Benko vor Gericht: Der erste Prozess in der Signa-Pleite beginnt

Knapp zwei Jahre nach dem Zusammenbruch seines Signa-Imperiums muss sich Firmengründer und Ex-Milliardär René Benko vor Gericht verantworten.
Die Justiz ermittelt zu zahlreichen Verdachtsmomenten gegen den 48-jährigen Immobilienunternehmer. Der für Dienstag und Mittwoch anberaumte Prozess vor dem Landgericht Innsbruck ist der eher überschaubare Auftakt zur strafrechtlichen Aufarbeitung der größten Pleite in der österreichischen Geschichte. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen:
Welche Vorwürfe stehen in dem Prozess im Raum?
Benko soll Vermögenswerte beiseitegeschafft haben, um sie vor seinen Gläubigern zu verbergen. Das nennt man in Österreich betrügerische Krida. Die angeklagte Schadenssumme beträgt 660.000 Euro. Benko soll laut Staatsanwaltschaft einen "wirtschaftlich nicht vertretbaren" Miet- und Betriebskostenvorschuss für ein Haus in Höhe von 330.000 Euro bezahlt haben. Außerdem habe er einer Angehörigen 300.000 Euro geschenkt. Der Strafrahmen reicht bis zu zehn Jahren Haft.
Wie wird der Prozess verlaufen?
Nach Verlesen der Anklage haben Verteidigung und der Angeklagte selbst das Wort. Benko steht es frei, sich umfänglich zum Sachverhalt oder auch zu anderen, weit darüber hinaus reichenden Vorwürfen zu äußern. Die geplanten zwei Verhandlungstage können nach bisheriger Einschätzung des Gerichts eingehalten werden. Die große Frage ist - wie bei jedem Prozess - ob Beweisanträge der Verteidigung das Verfahren verzögern. Das mediale Interesse am ersten Auftritt Benkos seit Antritt seiner U-Haft ist jedenfalls groß. Rund 70 Journalistinnen und Journalisten haben sich angemeldet.
Welche Ermittlungen gibt es sonst noch?
Es gibt in Österreich insgesamt 14 Ermittlungsstränge. Neben der betrügerischen Krida spielen der Verdacht der Untreue und des schweren Betrugs die Hauptrolle. "Es ist noch unklar, wann eventuelle weitere Anklagen erhoben werden", sagt der Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Martin Ortner. Rund 15 Verdächtige sind im Visier der Justiz. Das aktuelle Verfahren markiert jedenfalls den Beginn der strafrechtlichen Aufarbeitung. Ermittelt wird auch in Deutschland und Italien - unter anderem wegen des Verdachts der Geldwäsche.
Was hat Benko zu befürchten?
Die Höchststrafe für alle Delikte, zu denen die Justiz gegen ihn ermittelt, beträgt jeweils zehn Jahre. Da Haftstrafen in Österreich nicht addiert werden dürfen, bliebe es im Fall des 48-Jährigen selbst bei mehreren Verurteilungen bei insgesamt höchstens zehn Jahren Haft. Sollte diese Höhe nach ersten Urteilen erreicht werden, würden die restlichen Verfahren gegen Benko eingestellt.
Welche Dimension hat die Signa-Pleite?
Das auf Immobilien und Handel spezialisierte Signa-Imperium bestand aus nicht weniger als 1.130 Gesellschaften. Viele gehen davon aus, dass praktisch nur Benko den Gesamt-Überblick über das Geflecht hatte. Er war zwar seit 2012 nicht mehr Chef, aber Investoren wie der einstige Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner halten ihn für bis zuletzt äußerst einflussreich. Eine Konzern-Bilanz hat die Signa niemals vorgelegt. Offenkundig vertrauten die Investoren auch aus Deutschland auf die von Benko versprochenen Gewinn-Perspektiven.
Inzwischen laufen Hunderte von Insolvenzverfahren. Die Forderungen belaufen sich nach Angaben des Kreditschutzverbands KSV von 1870 auf rund 27 Milliarden Euro, von denen 9 Milliarden anerkannt worden seien. Darin sind alle Forderungen enthalten, die Signa-Gesellschaften untereinander erheben. Der wirtschaftliche Schaden rein für externe Auftragnehmer ist noch nicht bezifferbar.
Wie sieht es mit Forderungen gegenüber Benko selbst aus?
Auch in seiner Insolvenz als Unternehmer sieht sich Benko immensen Forderungen gegenüber. Laut Gläubigerschutzverband Creditreform belaufen sich die Forderungen auf 2,7 Milliarden Euro. Anerkannt seien bisher aber nur 47 Millionen Euro. Benkos Eigenmittel sollen nur 300.000 Euro betragen.
Wie wurde Benko zum Milliardär?
In der Schule in Innsbruck fiel er auf - durch Fehlstunden und glänzendes Netzwerken. Statt sein Abitur zu machen, zog er es vor, erstes Geld mit dem Ausbau von Dachböden zu verdienen. Früh schon gelang es ihm, Investoren von seinem Geschäftstalent zu überzeugen. Seine 1999 in Signa umbenannte Immobilienfirma war eine der größten in Österreich. Benko galt als Workaholic, der morgens um fünf Uhr aufstand und bis Mitternacht arbeitete.
Für Aufsehen sorgte 2004 die Übernahme des Kaufhauses Tyrol in Innsbruck. In Wien entwickelte er in bester Innenstadtlage das "Goldene Quartier". Er beteiligte sich später an Gebäuden wie dem Chrysler Building in New York, dem Nobelkaufhaus Selfridges in London oder dem Elbtower in Hamburg. Zu seinen Glanzzeiten wurde Benkos Vermögen - beflügelt von steigenden Immobilienpreisen - auf fast fünf Milliarden Euro geschätzt.
Wie war sein Lebensstil?
Benko machte sich in der Öffentlichkeit insgesamt ziemlich rar. Aber immer wieder lud er die Spitzen aus Gesellschaft und Politik zu seinen Events ein. Er wurde in der Society geschätzt. Sein Lebensstil war dem Niveau im Jetset angemessen. Er hatte eine 62-Meter-Jacht und einen Privatjet zur Verfügung, wohnte in einem riesigen Haus mit mehreren Tausend Quadratmetern Nutzfläche in Innsbruck, und seine Büros waren exquisit möbliert. Zum Unmut der Öffentlichkeit schien er auch nach der Pleite zumindest teilweise an diesem Stil festzuhalten.
Was wurde Benko zum Verhängnis?
Im Immobiliengeschäft sind die Zinskosten für Kredite ein entscheidender Faktor. Als die Zinsen nach einer langen Niedrigzins-Phase wieder stiegen, geriet die Signa rasch in Schwierigkeiten. Benko versuchte noch, Geld von alten und neuen Investoren aufzutreiben. Neben den riesigen Problemen im Immobilienbereich gilt der Einstieg ins Handelsgeschäft mit dem Kauf von Karstadt und Kaufhof als schwere Belastung.
Benko habe sich mit dem Investment in den stationären Handel in Deutschland auch eine Art Denkmal im großen Nachbarland setzen wollen, vermuten Beobachter. In Österreich war Benko mit Kika/Leiner in den umkämpften Möbelhandel eingestiegen. Das Unternehmen ist mittlerweile insolvent.
Was macht Benko aktuell und wie geht es weiter?
Benko sitzt seit Januar 2025 in Untersuchungshaft in Wien. Nach seinem ersten Prozess am 14. und 15. Oktober 2025 werden voraussichtlich weitere folgen. Bei der Aufarbeitung der Insolvenz müssen die Insolvenzverwalter Vorgänge melden, die strafrechtlich relevant sein könnten. Die Staatsanwaltschaft verfolgt dann diese Hinweise. Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Verfahren viele Jahre dauern könnten.
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INNSBRUCK (dpa-AFX)
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