ROUNDUP: Gelingen Durchbrüche im Koalitionsausschuss?
BERLIN (dpa-AFX) - Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seine schwarz-rote Koalition haben sich für den Herbst einiges vorgenommen - und die Erwartungen sind groß. Auch angesichts verbreiteter Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit in Umfragen sollen jetzt Durchbrüche zu wichtigen Themen erreicht werden. Der Koalitionsausschuss kommt dazu heute im Kanzleramt zusammen. Es geht um Entscheidungen in kontroversen Fragen und mögliche weitere Punkte, mit denen das Bündnis auch seine Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen will.
Dem Koalitionsausschuss gehören die Spitzen der Parteien und Fraktionen von CDU, CSU und SPD an. Zuletzt traf man sich Anfang September, um ein Arbeitsprogramm zu besprechen. Streit aus dem Sommer wollen Schwarz und Rot hinter sich lassen. Und besonders die Unionsseite machte die Erwartung klar, dass es nach vielen Vorarbeiten ein "Koalitionsausschuss der Ergebnisse" werden soll, wie es CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann formulierte.
Im Blick stehen mehrere Themen:
Mehr Härte beim Bürgergeld
Um mehr Strenge geht es bei der geplanten Reform des Bürgergelds. Wiederholt betonten Merz und Arbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas zuletzt, dass sie in guten Gesprächen seien und die Reform bald stehen werde. Letzte strittige Punkte würden bald abgeräumt, hieß es in Regierungskreisen. Doch sind viele Detailänderungen geplant. Deshalb eignet sich der Koalitionsausschuss, der eher generelle Linien festlegen soll, aus Sicht mancher Koalitionäre eigentlich nicht so gut als Besprechungsort für dieses Thema.
Klar ist bisher bereits, dass sich die rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Beziehenden auf strengere Auflagen und Sanktionen einstellen müssen. Mit den Änderungen sollen Teile der Anfang 2023 in Kraft getretenen Bürgergeld-Reform rückabgewickelt werden. Fördern und Fordern sollen besser in Balance gebracht, Missbrauch soll stärker unter Kontrolle gebracht werden. Mit härteren Sanktionen belegt werden soll, wer gegen Regeln der Jobcenter verstößt und etwa einen Termin nicht wahrnimmt oder eine Arbeitsaufnahme verweigert.
Sozialpolitiker hatten allerdings Zweifel angemeldet, ob die insbesondere von Merz noch im Wahlkampf erhobenen Forderungen nach enormen Einsparungen damit realisiert werden können. Klar ist wohl, dass sich die Bezeichnung der Leistung ändert: "Es wird Grundsicherungsgesetz heißen", hatte Kanzler Merz in der ARD-Sendung "Caren Miosga" gesagt und betont: "Das Wort Bürgergeld wird nicht mehr da sein."
Milliarden für neue Autobahnen und Schienen
Mit dem beschlossenen schuldenfinanzierten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur will die Koalition kräftigen Schwung in die Erneuerung vieler maroder Straßen und Schienen bringen. Doch dann kamen plötzlich Signale aus dem Verkehrsministerium, dass wichtige Aus- und Neubauprojekte bis 2029 wackeln, weil dafür ein Finanzierungsloch klafft.
Findet der Koalitionsausschuss dazu jetzt eine Lösung, die solche Zweifel beseitigt? Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) nannte schon vorab als Ziel: "Uns ist wichtig, dass das, was baureif ist bei Schiene und Straße in den nächsten Jahren auch finanziert wird und gebaut werden kann."
Streitpunkt Verbrenner-Aus
Nur einen Tag nach dem Koalitionsausschuss lädt Merz Branchenvertreter und Gewerkschaft zu einem Autogipfel ins Kanzleramt
- und da wäre eine geeinte schwarz-rote Linie in wichtigen Fragen
gut. Die deutsche Schlüsselbranche hat mit Absatzflaute, Konkurrenz aus China und Schwierigkeiten beim Wandel zur Elektromobilität zu kämpfen. Viele Unternehmen fahren Sparkurse.
Im Fokus steht auch der Umgang mit dem für 2035 geplanten Aus für neue Verbrenner-Fahrzeuge in der EU, für das jetzt Überprüfungen anstehen. Die Union will das Verbrenner-Aus kippen - die SPD aber daran festhalten. Bas äußerte sich trotz großer Differenzen im Vorfeld überraschend zuversichtlich. Darüber werde im Koalitionsausschuss beraten. "Und dann wird es auch zu einer politischen Einigung kommen."
Weitere Baustellen
Unter Zeitdruck kommt die Regierung allmählich mit dem erklärten Ziel, die Bürgerinnen und Bürger noch vor erneuten Anhebungen der Krankenkassen- und Pflegebeiträge zum 1. Januar 2026 zu bewahren. Seit Monaten ist eine drohende Milliardenlücke bekannt, die trotz extra Geld aus dem Etat noch besteht. Kommt jetzt ein Signal, wie sie konkret geschlossen werden soll?
Weitere Reformvorhaben der Regierung stehen kurz vor der Entscheidungsreife. Nicht ausgeschlossen ist es, wie bei Union und SPD zu hören war, dass auch bei der Rente Vereinbarungen getroffen werden. Zuletzt war etwa die genaue Ausgestaltung der Aktivrente Gegenstand neuer internen Debatten. Mit einem steuerfreien Bonus von 2.000 Euro soll sich Mehrarbeit im Alter lohnen./bw/sam/DP/zb