börsen gerade sein mag, oder wie viel Liquidität noch auf Anlage wartet: Ein Bullish Percent Indikator in einer O-Spalte, vor allem auf dem gegenwärtig hohen Niveau, sollte einen umsichtigen Anleger immer zu erhöhter Vorsicht mahnen! Denn in aller erster Instanz ist dieser wertvolle Indikator ein Medium, welches Ihnen den Risikozustand des breiten Aktienmarktes vergegenwärtigen soll. Es handelt sich hierbei nicht um ein Timing-Instrument, welches aber Ihre Gegner im Haifischbecken der Börse selbstverständlich auch nicht besitzen!
Fragezeichen trotz der jüngsten Erholung
Das offizielle Ende der schärfsten Rezession in den USA seit 1947 (Beginn der Quartals-Statistik) hat eine starke Erholung ausgelöst und viele „Shorties“ zum eindecken gezwungen.
Immerhin wuchs das US-BIP im dritten Quartal des Jahres um 3,5 % und übertraf die Erwartungen der Analysten deutlich. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob es sich hierbei nur um eine technische Reaktion auf die Verluste der Vortage, oder um die Weiterführung des Aufwärtstrends handelt. Diese Frage zu beantworten, wäre reine Kaffeesatzleserei.
Trotzdem will ich Ihnen noch zwei für mich sehr wichtige Argumente mit auf den Weg geben. Eines davon ist der Prozentsatz der Aktien der NYSE, die wieder unter ihre gleitenden 50-Tage-Durchschnitte fallen. Leider tauchen momentan immer mehr Aktien unter ihre von vielen Vermögensverwaltern sorgfältig beachtete 50-Tage-Linie! Die Qualität der „Marktbreite“ nimmt also ab, was kein gutes Zeichen ist. Dies zeigt sich auch in einigen der wichtigsten Industriesektoren, die bereits unter ihre 50-Tage-Linie gefallen sind.
Dieser Indikator ist viel sensibler als der „Bullish Percent“, und kann auch schnell wieder drehen, da nicht absehbar ist, wie viel Liquidität noch an der Seitenlinie auf Anlage wartet. Aus diesem Grunde erinnert mich die gegenwärtige Hausse an die Jahre 1981 und 2004, als die Aktienmärkte ebenfalls sehr lange in überkauften Zuständen verharrten.

Die Vola hat den Ausbruch nicht geschafft
Leider gibt es natürlich keine einfachen Rezepte, um die natürlichen Schwankungen der Märkte in den Griff zu bekommen. Z.B. sollten die von mir hier geschilderten Indikatoren immer im Kontext der Volatilität der Märkte gesehen werden. Diese Schwankung drückt sich im hier gezeigten „VIX“ aus, den ich gerne als die „Panikglocke“ der Märkte bezeichne!
Seit fast einem Jahr verringert sich die Volatilität in den Märkten kontinuierlich und nähert sich dem Durchschnittswert von etwa 22 % an. Sehr schön erkennen Sie dies am abgebildeten Chart, vor allem an den langen fallenden O-Spalten, die von den steigenden X-Spalten nur kurz abgelöst werden. Beachtenswert ist auch, wie elegant die fallende „bärische Widerstandslinie“ die Auswüchse der Vola begrenzt. Solange die Vola keinen Ausbruch über diese Widerstandslinie schafft, bleibt die negative Aussagekraft des BPI eingeschränkt und Sie als Investor können relativ entspannt bleiben. Aber Vorsicht: Die Vola hat den Sprung über ihre sehr wichtige 50-Tage-Linie geschafft! Dies ist ein Zeíchen dafür, dass noch weitere Überraschungen in den nächsten Tagen folgen könnten! Falls in den kommenden Handelstagen aber der Ausbruch der Vola gelingt und gleichzeitig der „Bullish Percent“ in einer O-Spalte verharrt, ist große Vorsicht angebracht. Dann hätten die Bären eindeutig den Ball in ihrem Spielfeld und ich würde Positionen nicht nur absichern, sondern radikal abbauen. Denn schließlich gibt es Marktphasen, in denen die Investoren punkten, und Phasen, in denen der Markt Punkte gegen Sie als Anleger macht. Durch diese verschiedenen Marktzustände führt Sie die Philosophie der Point & Figure Charts relativ sicher, worüber ich Sie diesbezüglich auch gerne mit meinem Newsletter informiere!
Ich wünsche ihnen ein entspanntes Wochenende und viel Erfolg mit Ihren Engagements!
Klaus Buhl verfügt über langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung und betreibt die Seite www.kb-assets.de, die vor allem Tipps für die Kombination von Absolut-Return-Strategien und vermögensverwaltenden Konzepten gibt!
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