ADAC-Billigtarif: Konkurrenz reagiert mit Kampfpreisen
Der ADAC kommt im Oktober mit einem Billigtarif in der Autoversicherung. Die Konkurrenz will sich das nicht bieten lassen und macht ihre Angebote attraktiver.
von Uwe Schmidt-Kasparek
Mit Kampfpreisen will der ADAC seine Mitglieder für die eigene Autoversicherung gewinnen. Das neue Angebot soll im Oktober starten. Noch gibt sich Deutschlands größter Autoklub verschwiegen. „Wir haben die Kundenwünsche analysiert“, sagt Jochen Oesterle, Pressesprecher des ADAC, „und daraus etwas Neues gestrickt.“ Insider bestätigen, dass der neue Tarif „preislich ganz vorn mitmischen dürfte“. Derzeit bietet der ADAC mit „Komfort“ und „Kompakt“ zwei Tarife an. Die Basisversion Kompakt ist rund zehn Prozent günstiger.
Zudem zittert die Branche derzeit vor der HUK-Coburg. Der Versicherer hatte in den vergangenen Jahren die Preise im Oktober immer noch einmal gesenkt und somit den Wettbewerb angeheizt. „Wir haben damit Angriffe der Allianz abgewehrt“, sagt HUK-Vorstand Klaus-Jürgen Heitmann. Möglich, dass die Coburger sich in diesem Jahr gegen den ADAC wehren müssen.
Denn der Klub hat große Ziele, seit er 2007 gemeinsam mit der Zurich eine eigene Autoversicherung startete. Bis Ende 2010 soll die Kundenzahl laut Vorstand Josef Halbig verdoppelt werden. Seit Markteintritt hat der Gelbe Riese seinen Bestand um rund 70 000 Verträge erhöht. Es fehlen somit noch 230 000 Kunden, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen. Zwar gibt’s die ADAC-Autoversicherung nur exklusiv für Mitglieder. Doch von denen sind noch über 16 Millionen anderweitig versichert. Und offenbar nicht mit dem bisherigen Angebot zufrieden. „Wir gewinnen mehr Kunden vom ADAC, als wir an ihn abgeben“, freut sich HUK-Chef Heitmann.
Obwohl die Branche für 2009 einen Verlust von rund 500 Millionen Euro erwartet, von dem vor allem Marktführer Allianz betroffen ist, dürfte der Wettbewerb noch härter werden. Den Anstoß bieten „Kunden, die von teuren Alt- in günstige Neutarife umsteigen“, sagt Marco Morawetz, Experte für die Autoversicherung bei der GenRe (früher Kölnische Rück). Wachgerüttelt werden diese Kunden – rund drei Millionen jährlich - durch Internet-Vergleichsportale wie aspect-online, financescout24, fss-online oder nafi-auto. Sie helfen, den Dschungel der Autoversicherung zu lichten. Für einen VW Golf etwa liegt allein das Sparvolumen bei Neupreisen laut einer Auswertung der Nafi-Unternehmensberatung aus Höxter bei rund 36 Prozent. Bei Kunden mit Altverträgen dürfte die Ersparnis deutlich größer ausfallen. Tipp: Schon jetzt locken DEVK, AXA, HDI Direkt und der ADAC mit einem Frühwechslerrabatt von zehn Prozent.
Einen zusätzlichen Gimmick bietet auch die Zurich. Autofahrer, die unverschuldet ihren Job verlieren, sind nach einer Karenzzeit von sechs Wochen bis zu sechs Monaten von der Prämienzahlung befreit. Die Leistung gibt’s optional. Voraussetzung: Der Kunde war in den letzten zwölf Monaten beschäftigt. Nachteil: Der Schutz greift erst nach einer Wartezeit von zwölf Monaten. Neu ist auch der Eigenschadenschutz der VHV im Tarif Klassik-Garant. Seit dem 1. September zahlt die VHV Sachschäden beim Zusammenprall von familieneigenen Fahrzeugen im Straßenverkehr. Der Versicherungsschutz kann gegen Aufpreis auf das eigene Grundstück und die Garage übertragen werden.
Luxusschutz bietet dagegen die Provinzial Rheinland seit dem 1. September in ihrem Tarif. Unfallverletzte erhalten im Krankenhaus Einbettzimmer und Chefarztbehandlung oder ein Krankentagegeld.
Auf der Siegerstraße im Preiskampf sind Tarife mit Werkstattbindung, bei denen die Kunden bereit sind, nach einem Kaskoschaden nur eine Partnerwerkstatt des Versicherers aufzusuchen. „Fast drei Viertel der Versicherer sind mittlerweile dabei“, schätzt GenRe-Experte Marco Morawetz. Wer Werkstattbindung wählt, erhält auf seine Kaskoprämie bis zu 20 Prozent Nachlass. Trotzdem ist das Modell nicht unumstritten. „Die Versicherer geben zwar eine mehrjährige Garantie, doch die gilt nur für die Reparatur“, kritisiert Elmar Fuchs, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Bundesverbands der unabhängigen Sachverständigen (BVSK). Noch sei rechtlich unklar, ob mit der Reparatur außerhalb einer Markenwerkstatt nicht die Herstellergarantie gefährdet werde.
Eine weitere Kehrseite: Laut Verkehrsanwälten fallen öfter Versicherer auf, die nach Unfällen den Schadenersatz systematisch kürzen. Vor allem wenn der Betroffene nach Gutachten „fiktiv“ abrechnet. „Dabei ist nur die Kürzung der Mehrwertsteuer berechtigt“, weiß Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsanwälte. Zudem suggerierten einige Versicherer den Geschädigten, die unverschuldet einen Unfall erlitten, dass sie das Malheur in einer bestimmten Partnerwerkstatt des Versicherers reparieren lassen müssten. Elsner: „Dabei gilt bei Haftpflichtschäden weiterhin die freie Werkstattwahl.“
Autoversicherung - Worauf es ankommt:
Autohaftpflicht: 100-Millionen- Euro-Schutz. Pro Person mindestens acht Millionen Euro. Zusätzlicher Auslandsschutz zahlt bei unverschuldeten Unfällen in der Fremde wie daheim.
Kaskoversicherung: Ersatz des Neuwerts nach Diebstahl oder
Totalschaden. 24 Monate Schutz gibt es im Top Drive M der Itzehoer, Magertarife leisten nur sechs Monate. Wer bei Rot über die Ampel fährt und einen Unfall verursacht, muss bei einigen Tarifen mit Abzügen von 50 Prozent und mehr rechnen. Manche Anbieter haben die „grobe Fahrlässigkeit“ weitgehend mitversichert. Clever-, Select- oder Basistarife haben Haken. Viele Tarife zwingen den Kunden nach einem Kaskoschaden in die Partnerwerkstatt des Versicherers. Wer „fremdgeht“ zahlt bis zu 15 Prozent der Reparatur selbst.