DAX bald unter 11.000? Wie geht's weiter?

Die Marktlage ist angespannt. Der DAX hat vom Hoch im Januar bereits um mehr als 2.000 Punkte korrigiert. Wie geht es weiter? Müssen Anleger weitere Kursverluste einplanen? Investment-Profi Holger Steffen erklärt, wie er die Situation einschätzt und wie Anleger jetzt reagieren sollten.
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finanzen.net: Herr Steffen, nach einem eher miserablen Jahresstart haben sich die Börsen im zweiten Quartal erholt, um dann im dritten Quartal unter starken Schwankungen den Rückzug anzutreten. Zuletzt ging es sogar deutlich abwärts. Was sind die Ursachen hierfür?
Holger Steffen: Die Gründe sind natürlich vielschichtig. Versuchen wir die wesentlichen Faktoren kurz zusammenzufassen. Wegen des hohen Wachstums der US-Wirtschaft und der beeindruckenden Dynamik der Schwergewichte im Nasdaq konnten sich die wichtigsten US-Indizes im Frühjahr nach der Korrektur schnell fangen. Bereits im September/ Oktober haben wir dann neue Allzeithochs gesehen. Das hat die Börsen in Europa lange Zeit gestützt, obwohl es zahlreiche Belastungsfaktoren gab, die größere Zugewinne verhinderten. Zu nennen sind hier insbesondere die zähen Brexit-Verhandlungen, die Türkeikrise und die politischen Fliehkräfte innerhalb der EU (aktuelles Stichwort: Staatshaushalt Italien). Was in dieser Zeit relativ wenig Beachtung gefunden hat: Die Frühindikatoren zur Entwicklung der Industrie in Europa zeigen schon seit Januar stringent nach unten. Weil jetzt auch noch diverse Zahlen und Prognosen von Blue Chips enttäuschen und die US-Börsen in den Korrekturmodus geschaltet haben, gibt es am hiesigen Markt derzeit deutliche Verluste.
finanzen.net: Wieso fallen die Kursverluste so stark aus?
Holger Steffen: Na ja, das muss man natürlich relativ sehen. Viele Titel waren in den letzten zwei Jahren sehr gut gelaufen und hatten damit einen größeren Konsolidierungsbedarf aufgebaut. Dieser wird nun in relativ kurzer Zeit abgebaut. Das ist markttechnisch nicht ungewöhnlich. Hinzu kommen aktuell größere Probleme beispielsweise in der Automobilindustrie, die mit neuen Abgasnormen und einer technologischen Umwälzung - Stichwort E-Mobilität - zu kämpfen hat. Aktien aus diesem Sektor wurden von zahlreichen Gewinnwarnungen gebeutelt und zählen seit dem Frühjahr zu den Treibern der Kurskorrektur.
finanzen.net: Gerade die Aktien der großen Automobilkonzerne dürften für viele Anleger angesichts der zuletzt hohen Kursabschläge interessant sein. Sehen Sie bereits Licht am Ende des Tunnels?
Holger Steffen: In der Tat, ein sehr spannendes Thema. Obwohl die Aktien nach Gewinnwarnungen von BMW, Daimler, Continental & Co. technisch überkauft und optisch niedrig bewertet sind, raten wir aber weiter zur Vorsicht. Wir rechnen mit weiteren schlechten Nachrichten aus dem Sektor. Investments mit kurzfristigem Horizont als Spekulation auf eine stärkere Gegenbewegung sind durchaus interessant, aber auch sehr riskant. Denn es ist immer schwer abschätzbar, wo genau ein Boden gefunden wird.
finanzen.net: Die politischen Belastungsfaktoren für den Markt haben Sie ja bereits erwähnt. Politische Börsen haben sprichwörtlich kurze Beine, sind also nicht nachhaltig. Wird das auch dieses Mal so stimmen?
Holger Steffen: Dieses Sprichwort wird in politisch schwierigen Zeiten tatsächlich immer wieder gern zitiert. Das Problem ist, dass die politischen Störfeuer in wechselnder Form nun schon seit Jahren anhalten. Der Brexit, die von den USA geschürten Handelskonflikte und die politische Erosion der EU sind sehr langlebige Themen. Allenfalls in den Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien könnte es in den nächsten Wochen doch noch den Durchbruch geben. Eine große Trendwende in der Form, dass die Politik - vor allem in Europa - endlich mal wieder deutlich mehr für das Wirtschaftswachstum tut, sehen wir leider nicht.
finanzen.net: Wie schätzen Sie die Märkte vor diesem Hintergrund unter fundamentalen Gesichtspunkten ein?
Holger Steffen: Insbesondere europäische Aktien sind in Relation zu den Renditen am hiesigen Anleihenmarkt nicht teuer. Was fehlt, ist ein größerer positiver Impuls für eine Trendwende. Zentral ist aus unserer Sicht, dass sich die Konjunktur stabilisiert. Hier sollten interessierte Anleger die Frühindikatoren zur Entwicklung der Industrie im Auge behalten. Positive Nachrichten würden sicherlich eine Erholung des Marktes einleiten.
finanzen.net: …und unter technischen Gesichtspunkten?
Holger Steffen: Technisch hat sich die Lage gerade beim DAX mit dem jüngsten Kurseinbruch deutlich verschlechtert. Der Index hat über anderthalb Jahre eine große Topformation in Form einer Schulter-Kopf-Schulter ausgebildet. Mit dem Rückgang unter die Marke von 11.700 Punkten ist diese Formation formell abgeschlossen. Nur ein Rebound, idealerweise über die Marke von 12.000 Punkten, könnte dieses negative Signal korrigieren. Die US-Märkte sehen aber besser aus und befinden sich vorerst nur in einer Korrektur, eine Trendwendebestätigung gibt es noch nicht. Das bleibt ein wichtiger Hoffnungsfaktor.
finanzen.net: Sie sind beim Anlegerbrief für eines der erfolgreichsten Musterdepots in Deutschland verantwortlich [Link zum Musterdepot]. Und auch als Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index müssen Sie solche Marktsituationen stets bewerten und in ihre Anlageentscheidungen einfließen lassen. Wie reagieren Sie auf die angespannte Marktlage?
Holger Steffen: Danke, dass Sie darauf zu sprechen kommen. Tatsächlich ist es in uns in den letzten zwei Jahrzehnten vor allem mit Investments in deutschen Nebenwerten gelungen, signifikante Überrenditen gegenüber den Standard-Indizes zu erzielen. Und in der Tat beschäftigen uns dabei auch immer die Rahmenbedingungen am Markt, die aktuelle Lage sorgt naturgemäß für größere Herausforderungen. Mit dem jüngsten Kursrutsch hat sich das Baisserisiko für den DAX signifikant erhöht. Kurzfristig sehen wir allerdings auch etliche Übertreibungen nach unten. Wir handeln stets antizyklisch, haben unsere zuvor deutlich überdurchschnittliche Investitionsquote zuletzt schrittweise erhöht und setzen auf Nebenwerte mit einer intakten Wachstumsdynamik und einem robusten Geschäftsmodell auch in schwierigeren Zeiten.
finanzen.net: Wie läuft es aktuell beim Value Stars Deutschland-Index? Auch dieser Index notiert ja aktuell einiges günstiger als noch vor wenigen Wochen. Lohnt es sich, jetzt einzusteigen?
Holger Steffen: Die Anlageentscheidung muss jeder Anleger für sich selbst treffen, in der Hinsicht kann und darf ich keine Hilfe geben. Was man aber generell sagen kann: Viele Einzeltitel haben sehr stark korrigiert trotz guter Geschäftszahlen und positiver Prognosen. Das zeigt sich auch in der Kursentwicklung des Value-Stars-Deutschland-Index. Mich würde es nicht überraschen, wenn wir in den nächsten Wochen eine stärkere Gegenbewegung nach oben sehen, mit denen Übertreibungen ausgemerzt werden.
finanzen.net: Sie sagen, dass gerade Nebenwerte mitunter schon stark korrigiert haben. Sind diese jetzt schon ein Kauf? Und welche sind einen besonderen Blick wert?
Holger Steffen: Natürlich stechen einige Aktien hervor. Da wäre zum Beispiel der Spezialist für Bergbau-Equipment SMT Scharf, dessen Geschäftsentwicklung gerade richtig an Dynamik gewinnt, dessen Kurs aber trotzdem in kurzer Zeit höhere Einbußen erfahren hat. Ähnlich verhält es sich mit der FinTech Group, deren starker Newsflow in den letzten Wochen verpufft ist. Und auch die Vorzugsaktien unseres langjährigen Top-Favoriten Sixt notierten zuletzt trotz einer Prognoseanhebung zwischenzeitlich um fast ein Viertel unter dem im Juni markierten Allzeithoch. Dennoch sind Einzelengagements gerade jetzt mit einem erhöhten Risiko verbunden, da manche Gesellschaften unter den schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen doch unerwartet stark leiden könnten. Eine breitere Diversifikation ist daher gerade im Nebenwerte-Segment besonders wichtig. Wir vom Betreuerteam des Value-Stars-Deutschand-Index halten uns strikt an diese Regel. Unser aktuelles Portfolio enthält 22 aus unserer Sicht aussichtsreiche Aktien aus dem Nebenwertesegment. Anleger können das Portfolio übrigens in unserem monatlichen Newsletter einsehen.
finanzen.net: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben, Herr Steffen.
Das Interview führte Volker Altvater von finanzen.net.
Über Holger Steffen
Holger Steffen verfügt über langjährige Erfahrung in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst ist mitverantwortlich für das Musterdepot des Anlegerbriefs, das seit Start im Jahr 1999 eine durchschnittliche Jahresrendite von 17,7 Prozent aufweist (Stand: 28.09.2018). Seit 2013 fungiert er mit der Anlegerbrief Research GmbH zudem als Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seinen Wert seitdem mehr als verdoppelt hat.
Der gelernte Diplom-Kaufmann hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft der RWTH Aachen gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren ist Steffen in der Finanzbranche aktiv, sein Schwerpunkt liegt in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst hat bereits zahlreiche Studien zu deutschen Nebenwerten verfasst und sich als Buchautor betätigt.
Hinweis: Die finanzen.net GmbH unterhält geschäftliche Verbindungen zur Anlegerbrief Research GmbH, dem Berater des Referenzportfolios, und partizipiert an den Einnahmen aus der Verwaltungsgebühr und der erfolgsabhängigen Gebühr des Endlos-Zertifikats auf den Value-Stars-Deutschland-Index (WKN LS8VSD).
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: VSI
Nachrichten zu Mercedes-Benz Group (ex Daimler)
Analysen zu Mercedes-Benz Group (ex Daimler)
Datum | Rating | Analyst | |
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13.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Market-Perform | Bernstein Research | |
12.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Buy | Deutsche Bank AG | |
02.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Market-Perform | Bernstein Research | |
02.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Neutral | UBS AG | |
02.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) |
Datum | Rating | Analyst | |
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12.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Buy | Deutsche Bank AG | |
01.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Outperform | RBC Capital Markets | |
30.04.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Buy | Warburg Research | |
30.04.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Outperform | RBC Capital Markets | |
30.04.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Overweight | JP Morgan Chase & Co. |
Datum | Rating | Analyst | |
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13.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Market-Perform | Bernstein Research | |
02.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Market-Perform | Bernstein Research | |
02.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Neutral | UBS AG | |
02.05.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
30.04.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Halten | DZ BANK |
Datum | Rating | Analyst | |
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18.02.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Underweight | Barclays Capital | |
13.01.2025 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Underweight | Barclays Capital | |
03.12.2024 | Mercedes-Benz Group (ex Daimler) Underweight | Barclays Capital | |
17.12.2021 | Daimler Hold | HSBC | |
18.02.2021 | Daimler Sell | Warburg Research |
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