Sarrazin – An der Börse kein Thema

Thilo Sarrazin.
Eigentlich ist der Aufreger der vergangenen Tage an der Börse nur ein Randthema. Der Mann ist zwar (noch) im Vorstand der Bundesbank und eines der bekannteren Gesichter auf den Kapitalmärkten, doch auf den Kurstafeln haben seine Äußerungen wie auch die Reaktionen seiner Vorstandskollegen und der Politiker bislang keine Spuren hinterlassen.
Dennoch lässt der Umgang der Politik mit dem „Fall Sarrazin“ auch Anleger aufhorchen: Wie geht die politische Kaste in Berlin mit Akteuren (des Finanzmarktes) um, deren Meinungen oder Aktionen ihnen unsympathisch sind? Denn neben einigen dummen Äußerungen hat Sarrazin auch Probleme angesprochen, die die Mehrheit der Deutschen zumindest für diskussionswürdig hält. Doch statt sich zuallererst mit seinen Thesen auseinanderzusetzen, nötigten führende Politiker die eigentlich unabhängige Bundesbank dazu, den unliebsamen Querulanten so schnell wie möglich loszuwerden.
Leider ist das nicht der erste Versuch der Politik, auf Akteure und Institutionen des Finanzmarktes Druck auszuüben. „Mehr Staat, weniger Markt“ bleibt ihr Leitmotiv, jetzt wie in den vergangenen Jahren. Das Bild des „bösen Spekulanten“ ist fest etabliert und wird sicher reaktiviert, wenn „Angriffe“ auf die Eurozone „abgewehrt“ werden sollen oder mal wieder ein „Rettungspaket“ ansteht. Zudem müssen Anleger damit leben, dass das Bankgeheimnis weiter ausgehöhlt wird, der Staat Leerverkäufe einschränkt und auf fragwürdige Weise Daten von „Steuersünder-CDs“ nutzt.
Hätte die Bundesbank Thilo Sarrazin auch ohne politischen Druck vor die Tür gesetzt? Durchaus möglich. Durch die Einmischung von Merkel & Co. verstärkt sich leider unser Eindruck, dass der Politik unabhängige Finanzmarktinstitutionen eigentlich nicht geheuer sind und sie in die Kapitalmärkte lieber direkt „hineinregieren“ würde.
Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH i.G. übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.