Mit Börsen-Unwörtern auf Zeitreise

Entschuldigen Sie bitte, dass wir Sie von Zeit zu Zeit mit Sprachschludereien ...
... wie „Euro-Rettungsschirm“, „Gewinnwarnung“ oder „Seitwärtsbewegung“ behelligen! Wir machen uns damit Wörter zu eigen, die Makler, Wertpapierhändler und Analysten an der Börse Düsseldorf zu „Börsen-Unwörtern des Jahres“ gewählt haben.
Nun ereilte dieses Schicksal den „Euro-Rettungsschirm“. Tatsächlich ist der Begriff eigentlich völlig daneben – schließlich hat die Notkreditlinie für hochverschuldete Staaten weder etwas von einem „Schirm“ noch bringt sie die endgültige „Rettung“. Aber leider ist der Begriff Anlegern und Finanzjournalisten längst in Fleisch und Blut übergegangen – ebenso wie die anderen „Börsen-Unwörter“ seit 2001.
Wer die Liste durchliest, geht auf Zeitreise. Oder fühlen Sie sich bei „Gewinnwarnung“ (2001) oder „Enronitis“ (2002) nicht sofort in die Spätphase der New Economy zurückversetzt? Nach der „Seitwärtsbewegung“ (2004) himmelten Anleger kurz vor dem Hoch 2006 „Börsen-Gurus“ an, nur um anschließend doch wieder vom Baissedruck nach „Subprime“ (2007) und „Leerverkauf“ (2008) überwältigt zu werden.
Eine schöne Idee der Börse Düsseldorf! Obwohl ja auch im Wettbewerb zum allgemeinen „Unwort des Jahres“ Wirtschafts- und Finanzthemen erschreckend häufig „gewinnen“. Mehr noch als die Wahl von „Ich-AG“, „Humankapital“ oder „notleidende Banken“ stören uns dabei Begründungen wie „Reduzierung auf sprachliches Börsenniveau“, die unübersehbar eine Geringschätzung der Finanzwelt erkennen lassen.
Und die (Börsen-)Unwörter des Jahres 2011? Kennen wir natürlich nicht. Denn wie immer werden am Ende zwei Begriffe die Nase vorn haben, die jetzt noch kaum jemand auf der Rechnung hat. Und mit denen Sie trotzdem noch lange später ganz selbstverständlich das Börsenjahr 2011 assoziieren werden.
Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.