ProSiebenSat.1: Der italienische Umbau beginnt
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MediaForEurope macht nach der Übernahme von ProSiebenSat.1 ernst und krempelt die Führungsetage komplett um. Die Anleger stimmen mit den Füßen ab – der Kurs ist seit dem Übernahmehoch um mehr als 30 Prozent eingebrochen.
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Die Machtübernahme bei ProSiebenSat.1 durch den italienischen Mehrheitsaktionär MediaForEurope nimmt konkrete Formen an - und sie kommt einer Radikalkur gleich. Mit Marco Giordani, langjähriger Finanzchef und rechte Hand von MFE-CEO Pier Silvio Berlusconi, übernimmt ein Mann mit klarem Auftrag die Spitze des deutschen Medienkonzerns. Der 63-jährige Manager soll den Turnaround beschleunigen und ProSieben von Altlasten befreien. Das bedeutet vor allem: Trennung von E-Commerce- und Online-Dating-Geschäften, um die Schuldenlast zu reduzieren und den Fokus wieder auf das Kerngeschäft zu lenken.
Der personelle Kahlschlag ist bemerkenswert. Nicht nur Vorstandschef Bert Habets muss seinen Platz räumen, auch Finanzvorstand Martin Mildner und COO Markus Breitenecker verlassen das Unternehmen - obwohl Mildners Vertrag erst im September bis 2029 verlängert worden war. Als Interims-CFO kommt Bob Rajan von der US-Beratung Alvarez & Marsal, die Rolle des COO wird auf Vorstandsebene nicht mehr besetzt. Die Botschaft ist eindeutig: MFE will schnell und rigoros umbauen, mit eigenen Leuten und ohne Rücksicht auf bestehende Strukturen.
Die strategische Stoßrichtung ist nachvollziehbar. MFE, das Fernsehgeschäfte in Italien und Spanien betreibt, will eine europäische werbefinanzierte TV-Gruppe schaffen, um gegen US-Streaming-Giganten wie Netflix und YouTube bestehen zu können. Der Zeitpunkt könnte allerdings kaum ungünstiger sein. Das Werbeumfeld im deutschsprachigen Raum bleibt schwach, wie die gekappte Jahresprognose deutlich macht. Statt der ursprünglich anvisierten 3,85 Mrd. Euro Umsatz erwartet ProSieben nun nur noch 3,65 bis 3,80 Mrd. Euro. Das bereinigte EBITDA wird auf 420 bis 470 Mio. Euro taxiert - nach zuvor 520 Mio. Euro.
Die Entertainment-Werbeeinnahmen dürften im dritten Quartal im mittleren einstelligen Prozentbereich zurückgehen, im vierten Quartal ist ein leichter Rückgang zu erwarten. Das Management spricht von einer „zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Lage" und enttäuschenden Indikationen für September und Oktober. In diesem Umfeld von fundamentaler Stärke und Synergieeffekten zu sprechen, wie MFE es tut, erscheint gewagt. Entsprechend kritisch äußern sich verschiedene Analysten und bezeichnen die Synergieziele unter anderem als „fantasievoll“.
Die Börse hat ihr Urteil bereits gesprochen. Vom Zweijahreshoch bei 8,53 Euro Ende August ist der Kurs auf aktuell 5,58 Euro abgestürzt - ein Minus von mehr als 30 Prozent. Oddo BHF hat die Aktie von „Outperform“ auf „Neutral“ herabgestuft, Kepler Cheuvreux rät zum Verkauf. Die Euphorie der Übernahme ist verflogen. Was bleibt, ist ein Medienkonzern im strukturellen Wandel, der nun unter italienischer Führung beweisen muss, dass er mehr ist als nur ein weiteres Sanierungsprojekt in einem schrumpfenden Markt.
Deutlich besser sehen die Chancen für eine Trendwende bei der Aktie von LAIQON aus, denn das Unternehmen wächst aktuell sehr dynamisch. Mehr dazu hier: zum Artikel
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