Politiker warnen vor zunehmendem Einsatz russischer 'Einweg-Agenten'
BERLIN (dpa-AFX) - Sicherheitspolitiker aus Regierung und Opposition warnen vor dem verstärkten Einsatz russischer Agenten in Deutschland und fordern eine bessere Abwehr hybrider Bedrohungen. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte der "Rheinischen Post": "Längst spielen sogenannte "Wegwerf- oder auch Single-Use-Agenten" bei ganz verschiedenen russischen Operationen eine entscheidende Rolle." Geheimdienste werben dabei Menschen ohne geheimdienstliche Ausbildung gegen Bezahlung etwa für Sabotageaktionen an. Dass diese oft dabei auffliegen, ist Teil des Kalküls.
"Leider nehmen viele noch immer nicht wahr, wie ernst die Lage ist. Im Kanzleramt hat man sich jahrelang die Situation schöngeredet und die Bedrohung nicht wahrhaben wollen", sagte Notz dem "Spiegel". "Sabotage, Cyberangriffe, das Ausspähen von Militäranlagen und kritischer Infrastruktur durch Drohnen - all das findet fast täglich in Deutschland statt." Notz, derzeit noch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, fordert eine Reform der Spionageabwehr und bessere Abstimmung der Behörden.
Verfassungsschutzpräsident sieht langfristige Verschärfung der Lage
CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter zufolge reagiert Deutschland nicht ausreichend auf die russischen hybriden Angriffe, die verstärkt mit den sogenannten Low-Level-Agents durchgeführt würden. Diese zielten insbesondere auf militärisch relevante und kritische Infrastruktur ab. "Da bislang keine nennenswerten Maßnahmen oder Reaktionen aus Deutschland erfolgt sind, hat Russland bislang nichts zu befürchten, sondern stärkt sich de facto durch unsere Schwäche", sagte er der "Rheinischen Post".
Der Vizepräsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, bestätigt in der "Rheinischen Post" ein immer ausgeklügelteres Vorgehen russischer Dienste. "Wir erleben eine fortlaufende Lageverschärfung in diesem Bereich. Das ist nichts, was wir in den letzten Monaten beobachten, sondern seit Jahren entwickelt sich dieser Konflikt in diese Richtung weiter", sagte er.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, forderte eine bessere Vorbereitung auf Russlands hybride Kriegsführung. "Russland testet massiv unsere Schwachstellen aus und versucht sehr gezielt, Infrastruktur auszuspähen", sagte Wiese der "Rheinischen Post. "Ich kann nur raten, dieses Vorgehen der russischen Seite sehr ernst zu nehmen."/cpe/DP/zb