Indizes auf der Kippe

Auf den ersten Blick und von außen betrachtet, sieht die Entwicklung der Indizes in den vergangenen Tagen ...
... nicht besonders spektakulär aus. Trotzdem handeln viele Börsenplätze an wichtigen und wegweisenden Kreuzungen und müssen sich nun entscheiden. Einige Indizes wie der DAX haben bereits wichtige Hürden übersprungen, nun aber mangelt es ihnen an Vertrauen und Anschlusskäufen. Andere Indizes wie der Dow Jones und der wichtige S & P 500 handeln in unmittelbarer Nähe von entscheidenden Widerständen und schaffen es bislang nicht, diese zu nehmen. Wie immer ist es müßig, über die Gründe von Indexveränderungen zu diskutieren. Vermutlich liegen die Hintergründe für die Ladehemmung der Indizes aber nicht nur in der öffentlich viel diskutierten Überkauftheit, sondern auch in den unterschiedlichen Erwartungen bezüglich der kommenden Notenbanksitzung der FED. Gespannt sind die Marktteilnehmer darauf, in welchem Umfang und von welcher Qualität die FED Anleihen zurückkaufen wird, um die Zinsen auch weiterhin unter Druck zu halten. Die Gefahr für die Bullen besteht darin, dass im Falle einer negativen Überraschung die Erwartungen an die „monetären Spritzen“ viel zu hoch sind. Auch im positiven Fall können sich die Käufer natürlich nicht sicher sein, da auch ein „Sell on Good News“ die Kurse unter Druck bringen könnte. Immerhin hat FED Präsident Bernanke bereits Ende August Hinweise über den Ankauf von Anleihen gegeben und dadurch die Indizes vor einem Abwärtstrend bewahrt. Das Potential für positive Überraschungen ist also relativ begrenzt. Die frühen und risikobereiten Anleger haben also gute Gründe, die Party rechtzeitig zu verlassen und nach einer etwaigen Korrektur erneut einzusteigen.
DAX noch auf Kurs
Deutlicher als die bekannteren Kerzencharts zeigt die von mir favorisierte P & F Technik den gelungenen Ausbruch des DAX. Die lange X-Spalte im rechten Bereich verdeutlicht das aktuelle Übergewicht der Käufer, signalisiert aber auch, dass eine Abkühlung keine besondere Überraschung sein sollte.

Sehr gut erkennen Sie aber auch das alte Widerstandsniveau bei 6.350 Punkten, welches nun als stabile Unterstützung wirkt und das Rückschlagrisiko auf etwa 5 % begrenzt. Ich vermute, dass der DAX für eine Weile keine Ambitionen zeigen wird, seine aufsteigende positive Unterstützungsgerade zu testen. Beachtlich ist auch, dass der Index die kleinen und immer wieder auftretenden Abwärtstrendgeraden durchbrochen und diese Bremsklötze abgeschüttelt hat. Das Projektionsziel der P & F Technik, welches als gutes Orientierungsziel auf mittel bis langfristiger Ebene dient, weist auf ein Kursziel weit oberhalb von 7.000 Punkten. Diese Kursprognose mag unseriös klingen, ist aber das rechnerische Ziel der aktuellen Charttechnik, welches sicherlich nicht ohne Schnörkel und Korrekturen auftreten wird.
Kurzfristiges Risiko stark erhöht
Um hier aber nicht zu viel zu spekulieren, werfen wir lieber einen Blick auf das Ergebnis des Kampfes zwischen Angebot und Nachfrage in Form des Ihnen bekannten „10 Wochen Indikators“. Dies ist ein sehr zyklischer Indikator, der den Prozentsatz der an der NYSE gehandelten Aktien zeigt, die oberhalb ihres 50-Tage-Durchschnitts handeln. Oberhalb von 70 % beginnt die rote Zone, die aber erst gefährlich wird, wenn sich auf hohem Niveau eine 0-Spalte bildet, die das Übergewicht der Bären anzeigt. Vor wenigen Tagen hat sich in diesem Risiko-Indikator eine für das Angebot stehende 0-Spalte gebildet, obwohl die Indizes noch leicht gestiegen sind. Dies bedeutet, dass behutsam Kapital aus dem Markt gezogen wird, obwohl sich die äußeren Indizes noch kaum etwas anmerken lassen. Unterhalb der Oberfläche der Indizes brodelt es bereits und das kurzfristige Risiko für eine Korrektur ist nicht unerheblich.

Bitte beachten Sie im rechten Bereich der Grafik, dass der Index in einer 0-Spalte handelt und auf einem sehr hohen Niveau gedreht hat. Dies ist beachtlich, da in den vergangenen Jahren viele bedeutende Korrekturen in diesem Bereich begonnen haben. Im Sommer 2009 wurde z.B. der sehr zähe Seitwärtstrend an den US-Börsen exakt hier aufgenommen. Bevor eine Korrektur überhaupt beginnt, ist es natürlich unmöglich zu raten, wie weit diese reichen könnte. Es geht bei diesem Indikator auch vielmehr darum vorbereitet zu sein und nicht mehr auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Wegen der für Aktien günstigen Jahreszeit ergeben sich vielleicht schon bald wieder günstigere Einstiegsgelegenheiten für die Unterinvestierten als heute.
Da der für mittelfristig orientierte Anleger wichtige NYSE Bullish Percent erst bei 70 % und in einer positiven X-Spalte handelt, gehe ich nicht von größeren Turbulenzen aus. Meiner Meinung steigt nur die Gefahr eines völlig normalen Durchatmens der Kurse, was einer Korrektur von 4 bis 5 Prozent entsprechen würde, die kein Beinbruch wäre. Vor allem, wenn man darauf vorbereitet und abgesichert ist.
Nasdaq 100 erreicht neues Jahreshoch
Da in der Hausse speziell die Wachstumsaktien den steigenden Risikoappetit der Anleger reflektieren, lohnt sich der aktuelle Blick auf die Nasdaq 100. Speziell nach den ordentlichen Zahlen des Softwaregiganten Microsoft.

Ungewöhnlich häufig wechselten sich in den vergangenen Monaten wegen des vorherrschenden Seitwärtstrends die X- und die 0-Spalten ab. Nur zur Erinnerung: drei „Boxen“ sind im Chart als die relevante Umkehrgröße für den Wechsel zwischen Angebot und Nachfrage definiert, da das ständige „Rauschen“ in den Charts vermindert werden soll. Wie Sie im rechten Bereich der Grafik erkennen, zögerten die Wachstumsaktien Anfang Oktober (Buchstabe A) kurz an den alten Widerständen bei 2.020 Punkten, überwanden diese aber dynamisch. Nach einem kurzen aber typischen Pullback stiegen die Kurse in einer dynamischen X-Säule weiter und sind jetzt nach oben „frei“ bis etwa 2.350 Punkte. Auch für die Wachstumsaktien bleibt der äußere Chart uneingeschränkt positiv. Trotzdem gibt es auch hier einen Wermutstropfen vom inneren Markt. Der Bullish Percent für die Nasdaq 100 steht bei 79 % und damit im oberen Wendebereich. 79 von 100 Aktien des Index handeln also auf einem P & F Kaufsignal. Dies wiederum ist ein Zustand, der zwar eine Weile bestehen bleiben kann, aber kaum zu steigern ist. Baldige und völlig normale Gewinnmitnahmen wären also keine Überraschung.
Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.