Geldautomaten: Tod durch Fortschritt?

Seit über 40 Jahren leistet er uns gute Dienste. Mehrsprachig und höflich versorgt er uns mit frischen Scheinen. Doch jetzt sieht sich der gute alte Geldautomat einer akuten Be-drohung ausgesetzt.
Bargeld kommt aus der Mode, Kreditkarten und Smartphone-Apps machen Geldmaschinen mehr und mehr überflüssig. Wird der technische Fortschritt den Geldautomaten vernichten?
Langfristig müssen sich die rund 60.000 Geldmaschinen in Deutschland durchaus Sorgen um ihre Existenz machen. Bereits jeder zweite Bundesbürger verzichtet regelmäßig darauf, sich bei der Shopping-Tour durch die Fußgängerzone von den wertvollen Scheinchen begleiten zu las-sen. An der Kasse wird mit EC- oder Kreditkarte bezahlt, das Parkticket wird per Smartphone-App gezogen und der Kaffe für unterwegs wird mit der elektronischen Treuekarte abgerechnet. Die Digitalisierung hat längst auch das Bezahlen erfasst.
Gleichwohl gibt es in Deutschland viele Menschen, die treu zu unseren Euro-Banknoten stehen und unter keinen Umständen auf die sprudelnden Quellen des Bargelds, sprich die Geldautoma-ten, verzichten wollen. Laut einer Studie des Branchenverbandes BITKOM aus dem Jahr 2014 ist für gut 60 Prozent der Deutschen Bargeld nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel. Rang zwei belegt die Girokarte (26 Prozent), gefolgt von der Kreditkarte (5 Prozent) und mobilen Be-zahldiensten. Den entscheidenden Vorteil von Bargeld sieht die Mehrheit der Deutschen darin, dass sich so die Finanzen besser unter Kontrolle halten lassen.
In 2030 fast kein Bargeld mehr in Deutschland?
Dass die Abkehr vom Bargeld nur noch eine Frage der Zeit ist, steht für Branchenkenner bereits fest. Aktuell sind laut EZB in der Euro-Zone noch Banknoten im Wert von über 1.000 Milliarden Euro im Umlauf. In einigen Staaten nimmt der Zahlungsverkehr via Bargeld aber bereits seit Jahren kontinuierlich ab. Vorreiter sind hier einmal mehr die skandinavischen Länder, allen voran Dänemark. Hier sollen kleinere Geschäfte ab dem nächsten Jahr überhaupt keine Scheine und Münzen mehr annehmen müssen. Die Mehrheit der Dänen begrüßt dieses Vorhaben.
Weder die Deutsche Bundesbank noch die Mehrheit der Bürger in Deutschland möchte eine vollkommene Abkehr vom Bargeld. Der Einzelhandel hingegen würde eine entsprechende Ent-wicklung dagegen begrüßen. Laut BITKOM-Studie kann sich jeder dritte Deutsche vorstellen, im Jahr 2030 nur noch bargeldlos zu bezahlen. Insbesondere die jüngeren Generationen sind auf-geschlossen, Geldtransaktionen zukünftig vermehrt über Apps vorzunehmen. Gefallen kann diese Einstellung den tausenden Geldautomaten in unserem Lande natürlich nicht. Es scheint, als sähen sie dem sicheren Tod durch technischen Fortschritt entgegen.
Christian Tiessen ist Managing Director von Savedo (www.savedo.de), dem Online-Marktplatz für europäische Festgelder. In seiner Kolumne äußert er sich u.a. zu Entwicklungen des Zinsniveaus für Sparprodukte sowie zu aktuellen Themen im Bereich FinTech und Banken.
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