Die Dauer entscheidet

Währungsabsicherung: Langfristig wenig sinnvoll

31.08.15 03:00 Uhr

Währungsabsicherung: Langfristig wenig sinnvoll | finanzen.net

Fondsanbieter empfehlen für Investments im ­Ausland gern einen Wechselkursschutz. Auf kurze Sicht haben ­die ­Devisenschwankungen einen Einfluss auf die Rendite - langfristig nicht.

von Alexander Sturm, Euro am Sonntag

Als die Schweizer Nationalbank (SNB) am 15. Januar kurz nach zehn Uhr überraschend die Bindung des Franken an den Euro aufgab, erschütterten Schockwellen die Börsen. Schweizer Aktien brachen ein und rissen die Kurse weltweit mit, binnen Sekunden verlor der Euro zum Franken rund 20 Prozent. Der Beschluss der SNB, den Kurs des Franken nicht länger zu deckeln, löste den größten Devisen-Crash seit Jahren aus.

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Der Eingriff der Schweizer Währungs­hüter ist nicht der einzige. Die Europäische Zentralbank kauft im großen Stil Anleihen, um die Inflation in der Eurozone zu erhöhen. Das drückte den Euro-Dollar-Kurs in einem Jahr um rund 18 Prozent. Die Bank of Japan wertet den Yen seit Längerem gezielt ab, binnen 18 Monaten verlor er zum Euro ein Drittel. Und Chinas Notenbank verbilligte den Yuan, um die Wirtschaft zu stützen. All das hat die kurzfristigen Schwankungen wichtiger Währungen auf den höchsten Stand seit 2012 getrieben.

Fondsanbieter werben daher mit währungsgesicherten Produkten. Jährlich bringen sie nach Daten des Analysehauses Morningstar gut 1.200 Fonds und Anteilsklassen auf den deutschen Markt. Die Tranchen, die für hiesige ­Anleger oft Namenszusätze wie "Euro hedged" tragen, sollen Wechselkurs­verluste verhindern. Das signalisiert Sicherheit und Ruhe für die Nerven.

Kurzfristig unterschätzt

Wie groß der Einfluss von Währungsschwankungen kurzfristig ist, zeigt eine Studie der Deutschen Bank. Demnach war aus Sicht eines Aktienanlegers aus Europa mit einem globalen Portfolio in sieben der vergangenen 13 Jahre der Währungseffekt größer als die Verän­derung der Kurse. Vereinfacht gesagt: ­ Anleger verloren oder gewannen in den meisten Jahren durch Währungsschwankungen mehr als durch die Bewegungen der Aktienkurse selbst.

"Das Währungsrisiko für Euro-Anleger mit einem globalen Portfolio kann erheblich sein", sagt Eric Wiegand, Indexfondsexperte bei der Deutschen Bank. Noch stärker als Aktien träfen Währungsschwankungen relativ gesehen Renten. Während bei Aktien Kurs­änderungen allein für hohe Schwankungen sorgten, entwickelten sich Anleihen in der Regel konstanter - was den relativen Einfluss von Währungsschwankungen erhöhe. Wiegands Fazit: "Eine Währungssicherung kann die Schwankung im gesamten Portfolio senken." Doch während Großanleger häufig zu Währungssicherungen griffen, nutzten Privatanleger sie selten. Dabei seien die Kosten für Absicherung wegen der Niedrigzinsen gesunken.

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In der Tat können Währungsschwankungen kurzfristig zu großen Rendite­unterschieden führen. Selbst risikoarme Geldmarktfonds sind betroffen. Die Produkte werfen wegen der Niedrigzinsen kaum Erträge ab. Geldmarktfonds, die in den derzeit starken Währungen Schweizer Franken, Britisches Pfund und Dollar notieren, erreichen aber seit Jahresbeginn Renditen von teils über zehn Prozent. Produkte in Euro verharren an der Nulllinie. Ein Renditerückstand, der sich durch Währungsverluste erklären lässt.

"Der Einfluss von Währungen auf die Rendite wird oft unterschätzt", sagt Andreas Köchling, Analyst beim Fondsberatungshaus Feri: "Kommt es zu Wechselkursverlusten, kann die Entscheidung für eine bestimmte Anlage noch so gut sein." Der Eingriff der SNB zeige, dass Währungsschwankungen ähnlich wie politische Entscheidungen unvorhersehbar sein.

Langfristig vernachlässigbar

Betrachtet man jedoch lange Zeiträume, fallen Wechselkursschwankungen kaum ins Gewicht. So schwankt der Kurs des Euro zum Dollar zwar seit der Einführung 1999 stark. Nach der ersten Notierung bei 1,178 Dollar rutschte die Gemeinschaftswährung bis 2001 auf fast 0,80 Dollar ab, um dann sieben Jahre später auf 1,60 Dollar zu klettern. Seither fiel sie im Zuge der Eurokrise.

Doch langfristig ist der Euro zum Dollar erstaunlich stabil. Zwischen Januar 1999 und Ende 2014 legte er trotz der Ausschläge nur 2,5 Prozent zum Dollar zu. Er pendelt um den Wert von 1,20 Dollar - eine Art langfristiges Gleich­gewicht, das sich auch bei anderen Währungen beobachten lässt.

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Die Zahlen zeigen: Wer langfristig ­anlegt, muss Währungsschwankungen kaum fürchten. Auch das verdeutlicht die Studie der Deutschen Bank. Darin wurde die Wertentwicklung von Aktien- und Anleiheindizes mit und ohne Währungsschutz verglichen. Während sich auf Sicht von einem Jahr Renditeunterschiede von zehn oder 20 Prozent ergaben, schmolz die Lücke schon nach fünf Jahren auf einstellige Prozentwerte. "Je länger der Zeithorizont für ein Investment, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Rendite von währungsgesicherten oder ungesicherten Indizes annähert", folgern die Autoren. Die Anlagedauer sei wichtig für die Entscheidung, ob Investoren sich absichern sollten oder nicht. Mit anderen Worten: Je mehr Zeit Investoren haben, desto ­unwichtiger ein Währungsschutz.

Währungswetten schwierig

Auch Analyst Köchling bezweifelt, ob Anleger prinzipiell Fonds mit Währungsschutz ungesicherten Produkten vorziehen sollten. Zwar könnten Investoren, die eine klare Meinung zu einer Währung hätten, eine Absicherung gezielt einsetzen, um Wechselkursverluste zu vermeiden. Für deutsche Anleger hat das in den vergangenen Jahren bei Aktien aus Japan oder Brasilien funktioniert. Indes lasse sich die Entwicklung von Währungen schwer vorhersagen. "Wer sich keine Meinung zutraut, sollte sein Portfolio besser breit aufstellen und langfristig anlegen."

Außerdem sind Fonds mit Währungssicherung teurer. Zwar sind die Kosten für die Absicherung gesunken, gerade bei Indexfonds fallen sie aber ins Gewicht. So kosten günstige ETFs auf den MSCI World Index 0,2 Prozent Ge­bühren, währungsgesicherte hingegen mehr als das Doppelte. Über viele Jahre summiert sich das. Bei aktiven Fonds ist der Unterschied geringer. Für kurzfristige Anleger, die so Währungsverluste vermeiden, ist der Aufschlag sicher verkraftbar. Doch langfristige Investoren können sich die Kosten sparen.

So verbreitet Währungssicherungen bei institutionellen Anlegern auch sind, für private Investoren ergeben sie nur in manchen Fällen Sinn. Denn anders als Großanleger, die oft bestimmte Schwankungsgrenzen einhalten müssen, können Kleinanleger selbst Wechselkursturbulenzen aussitzen. Vor allem langfristige Aktienanleger kommen ohne Währungsschutz aus. Sie sollten lieber breit anlegen, auch über verschiedene Währungen hinweg.

Nur wer kurz- oder mittelfristig anlegt oder für seine Nerven die Schwankungen stets klein halten will, kann zum Währungsschutz greifen. Das gilt vor allem für Bond-Anleger. Über einstweilen entgangene Währungsgewinne darf sich dann aber niemand beklagen.

Investor-Info

Einfluss von Währungen
Mal Gewinne, mal Verluste

Auch wenn die Schwankungen auf den ­Devisenmärkten zuletzt zugenommen haben, Langfristanlegern muss das keine Sorgen bereiten. Das zeigt der Beitrag von Währungen zur Entwicklung des MSCI-World-Index. Er bildet über 1.600 Aktien und 14 Währungen ab, der Dollar hat allein 57 Prozent Anteil im Portfolio. Die Grafik zeigt den jährlichen Renditeunterschied zwischen dem MSCI World mit und ohne Währungsschutz aus Sicht eines amerikanischen Anlegers. Dies entspricht dem Währungsbeitrag. Fuhren US-Anleger nach der Jahrtausendwende Währungsgewinne ein, brachte der starke Dollar zuletzt Wechselkursverluste. Unterm Strich gleichen sich die Währungseffekte weitgehend aus.

iShares Core S&P 500 ETF
Auf Absicherung verzichten

Währungswetten sind riskant und sowieso nur was für Kurzfristanleger. Etwas besser einschätzbar werden Devisenentwicklungen, wenn Notenbanken Eingriffe in Aussicht ­stellen. So dürfte die Fed bald den US-Leitzins erhöhen. Das sollte den Dollar zum Euro ­weiter stärken, da der Zins in der Eurozone noch lange bei null bleibt. Wer einen US-Aktien-ETF kauft, kann auf Absicherung verzichten und kurzfristig auf Dollar-Gewinne hoffen.

Bildquellen: Africa Studio / Shutterstock.com, OlegDoroshin / Shutterstock.com