Ökonomen zum Anstieg der Inflation in Deutschland
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Teuerungsrate in Deutschland ist mit 2,4 Prozent im September auf den höchsten Stand im laufenden Jahr gestiegen. Das teilte das Statistische Bundesamt auf Basis vorläufiger Zahlen mit. Im August hatte die Inflationsrate zum ersten Mal in diesem Jahr angezogen: Die Verbraucherpreise lagen um 2,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die Europäische Zentralbank strebt für den gesamten Währungsraum auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von zwei Prozent an.
Einschätzungen von Ökonomen zur Preisentwicklung im Überblick:
Ralph Solveen, Volkswirt bei der Commerzbank
"Zwar spricht der inzwischen schwächere Anstieg der Lohnkosten dafür, dass sich der Preisauftrieb insbesondere bei den Dienstleistungen abschwächen wird. Die Entwicklung der vergangenen Monate ist aber ein Warnzeichen, dass Faktoren wie die ungünstige Demographie oder die Kosten der Dekarbonisierung die Verbraucherpreise schon jetzt stärker anschieben als allgemein gedacht. Sollte sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten wie von uns erwartet wegen der Zinssenkungen der EZB und der deutlich expansiven Finanzpolitik beleben, besteht die Gefahr, dass sich die unterliegende Teuerung weiterhin deutlich über dem EZB-Ziel halten wird."
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank
"Die EZB kann sich derzeit in ihrer geldpolitischen Ausrichtung bestätigt fühlen. Die europäischen Währungshüter stützen mit ihren vollstreckten Zinssenkungen die Konjunktur. Auf der anderen Seite signalisiert die Notenbank, dass es zu keinen weiteren Zinssenkungen kommen wird. Dazu ist der Preisauftrieb von Dienstleistungspreisen zu stark. Die europäischen Währungshüter sind im derzeitigen Umfeld mit ihrer Geldpolitik gut aufgestellt."
Michael Heise, Chefvolkswirt bei HQ Trust
"Ein Rückgang der Inflationsrate unter 2 Prozent ist bis zum Jahresende nicht absehbar. Die deutlichen Preisniveausteigerungen lassen keine starke Zunahme der realen Konsumnachfrage im letzten Quartal erwarten. Der Anstieg des Preisniveaus in der größten Volkswirtschaft im Euroraum kommt nicht unerwartet. Eine Zinssenkung der EZB Ende Oktober ist auch aufgrund der deutschen Inflationsdaten sehr unwahrscheinlich geworden."
Ulrich Wortberg, Volkswirt bei der Helaba
"Im September sind die Preise gestiegen und entsprechend legt auch die Jahresrate zu. Dabei wurde die Konsensschätzung leicht übertroffen. Auch die Kerninflation fällt mit 2,8 Prozent etwas höher aus als erwartet. In anderen europäischen Ländern kam es ebenfalls zu höheren Inflationsraten, sodass es für die Währungshüter keinen Grund gibt, von ihrer abwartenden Haltung bezüglich weiterer Zinssenkungen Abstand zu nehmen. Die Zinssenkungserwartungen dürften von den Preiszahlen tendenziell gedämpft werden."
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