Währungskrieg und Vertrauensverlust

Besonders viel hat sich in den etablierten Indizes während der vergangenen Woche per Saldo nicht getan.
Während der DAX praktisch auf dem gleichen Niveau verharrt, kroch der führende S & P 500 um etwa 1,5 Prozent an der in der vergangenen Woche hier beschriebenen „Mauer der Angst“ empor. Deutlich und unverändert blieb eine Angewohnheit der Marktteilnehmer: jede kleine Kursdelle wird für Nachkäufe genutzt. Dadurch scheint sich der erfolgreiche Ausbruch des S & P 500 über seine Widerstände zu bestätigen. Diese Denkweise wird auch vom wichtigen Risiko-Indikator des „inneren Marktes“ des NYSE Bullish Percent gestützt, der zwei Kaufsignale in Folge generierte und nun bei 64 Prozent notiert. Damit kann trotz der freundlichen Kursphase an den US-Bösen noch längst nicht von einem mittelfristig erhöhten Risiko gesprochen werden.
Offensichtlich ist immer noch genügend Kapital an der Seitenlinie oder in liquiden Zinspapieren geparkt, welches kontinuierlich in den Aktienmarkt schwappt. Dies ist vordergründig erstaunlich, da die Indizes äußerlich nicht nur überkauft sind, sondern außerdem kurshemmende Themen wie der Währungskrieg mittlerweile ihren Weg in die Massenmedien gefunden haben. Am gestrigen Donnerstag warnten sogar der IWF und die Weltbank mit drastischen Worten vor den Folgen eines Abwertungswettlaufs zwischen den Währungen, da offensichtlich mehrere Länder ihre Währungen als Waffe zur Eroberung von Exportmärkten einsetzen. Bekanntlich ist es meiner Meinung nach müßig, über die Ursache der Kursbewegung von Edelmetallen und Aktien zu diskutieren, ich empfehle das Thema „Währungskrieg“ aber aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Die Aktienmärkte tendieren nicht freundlich, da sie das Währungsproblem ignorieren, sondern ganz im Gegenteil, weil die Investoren trotz ihres Unbehagens gegen Aktien in Sachwerte geprügelt werden.
Steigende Geldschöpfung hebt den Goldpreis
In diesen Tagen kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Notenbanken komplett das Interesse für Geldwertstabilität verloren haben. Wahrscheinlich wird bereits in der kommenden FED-Sitzung die nächste Stufe der Zinspolitik gezündet und Details zur Erreichung des Null-Prozent-Zinsniveaus veröffentlicht. In Anbetracht des Goldpreisanstiegs scheinen weitere Aufkäufe von US-Anleihen, also „Gelddrucken“, eine beschlossene Sache. Aber auch die Japaner lassen sich derzeit nicht lumpen und intervenieren am Devisenmarkt, um den Höhenflug des Yen zu dämpfen. Zu allem Übel verkündet China, keinesfalls auf die anhaltenden westlichen Forderungen einzugehen, den Yuan aufzuwerten und diese Export-Subvention zu mildern. Es ist also kein Wunder, dass wegen der starken Verwässerung des US-Dollars und der weltweit rasant steigenden Geldmenge die Flucht in die Edelmetalle ungebrochen ist. Dies verdeutlicht das schnell schwindende Vertrauen vieler Anleger in unser Geldsystem. Umgekehrt bin ich davon überzeugt, dass der Anstieg vieler Edelmetalle und der Aktienindizes durch die Entwertung des Papiergeldes angefeuert wird und Gold seine Funktion als Inflationsindikator ausübt.
Korrektur des Goldpreises undenkbar – wirklich?

Sehr gut erkennt man die Trendbeschleunigung im Point & Figure Chart, dessen aktuelle X-Säule ganz rechts schon fast an eine „Fahnenstange erinnert“. Im Zusammenhang mit der kurzen Erholung des Dollarkurses im Juli (0-Spalte mit der Ziffer 7) verletzte Gold kurzfristig die positive Unterstützungsgerade. Doch nach wenigen Wochen dominierte wieder eindeutig die Nachfrageseite den Goldmarkt und die kurze Kursschwäche erwies sich als Bärenfalle. Mit der zusätzlichen Nachfrage der zum Eindecken gezwungenen Leerverkäufer ging der Goldpreis ab August förmlich durch die Decke. Diese Preisexplosion von fast 20 Prozent im Gold erscheint mir nun doch etwas zu viel des Guten zu sein und meiner Meinung nach schreit der Goldpreis förmlich nach einer Konsolidierung. Im P & F Chart bildete sich eine ungewöhnlich lange X-Spalte, die den Nachfrageüberhang darstellt. Diese Chart-Formation wird als „Long Tail Up“ bezeichnet, visualisiert die Übertreibungsphase und bildet sich häufig vor unerwarteten Preiskorrekturen. Diese beenden natürlich nicht zwangsläufig die Hausse, was man auch am mittelfristigen Projektionsziel für den Goldpreis erkennt, welches bei unglaublichen 1.770 $ liegt. Vorrübergehend sollte man meiner Meinung nach Positionen im Goldbereich leicht zurückfahren und bei Bedarf Gewinne mitnehmen. Dafür sprechen auch die aktuellen Manipulationsversuche in der Presse, z.B. die geschickt lancierten Hinweise auf die angeblich extrem hohe Goldquote von 80 % im Portfolio des prominenten Hedgefondsmanagers Paulson. Ebenfalls auffällig ist es, dass in der Presse noch nicht einmal die Möglichkeit einer Konsolidierung von Gold und des Minensektors diskutiert wird. Dies sind untrügliche Zeichen dafür, dass eine normale Korrektur des Sektors nicht mehr allzu weit entfernt ist.
US-Dollar weiter schwach
Die Kehrseite des festen Goldes und anderer Edelmetalle ist der Vertrauensverlust in Papiergeld, vor allem in den US-Dollar. Hier erkennen Sie gut an der rechten Nullspalte, die den Angebotsüberhang darstellt, den im Juli (Ziffer 7) erneut einsetzenden Erosionsprozess im US-Dollar.

Dargestellt ist hier der Kurs des Dollars gegenüber einen Korb wichtiger Währungen. Angeheizt durch die für einen FED Präsidenten ungewöhnlichen Überlegungen über die zu geringe Inflationsrate in den USA, kam der Dollar gehörig unter Druck. Dennoch wurde aber, und dies ist sicherlich eine Überraschung, das aus dem Frühjahr resultierende Kaufsignal noch nicht egalisiert. Die aktuelle negative 0-Spalte ist noch nicht unter die vorhergehende X-Spalte gewandert. Der Dollar handelt nach wie vor in der übergeordneten und im Jahre Krisenjahr 2008 eingeleiteten Seitwärtsbewegung. Interessant ist aber vor allem die Beobachtung, dass Währungen auch schon in früheren Rezessionsjahren als Export-Subvention genutzt wurden. Allein der martialische Begriff des „Währungskrieges“ wurde neu erfunden. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang den Startschuss der gegenwärtigen Dollarschwäche. Dieser lag im Frühjahr 2002, als die USA ähnlich wie heute in einer kritischen konjunkturellen Verfassung steckten und immer tiefer in die Rezession zu stürzen drohten. Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber hier scheint sie sich auf alle Fälle zu reimen.
NYSE bleibt sehr bullisch

Zum Abschluss noch rasch ein Blick auf den breiten Aktienmarkt, der ja eigentlich im Mittelpunkt meiner Kolumne stehen sollte. Im rechten Bereich erkennen Sie anhand der dynamischen X-Spalte den aktuell hohen Nachfrageüberschuss. Seit dem Zwischentief bei 6.600 Punkten treiben die Bullen die Kurse nach oben und bleiben ganz eindeutig im Vorteil. Die Beendigung der im Frühjahr eingeläuteten Seitwärtsphase wurde bei 7.000 Punkten eingeleitet und bei 7.200 bestätigt. Der Test des zyklischen Hochs bei 7.700 scheint vorprogrammiert und nur eine Frage der Zeit zu sein. Übrigens deutet das langfristig meist sehr erfolgreiche Projektionsziel der P & F Technik auf ein erfolgreiches Knacken dieses Hochs und bedeutend höhere Kurse. Wie oben bereits kurz angedeutet, sprechen auch die Indikatoren des „inneren Marktes“ eine deutliche und positive Sprache. Einzig die kurzfristige zyklische Komponente ist etwas überhitzt. Da aber bekanntlich Indizes länger übertreiben können als man denkt, ist dies kein Ausstiegssignal sondern vielmehr ein Hinweis auf das etwas überhöhte Risiko für neue kurzfristige Engagements. Da der breite Markt der NYSE ein sehr wichtiger Leitindikator für die internationalen Aktienmärkte ist, gehe ich davon aus, dass auch im DAX die Bullen bald wieder eindeutig im Vorteil sind und es schaffen, die wichtigen Hochs bei knapp 6.300 Punkten zu knacken.
Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.