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Zinsanstieg ruft die Bären auf den Plan

21.01.11 11:43 Uhr

Zinsanstieg ruft die Bären auf den Plan | finanzen.net

Nun wird es aber richtig spannend.

Nach einer der längsten Serie von positiven Handelstagen in Folge ohne nennenswerte Korrektur an der US-Leitbörse haben nun die Bären die Chance, das Heft in die Hand zu nehmen. Es sieht danach aus, als ob die seit etwa 10 Handelstagen andauernde Umverteilungsphase nun in eine Korrektur mündet. Da es völlig normal ist, dass sich an den Börsen überkaufte und überverkaufte Marktzustände abwechseln, wäre es keine Überraschung, wenn die beschriebene extrem lange Gewinnserie sich nun ihrem Ende nähert. Gemäß meinen Statistiken wurden vergleichbare Situationen mit durchschnittlichen Kursverlusten von etwa sieben Prozent in den folgenden beiden Monaten beantwortet. Dies wäre nach der seit September 2010 währenden sehr festen Börsenverfassung auch kein Beinbruch. Allerdings bleibt es schwierig, den genauen Zeitpunkt des Korrekturbeginns ohne Glaskugel vorherzusagen. Daher habe ich hier bereits in den vergangenen beiden Wochen auf die fortschreitende Verschlechterung des inneren Marktes und das durch diese Divergenz erhöhte Risiko hingewiesen.

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Für den mit den US-Börsen hochkorrelierten DAX bedeutet dies ebenfalls, dass sich die Käufer auf einem unsicheren Terrain bewegen. Noch verläuft hier die Korrektur in sehr geordneten Bahnen, doch ich würde mich nicht wundern, wenn wir in der kommenden Woche deutlich unter die Marke von 7.000 Punkten rutschen würden. Kurse bis etwa 6.700 wären kein charttechnischer Beinbruch und würden wieder neue Käufer anlocken. Denn ein wenig Kraft sollte der DAX noch sammeln für seinen von mir erwarteten Gipfelsturm bei knapp über 8.000 Punkten in diesem Jahr! Zuerst müssen aber noch ein paar komplett sorglose Investment-Schafe herausgeschüttelt werden.

Korrektur ante Portas

Neben den seit einigen Handelstagen zu beobachtenden

Kapitalabflüssen in vielen Sektoren, die bisher die Indizes von außen betrachtet nur wenig unter Druck setzten, bleibt das positive Sentiment eine Bürde für die Haussiers. Denn mittlerweile stehen z.B. bei den Autoren von US-Börsenbriefen einem Bären drei Bullen gegenüber, was einem seltenen Extremwert entspricht und seit dem Frühjahr 2007 nicht mehr erreicht wurde. Schwerer als die ungünstige Sentimentanalyse wiegt die gestrige Zinsstraffung der chinesischen Notenbank. Diese beweist, dass es auch im Zeitalter des „Gelddruckens“ der westlichen Zentralbanken nach wie vor Notenbanken gibt, die ihre ureigene Aufgabe der Erhaltung der Geldwertstabilität ernst nehmen. Der Zinsschritt ist ein deutliches Zeichen und trägt dazu bei, die reale Verzinsung zu erhöhen. Dies wiederum ist Gift für die Edelmetalle und den Minensektor, der vor allem in Zeiten mit negativer realer Verzinsung haussiert. Auf die anhaltende Schwäche der Minen habe ich ja bereits in der vergangenen Woche hier hingewiesen. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass die Papiere des Edelmetallsektors, aber auch physisches Gold, Silber, Platin und Palladium mindestens vor einer Korrektur stehen. Vielleicht sogar, bis die nächste Runde der Verschuldungskrise alsbald wieder die Anleger in die Edelmetalle treibt.

Die vorlaufenden Nebenwerte schwächeln bereits

Natürlich kommt es an der Börse nicht darauf an, was ich oder Sie über die Kursentwicklung denken. Es ist entscheidend zu ahnen, wohin die Masse der Anleger demnächst rennt. Die oben genannten Gründe und auch der schnelle Zinsanstieg könnten sich als Steilvorlagen für das Smart Money erweisen, das Risiko zu verringern und die erzielten Gewinne mitzunehmen. Da aber umgekehrt nach wie vor späte Anleger dem Zug nachlaufen, könnte die Umverteilungsphase noch einige Tage andauern, bis die Korrektur sich verstärkt. Aktuell kämpfen wichtige Indizes mit ihren 50-Tage-Linien. Sollten diese unterschritten werden, wird die Verkaufsseite sicherlich an Stärke gewinnen, da viele große Anleger niemals entgegen der 50-Tage-Linie investieren. So ist z.B. der wichtige und sehr zyklische Russell Index der Nebenwerte und auch der Transportindex unter seine fallende 50-er-Linie gefallen. Dies ist ein sehr deutlicher Warnschuss. An der Nasdaq und beim S & P 500 sieht es noch besser aus, obwohl dort gestern die Kurse ebenfalls mit ihren gleitenden Durchschnitten kämpften.

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Wie Sie an der rechten Spalte erkennen, ist der P & F Chart der US-Nebenwerte, die den großen Indizes häufig vorauseilen, noch nicht im Korrekturmodus, zeigt aber den aktuellen Angebotsüberschuss in Form der O-Spalte. Ebenfalls konnte das Verlaufshoch bei 805 Punkten nicht von den Bullen verteidigt werden. Dort bildete sich ein charttechnischer Fehlausbruch, der meist ein zuverlässiges Verkaufssignal ist. Ungemütlich wird es aber erst unterhalb des jetzigen Niveaus von 780, welches relativ gut unterstützt ist. Dort würde sich auch das klassische Verkaufssignal der P & F Technik bilden, da dann die aktuelle O-Spalte unter die vorhergehende rutscht. Ich tippe darauf, dass die Fahnenstange, die sich insbesondere ab dem Oktober (Buchstabe B) bildete, nun bis 750 korrigiert wird. Dies wäre charttechnisch keine Katastrophe, aber eine Warnung auch für die etablierten Aktien. Denn die Nebenwerte gelten weltweit als sehr konjunktursensibel und sind übrigens auch mit dem DAX hoch korreliert. Vola auf dem Sprung

Ein weiterer Indikator des inneren Marktes, den ich stets gut im Auge behalten würde, ist die Volatilität, also der jeweilige Risikozustand des Marktes. Den Index der Volatilität nenne ich daher auch gerne die Panikglocke, da Kursverluste immer mit einem Anstieg der Vola einhergehen. Noch hat die Glocke nicht deutlich geläutert, setzt aber wie andere wichtige Indikatoren und Bausteine des Puzzels ein Ausrufezeichen. Ich würde natürlich niemals so weit gehen zu behaupten, dass das alte Bonmot, das an der Börse nicht geläutet wird, nicht korrekt wäre. Doch es gibt gewisse Instrumentarien, die es uns privaten Anlegern erleichtern, auch mal „mit den großen Hunden pinkeln zu gehen“. Der Indikator der Volatilität gehört ohne Zweifel dazu.

Doch sehen Sie selbst.

Seit dem vergangenen Mai (Ziffer 5) weicht die Schwankung aus dem S & P wie die Luft aus einem alten Luftballon. Um den Jahreswechsel wurden die außergewöhnlich geringen Tiefs getestet, die bereits kurz vor der Verschärfung der Eurokrise im Frühjahr gültig waren. Mustergültig testete die Vola mehrfach die fallende bärische Widerstandslinie, konnte diese aber nicht ernsthaft angreifen. Doch nun ergibt sich eine neue Chance für die Bären, bzw. die Verkaufsseite. Gestern bildete sich ein Kaufsignal, da sich die aktuelle X-Säule über die vorhergehende schob. Die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Ansteigen der Vola, höhere Nervosität und Unruhe im Markt, ist dadurch stark gestiegen. Bitte bedenken Sie auch, dass das aktuelle Niveau der Vola historisch betrachtet ungewöhnlich gering ist und daher bestimmt bald korrigiert wird. Nun aber wünsche ich ihnen ein schönes Wochenende und viel Glück mit Ihren Positionen.

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Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.