Fahrerschutzversicherung

Vollkasko für den Fahrer

18.10.14 03:01 Uhr

Vollkasko für den Fahrer | finanzen.net

Autounfälle können für den Fahrer finanziell gefährlich werden. Doch gegen einen kleinen Aufpreis kann man eine Zusatzpolice abschließen.

von Uwe Schmidt-Kasparek, Euro am Sonntag

Es passiert in der Dämmerung. Kapitänsanwärter Frank Schubert (Name geändert) ist in seinem Auto allein in der Nähe von Rostock unterwegs. Plötzlich kommt er von der Fahrbahn ab und überschlägt sich. An den Unfallhergang kann sich der 26-Jährige später nicht mehr erinnern, aber an die Folgen: mehrere Wochen im Krankenhaus sowie ein Jahr Arbeitsunfähigkeit. Laut der aktuellen Unfallstatistik wurden im vergangenen Jahr über 200.000 Fahrzeuginsassen verletzt - in rund 72 Prozent der Fälle war der Fahrer betroffen. Über die Kosten, die sein Malheur nach sich zieht, braucht sich Frank Schubert keine Sorgen zu machen, denn seine Fahrerschutzversicherung (FSV) hat bisher bereits für Schmerzensgeld, Verdienstausfall und Reisekosten insgesamt 26.500 Euro gezahlt - weitere 25.000 Euro sollen bald folgen.

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Millionenschäden möglich
Gesine Reisert, Fachanwältin für Verkehrsrecht in Berlin, nennt die noch wenig bekannte Police "Vollkasko für den Fahrer". Die Betroffenen haben, wenn sie sich bei einem solchen Unfall durch eigene Schuld quasi selbst schwer verletzen, ein großes Problem. Es gibt keine Versicherung, die direkt für den Schaden zahlt, während Mitinsassen über die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung geschützt sind. Zwar treten für den Fahrer bei einem Unfall auf dem Arbeitsweg die Sozialversicherungsträger ein. Auch eine private Unfallversicherung oder die Berufsunfähigkeitsversicherung kann Schutz bieten. Doch alle Nachteile deckt keine Versicherung ab. Wie wichtig die Restabsicherung für Fahrer sein kann, hat Martin Peiffer von der Kölnischen Rück für eine junge Schwerverletzte errechnet. Auch nachdem die Sozialversicherer gezahlt haben, fehlen der jungen Frau über zwei Millionen Euro.

Große Leistungsunterschiede
Nach einer Auswertung der Unternehmensberatung Nafi in Höxter bieten knapp 40 von rund 100 Kfz-Versicherern eine solche FSV-Police an (Auswahl: siehe Tabelle unten). Leider gibt es bisher keinen Qualitätsstandard. "Die Policen sind in ihrer Leistung recht unterschiedlich", warnt Anwältin Reisert. Gute Angebote leisten das, was die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlen würde. Dann gibt es Verdienstausfall und Rente, den behindertengerechten Umbau des Hauses, Pflegekosten und Schmerzensgeld. Zudem gelten die vertraglich für die Kfz-Haftpflicht vereinbarten Höchstgrenzen von acht, zwölf oder 15 Millionen Euro.

Kundenfreundlich geht die VHV in Hannover vor. Sie hat eine Leistungsupdate-Garantie in die Kfz-Verträge eingebaut und erhöht die Versicherungssumme auch für bestehende Verträge ab 2015 auf 15 Millionen Euro. Die Basler bietet zwar nur bis zu acht Millionen Euro Schutz, aber Unfallgeschädigte dürfen nach schweren Verletzungen zu einem Psychologen und noch mal in die Fahrschule, um den Unfall besser zu verarbeiten. Es geht aber auch anders: So zahlen etwa die AXA oder die BGV maximal 100.000 Euro Schmerzensgeld. Allein in Verbindung mit den AXA-Komforttarifen gibt es einen höheren Schutz von 200.000 Euro.

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Einige Anbieter machen alle oder einige Leistungen davon abhängig, ob der Versicherte eine Zeitlang ins Krankenhaus muss. Damit soll etwa Schmerzensgeld für Bagatellschäden vermieden werden. Teilweise gibt es gar kein Schmerzensgeld. Expertin Reisert: "Lassen Sie sich vom Vermittler, Makler oder Berater die Leistungen der Police genau schriftlich, etwa per E-Mail, beschreiben. So sollte auch bei grob fahrlässigen Fahrfehlern voller Versicherungsschutz bestehen." Bei einigen Tarifen gilt die FSV übrigens nicht für junge Fahrer oder sie ist zumindest teurer. Trotzdem ist der Beitrag von rund 25 bis 50 Euro pro Jahr für eine Existenzsicherung günstig.

Die Krux: Die Angebote gibt es leider nicht solo. Man kann den Zusatzschutz immer nur bei dem Anbieter erhalten, bei dem das eigene Fahrzeug versichert ist. Hat der Autoversicherer keine FSV oder keine gute, sollte man den Anbieter wechseln. Das ist in diesem Jahr meist noch zweimal möglich. Regulär bis zum 30. November oder nach Erhalt der Rechnung. Die fällt nach Einschätzung des Marktbeobachters Nafi für sehr viele Autofahrer höher aus und erlaubt eine Sonderkündigung.

Insassenschutz lohnt sich nicht
Jährlich zahlen deutsche Autofahrer 100 Millionen Euro für Insassenunfallversicherungen. Was wenige wissen: Im Gegensatz zur Fahrerschutzversicherung zahlt die klassische Insassenunfallversicherung nur, wenn ein Betroffener zum lebenslangen Invaliden wird. Demgegenüber tritt der Fahrerschutz nach jedem Unfall mit Verletzung ein - und sei es nur, dass ein Schmerzensgeld fällig wird. Doch auch die besten Fahrerschutz-Policen zahlen nicht immer. Keine Leistungen gibt es meist, wenn der Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss verursacht wurde oder wenn eine Straftat vorliegt. Mit Kürzungen oder gar keiner Leistung müssen Autofahrer rechnen, wenn sie ohne Sicherheitsgurt unterwegs waren. 
Welche Policen Fahrern helfen (pdf)

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Der Preis
Junge zahlen mehr

Einige Versicherer koppeln die Prämie der Fahrerschutzversicherung direkt an den Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung. Das macht sie für junge Fahrer oder solche, die bereits Unfälle hatten, teurer. Denn sie haben einen geringeren Schadenfreiheitsrabatt. Für ­einen 22-jährigen Fahrer in Schadenfreiheitsklasse (SF) 3 mit einer Kfz-Haftpflichtprämie von 382 Euro verlangt die Allianz einen Mehrpreis von 52 Euro. Ein 30-Jähriger mit SF 10 zahlt im Jahr 45 Euro. Bei der HUK-Coburg sind es für den 22-Jährigen 38 Euro. Die Verträge sind immer an die Kfz-Haftpflicht gekoppelt. Ein günstiger Kfz-Versicherer mit einem guten FSV-Angebot ist daher die richtige Wahl.

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