Wadephul fordert von Westbalkanländern weitere Reformen
BERLIN (dpa-AFX) - Außenminister Johann Wadephul ruft die Westbalkanstaaten angesichts anhaltender Einflussversuche Russlands und Chinas zu weiteren Reformen auf. Zudem sei es eine Voraussetzung für einen EU-Beitritt, sich zu gemeinsamen Werten zu bekennen. "Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und die Wahrung der Grundrechte sind dabei nicht verhandelbar", sagte der CDU-Politiker in Berlin vor Beginn einer Reise nach Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Serbien, Kosovo und Nordmazedonien.
Die EU hatte den Westbalkanländern 2003 den Beitritt in Aussicht gestellt und dazu Reformen gefordert. In dem Verfahren sind die Länder unterschiedlich weit. Der Frust ist teils groß, da einzelne Länder schon seit Jahrzehnten in dem Verfahren hängen. In der EU gibt es die Sorge, dass sich die Länder deswegen stärker als bisher politischen Rivalen wie China und Russland zuwenden. "Die sechs Länder des Westlichen Balkan gehören untrennbar zur europäischen Familie", versicherte Wadephul nun und fügte hinzu: "Die EU ist kein fernes Versprechen, sondern ihre konkrete Perspektive."
Wadephul: Montenegro und Albanien mit wichtigen Fortschritten
Gerade die Nato-Verbündeten Montenegro und Albanien hätten wichtige Fortschritte gemacht, andere Länder müssten teils noch deutlich nachziehen, verlangte Wadephul. Unter den Westbalkanländern wird Montenegro als am weitesten im EU-Beitrittsprozess gesehen, ein Datum für eine Aufnahme steht aber nicht in Aussicht.
Mit Montenegro und Serbien führt die EU seit 2012 beziehungsweise 2014 Beitrittsverhandlungen. Mit Albanien und Nordmazedonien wurde der Verhandlungsprozess 2022 gestartet. Bosnien-Herzegowina hat den Status eines Beitrittskandidaten, ist aber bislang noch nicht in Verhandlungen. Das Kosovo ist potenzieller Beitrittskandidat.
Für eine Zukunft in der EU seien viele bereit, tiefgreifende Reformen umzusetzen, erklärte Wadephul. "Denn wer Teil dieser Rechtsgemeinschaft und dieses Wirtschaftsraums werden will, muss Verantwortung übernehmen - auch wenn dies schwierige Schritte verlangt." Für die Länder des Westlichen Balkans sei es entscheidend, ihre Energiequellen breiter aufzustellen, um langfristig Unabhängigkeit und Souveränität zu stärken. "Wir in Deutschland wissen, wie schmerzhaft und zugleich notwendig dies sein kann", erklärte der Minister. Deutschland hatte sich nach Russlands Angriff auf die Ukraine etwa aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen gelöst.
Westbalkan-Besuch startet in Sarajevo
In der bosnischen Hauptstadt Sarajevo will Wadephul am Abend Vertreter des Staatspräsidiums treffen, das aus jeweils einem Vertreter der bosniakischen, serbischen und kroatischen Volksgruppe besteht. Zudem soll es ein Gespräch mit dem Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft geben, dem Deutschen Christian Schmidt (CSU). Dieser hat Vollmachten aufgrund des Friedensvertrags von Dayton, der dem Bosnien-Krieg 1995 ein Ende setzte.
Am Montag will Wadephul Montenegro sowie Albanien besuchen und am Abend nach Serbien weiterfliegen./bk/gm/DP/he