Schaeffler: Vom Krisenkind zum Verteidigungspionier?
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Der Autozulieferer wagt mit der Drohnen-Kooperation mit Helsing einen mutigen Schritt in neue Geschäftsfelder, während die Stammkundschaft Autoindustrie schwächelt. Doch reicht diese strategische Neuausrichtung, um die ehrgeizigen Margenziele bis 2028 zu erreichen?
Die Nachricht kam überraschend schnell: Nur acht Wochen nach den ersten Gesprächen besiegelte Schaeffler beim Berliner Rüstungsgipfel die Kooperation mit dem Münchner Drohnen-Startup Helsing. Was auf den ersten Blick wie ein pragmatischer Deal wirkt, offenbart bei näherer Betrachtung eine strategische Kehrtwende mit erheblicher Tragweite. Denn während die traditionelle Kundschaft aus der Automobilindustrie unter massivem Kostendruck ächzt, erschließt sich Schaeffler gezielt Wachstumsmärkte jenseits des klassischen Fahrzeugbaus.
Gezielte Nutzung freier Kapazitäten
Die Zusammenarbeit mit Helsing, einem der wertvollsten europäischen Startups mit einer Bewertung von 12 Mrd. Dollar, ist dabei mehr als nur ein Ausweichmanöver. Schaeffler übernimmt die Herstellung und Beschaffung wichtiger Elektronikkomponenten, sichert kritische Lieferketten ab und unterstützt bei der Produktion von Drohnen, wobei die eigentliche Fertigung beim Münchner Unternehmen verbleibt. Helsing plant bereits für 2026 die Produktion von 10.000 bis 20.000 Drohnen pro Jahr, im Ernstfall sollen es sogar hunderttausend werden. Für Schaeffler bedeutet das eine willkommene Auslastung freier Kapazitäten zu einem Zeitpunkt, an dem die Autoindustrie Sparrunden dreht.
Umfassende strategische Neuausrichtung
Diese Kooperation ist Teil einer umfassenderen strategischen Neuausrichtung, die das Unternehmen konsequent vorantreibt. Bis 2035 sollen 10 Prozent des Umsatzes aus völlig neuen Geschäftsfeldern stammen, darunter neben der Verteidigungstechnik auch humanoide Roboter und elektrische Flugtaxis. Schaeffler positioniert sich dabei bewusst als Bewegungstechnologie-Konzern, der seine Kernkompetenz in hochpräziser mechanischer Fertigung auf neue Anwendungsfelder überträgt. Bei humanoiden Robotern machen allein die mechanischen Antriebskomponenten für Arme, Beine und Hände rund 50 Prozent der Wertschöpfung aus, was erhebliche Chancen eröffnet.
EBIT soll verdoppelt werden
Die ehrgeizigen Ziele: Bis 2028 will CEO Klaus Rosenfeld das EBIT verdoppeln und eine operative Marge von 6 bis 8 Prozent erreichen. Der Free Cashflow soll von minus 694 Mio. Euro auf 400 bis 600 Mio. Euro steigen, während die Verschuldung vom 2,4-fachen des EBITDA auf das 1,5- bis 2,0-fache sinken soll. Das Rezept dafür sind 600 Mio. Euro Synergien aus der Vitesco-Integration plus 295 Mio. Euro aus Strukturmaßnahmen, wobei 4.700 Stellen abgebaut werden sollen.
Technisch an entscheidendem Punkt
Auch charttechnisch sieht das Bild spannend aus, aber nicht frei von Risiken. Nach dem kräftigen Einbruch in der ersten Novemberhälfte hat sich die Aktie wieder auf 7 Euro erholt und liegt deutlich über allen gleitenden Durchschnitten. Jetzt ist die Aktie genau zurück am November-Hoch, allerdings bei deutlich nachlassendem Volumen, was Konsolidierungsbedarf signalisieren könnte. Dreht das Papier nach unten, wäre ein kurzfristiges Doppel-Top die Folge.
Die zentrale Frage
Die zentrale Frage bleibt: Kann Schaeffler die Transformation schnell genug vollziehen? Die Absicherungsstrategie mit Verbrenner gegen Elektroauto, Neugeschäft gegen Reparatur und Automobil gegen Industrie klingt in der Theorie überzeugend. Doch die Praxis zeigt, dass der Weg steinig ist. Der Verteidigungssektor mag boomen, doch die Volumina bleiben überschaubar. Bei humanoiden Robotern ist unklar, wann der Massenmarkt kommt. Und die Sparte Elektromobilität soll erst 2028 die Gewinnschwelle erreichen, was angesichts des brutalen Wettbewerbs ambitioniert erscheint. Anleger sollten die nächsten Quartale genau beobachten, ob die Synergien tatsächlich realisiert werden und ob die neuen Geschäftsfelder substanziell Umsatz generieren.
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