Ökonomen-Stimmen zum Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas

27.10.25 12:02 Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - In der deutschen Wirtschaft besteht angesichts einer verbesserten Stimmung in den Führungsetagen der Unternehmen weiter Hoffnung auf eine Konjunkturbelebung. Im Oktober stieg das Ifo-Geschäftsklima um 0,7 Punkte auf 88,4 Punkte, wie das Münchner Forschungsinstitut am Montag mitteilt. Das ist mehr als von Analysten erwartet. Allerdings konnte das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer den Stimmungsdämpfer vom September damit nur teilweise wettmachen. Die rund 9.000 befragten Unternehmen haben die aktuelle Lage erneut schlechter eingeschätzt als im Vormonat.

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Die Einschätzungen von Ökonomen zum Ifo-Geschäftsklima im Überblick:

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank

"Ab Anfang nächsten Jahres dürfte das Fiskalpaket die Konjunktur anschieben. Das lässt sich bei einem Fiskalimpuls von fast einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts kaum vermeiden. Allerdings dürfte sich das höhere Wachstum wegen fehlender Reformen eher als Strohfeuer erweisen."

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank

"Die Verbesserung der Stimmung ist der Vorschatten der Konjunkturimpulse, die im nächsten Jahr durch höhere Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung erwartet werden. Sie hat jedoch wenig zu tun mit den langfristigen Beobachtungen, dass Wachstum, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland immer schwächer werden und damit langfristig den Wohlstand gefährden."

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Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING Bank

"Deutschland hat aufgrund langfristiger Unterinvestitionen, einer Portion Naivität und Arroganz sowie Chinas Aufstieg vom Exportland zum Systemrivalen an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die aktuellen Befürchtungen vor Produktionsstopps in der deutschen Automobilindustrie aufgrund chinesischer Exportkontrollen für Mikrochips erinnern nur allzu oft daran, dass die deutsche Industrie nicht mehr die Spielregeln diktiert. Ein weiterer Grund für die verschlechterte Stimmung in Deutschland ist die Innenpolitik. Die Hoffnung, dass eine neue Regierung und fiskalische Impulse die Wirtschaft endlich aus ihrer anhaltenden Stagnation befreien würden, scheint verflogen zu sein."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank

"Die Aussichten auf höhere öffentliche Ausgaben tragen zur besseren Stimmung bei. Die verbesserten Aussichten dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass die Regierung willens ist, sich für die Belange der Unternehmen einzusetzen. Die Verbesserung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viele Betriebe schwierig bleibt. Gerade deshalb ist der Aufwärtstrend des Ifo-Geschäftsklimaindex lediglich ein zarter. Handelskonflikte und der Strukturwandel in der Automobilindustrie bleiben ein grundsätzlicher Belastungsfaktor für die deutsche Wirtschaft."

Claus Niegsch, Analyst bei der DZ Bank

"Trotz des heutigen Anstiegs beim Ifo-Geschäftsklimaindikator ist die deutsche Wirtschaft noch weit von einer Erholung entfernt. Die Unternehmensstimmung hat sich aufgrund besserer Erwartungen zwar leicht gegenüber dem Vormonat verbessert, das Geschäftsklima-Niveau bleibt aber weiterhin niedrig - die Geschäftslageeinschätzung gab sogar nach. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft leidet weiter unter der erratischen US-Außenhandelspolitik. Zudem dürften die positiven Auswirkungen der Fiskalpakete zu Infrastruktur und Verteidigung auf sich warten lassen."

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Marc Schattenberg, Analyst der Deutschen Bank

"Das Ifo-Geschäftsklima hellt sich im Oktober etwas deutlicher auf als erwartet, dank eines spürbaren Anstiegs der Geschäftserwartungen. Demnach könnte die Konjunktur im Schlussquartal zumindest wieder leicht anziehen, was vergangene Woche auch der Einkaufsmanagerindex signalisierte. Ein Wehrmutstropfen ist die leichte Eintrübung der Lagebeurteilung. Abgesehen von einem kleinen Zwischenhoch im Sommer hat sie sich seit Jahresbeginn kaum verbessert."

Jens-Oliver Niklasch, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg

"Der Anstieg ist natürlich erfreulich. Allerdings fällt es nicht ganz leicht, die Zuversicht auf eine Wende zum Besseren zu teilen, denn die jüngsten Zahlen aus der Wirtschaft waren ja überwiegend unerfreulich. Zu den bereits bekannten Belastungsfaktoren ist in diesem Monat zudem das Problem der Verfügbarkeit von Mikrochips getreten. Die erhofft positiven Wirkungen des Sondervermögens werden auch immer nebulöser. Das Argument, dass es um die hiesige Wirtschaft bereits so schlecht bestellt ist, dass es nur noch besser werden kann, sticht nicht: Schlimmer geht bekanntlich immer."

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