ZERO WINTERDEAL 2025: Bis zu 300 € Prämie + Gratis-Aktie + finanzen.net MSCI World-ETF -
Jetzt informieren!
Das neue und das alte China
02.10.16 16:00 Uhr

Björn Jesch, Union Investment
Der Umbau der chinesischen Wirtschaft von der Werkbank der Welt hin zu einer modernen Marktwirtschaft läuft an. Der Weg ist steinig, bietet aber neue Chancen.
Werbung
von Björn Jesch, Gastautor von €uro am Sonntag
Die kräftige Binnennachfrage ist der wesentliche Unterbau auf dem neuen Pfad, den China eingeschlagen hat. Dass der Weg steinig werden würde, stand bei einer Volkswirtschaft dieser Größenordnung nie in Zweifel. Wie sehr sich das Land verändert, lässt sich derzeit idealtypisch mit einem Blick auf die Unternehmenswelt Chinas ausmachen.
Werbung
Werbung
Diese ist gespalten in einen neuen und einen alten Teil. Das alte China, das sind die Konzerne, die von Investoren SOEs genannt werden: State Owned Enterprises - Unternehmen in Staatsbesitz. Sie sind oft aktiv in Sektoren mit niedrigem, vor allem aber perspektivisch abnehmendem strukturellem Wachstum wie etwa Energie, Versorger und Infrastruktur. Sie sind meistens unbeweglich, oft sehr hoch verschuldet, leiden unter Eingriffen durch die lokale oder nationale Politik, unter Korruption und langwierigen Innovationszyklen. Mit einer großen SOE-Reform versucht Peking diese Unternehmen zu konsolidieren und wettbewerbsfähiger zu machen.
Für die Reform ist das zentrale Problem der SOEs ihre Größe: Sie stehen für ein knappes Fünftel aller Arbeitsplätze, ihr Umsatz entspricht ungefähr dem Bruttoinlandsprodukt von Japan. Konzerne mit mehr als 300 000 Mitarbeitern sind keine Seltenheit. Oft sitzen in den Führungsriegen verdiente Mitglieder der Kommunistischen Partei.
Klar ist aber auch: Unternehmen dieser Größenordnung werden wie Tanker gesteuert. Eine Vollbremsung geht mit schweren Schäden an Mensch und Maschine einher. Deshalb agiert Peking beim Umbau der SOE auch behutsam - um Arbeitsplätze nicht zu gefährden und um die von den Staatsunternehmen abgedeckten Wirtschaftszweige nicht brachliegen zu lassen, sondern um sie gesundzuschrumpfen.
Werbung
Werbung
Bis das neue China das alte vollständig ersetzen kann, mag noch einige Zeit vergehen, die Anfänge sind aber vielversprechend. Junge Unternehmen wie das Facebook-Pendant Tencent oder der Internethandel Alibaba stoßen in die Lücken, welche die Öffnung Chinas mit sich bringt und die von den Staatsunternehmen nicht oder nicht mehr gefüllt werden können. Sie reiten auf der Welle der steigenden Nachfrage aus einem Mittelstand, den es in China in dieser Form erst seit einem knappen Jahrzehnt gibt. Sie gehören zu den Darlings internationaler Investoren, weil sie eine einmalige Marktstellung sowie kräftige Wachstumsraten vorzuweisen haben.
Aber auch in der zweiten Reihe tut sich vieles. Firmen aus den Bereichen Fashion und Unterhaltung, auch Reiseanbieter und Bushersteller profitieren von der neuen Lust an der Freizeit. Das auch in der Regierung gestiegene Unbehagen hinsichtlich der Luftqualität in den chinesischen Großstädten bietet den Herstellern von Elektroautos angesichts eines Marktes mit 1,3 Milliarden Menschen Absatzchancen.
Techfirmen auf Augenhöhe mit der Westkonkurrenz
Zumal die Zentralregierung penibel darauf achtet, dass den Anbietern nur in überschaubarem Maße Wettbewerb aus dem Ausland erwächst. Sprich: Tencent und Alibaba sind auch deshalb so groß, weil sie sich vielfältiger Unterstützung aus Peking erfreuen durften - anders als die westlichen Rivalen Facebook und Amazon. Mittlerweile sind die in China ansässigen Techfirmen mit der Konkurrenz aus dem Westen auf Augenhöhe und beackern ähnlich breite Geschäftsfelder, die sich über den ursprünglichen Kern hinaus auch auf IT-Cloud-Services und Finanzdienstleistungen erstrecken. So gesehen haben also auch die Staatsbanken wie ICBC und Bank of China Grund, sich Sorgen zu machen.Investoren aus dem Ausland verfolgen den Wandel mit Argusaugen. Die Erfolgsstorys aus dem neuen China wecken Begehrlichkeiten - und die Suche nach potenziellen Nachfolgern und weiteren Gewinnern der Transformation der Wirtschaft hat längst begonnen. Je mehr Wettbewerb das Land zulässt, desto größer werden die Möglichkeiten für Anleger. Und: Die schrittweise Öffnung der chinesischen Börsen erlaubt es, sich auch an kleineren Adressen zu beteiligen, statt auf Listings in Hongkong auszuweichen. Für aktive, kundige und erfahrene Investoren dürfte an lukrativen Investitionsgelegenheiten also sicherlich kein Mangel herrschen.
Werbung
Werbung
Kurzvita
Björn Jesch
Leiter Portfoliomanagement bei Union Investment
Der gelernte Bankkaufmann und Devisenhändler Jesch ist seit 2012 Leiter des Portfoliomanagements von Union Investment und führt das Fondsmanagement-Team mit rund 250 Mitarbeitern. Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und managt über 275 Milliarden Euro für private und institutionelle Anleger.
Weitere News
Bildquellen: Fritz Philipp/Union Investment, Digital Storm / Shutterstock.com