Alternative zum IPO: Schwappt der SPAC-Trend nun auch nach Europa?
Im vergangenen Jahr schafften zahlreiche Unternehmen den Sprung an die Börse mittels Akquisitionszweckunternehmen - bislang aber vor allem in den USA. Als prominentes Beispiel ist hier der Tesla-Konkurrent Nikola zu nennen. 2021 könnte nun aber auch in Europa ganz im Zeichen der SPACs stehen.
Werte in diesem Artikel
• Milliardengeschäft mit Mantelgesellschaften
• SPACs halten sich bislang in Europa in Grenzen
• Große Pläne für 2021 - aber auch Risiken möglich
SPAC-Trend bislang vor allem in den USA
2020 war das Jahr der Börsengänge mittels SPACs. Die Abkürzung steht für "Special purpose acquisition company", was sich mit Akquisitionszweckunternehmen oder Mantelgesellschaften übersetzen lässt. Für diese Unternehmenshüllen werden von Organisatoren Geldgeber gesucht, die die börsennotierte Gesellschaft finanziell unterstützen sollen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Wurde genügend Kapital eingesammelt, wird Ausschau nach geeigneten Firmen gehalten, die das SPAC übernehmen kann. Die leere Unternehmenshülle und das aufgekaufte Unternehmen werden zu einer Gesellschaft verschmolzen und über diesen Weg an die Börse gebracht. Im Vergleich zu einem traditionellen Börsengang ist ein SPAC-IPO für Unternehmen effizienter und unkomplizierter. Nicht nur, dass die Unternehmen sich nicht selbst um Investoren kümmern müssen, auch der Genehmigungsprozess der US-Börsenaufsicht SEC entfällt.
Und die Nachfrage ist riesig: Laut der Finanzmarktplattform Dealogic wurden im vergangenen Jahr 82,4 Milliarden US-Dollar in 248 SPACs investiert. Bisher haben diese laut Reuters 96 Unternehmen zu einem Gesamtpreis von 147 Milliarden US-Dollar erstanden. Dabei sei die größte Übernahme durch ein SPAC die der Hypothekenbank United Wholesale Mortgage gewesen, die ganze 16 Milliarden US-Dollar gekostet haben soll. Aber auch Tesla-Konkurrent Nikola, der sich jüngst gegen Betrugsvorwürfe behaupten musste, wählte 2020 den Weg über ein SPAC-IPO. Der Großteil der SPACS im letzten Jahr habe sich in den USA zugetragen, so die Nachrichtenagentur Bloomberg.
Bislang nur wenige SPACs in Europa
In Europa scheint der Trend bislang noch nicht angekommen zu sein. Laut Bloomberg wurden hier 2020 nur zwei SPACs an die Börsen gebracht. Die größte dieser Gesellschaften, 2MX Organic, wurde vom französischen Milliardär Xavier Niel und seinen Partnern Matthieu Pigasse and Moez-Alexandre Zouari ins Leben gerufen und ist aktuell auf der Suche nach Unternehmen, die nachhaltige Waren verkaufen. 2MX Organic nahm im Dezember den Handel an der Euronext in Paris auf, nachdem die Gründer 300 Millionen Euro eingesammelt hatten - geplant waren laut goingpublic.de nur 250 Millionen Euro. Zuvor startete die Dutch Star Companies Two an der Euronext in Amsterdam. Nachdem das Unternehmen im Februar an die Börse ging, konnte es laut Informationen des Portals im November bereits Kapital über 110 Millionen Euro verzeichnen - damit kommen Unternehmen in Frage, die mit bis zu 400 Millionen Euro bewertet wurden.
Boom könnte auch Deutschland erreichen
In Deutschland ist das Phänomen bisher kaum zu sehen, so Reuters weiter. Bereits 2008 listeten Florian Lahnstein, Thomas Middelhoff und Roland Berger die Unternehmenshülle Germany1 an der Euronext Amsterdam, wie aus einer Pressemitteilung des Beratungsunternehmens Noerr hervorgeht, welches einen der investierten Sponsoren beriet. Das Akquisitionszweckunternehmen übernahm dann das mittelständische Unternehmen AEG Power Solutions, das 2017 insolvent ging. Anschließend nahm man das Mantelunternehmen wieder von der Börse. Ähnlich sah es beim SPAC Electrawinds aus, das 2018 Insolvenz anmeldete.
Die spärliche SPAC-Landschaft in Deutschland könnte aber bald der Vergangenheit angehören. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg plant der deutsche Investor Klaus Hommels, der bereits früh in Spotify, Facebook und Skype investierte, mit seinem Fonds Lakestar ein deutsches SPAC, das 400 Millionen Euro an Geldmitteln umfassen soll, bevor es auf die Suche nach einem geeigneten Übernahmeziel geht. Hierbei soll es sich dann um ein Technologieunternehmen handeln. Handelsplatz von "Lakestar SPAC1" soll die Frankfurter Börse sein, der Handelsbeginn ist auf den 22. Februar angesetzt. Dafür arbeitet der Fonds mit der Deutschen Bank zusammen, weitere Finanzinstitute könnten folgen. Laut dem Gründerszene-Portal von Business Insider hat Hommels es auf europäische Firmen abgesehen, zur Finanzierung des SPACs kämen sowohl deutsche als auch internationale Investoren in Frage.
Tailwind International Acquisition will sich auf europäischen Markt konzentrieren
Im Januar dieses Jahres beantragte außerdem ein weiteres Akquisitionszweckunternehmen den Börsengang an der NYSE. Tailwind International Acquisition, welches vom ehemaligen Jimmy Choo-CEO Pierre Denis geleitet wird, will sich dabei ebenfalls auf den europäischen Markt konzentrieren. "Wir beabsichtigen, unsere Suche auf internationale Consumer-Internet- und andere wachstumsstarke Technologieunternehmen in internationalen Märkten zu fokussieren, mit einem Schwerpunkt auf dem europäischen Markt", so Denis im der US-Börsenbehörde SEC vorliegenden S-1-Formular. Laut Renaissance Capital will die Mantelgesellschaft 250 Millionen US-Dollar einnehmen und dazu 25 Millionen Einheiten à 10 US-Dollar anbieten. Bei der Gründung maßgeblich involviert war außerdem Philip Krim, der CEO des US-Matratzenhändler Casper Sleep. Krim wirkte bereits bei der Gründung des SPACs Tailwind Acquisition mit, das im September 2020 300 Millionen US-Dollar einnahm, so Renaissance Capital.
Auch der Geldgeber Priceville startete mit seinem 345 Millionen US-Dollar teuren SPAC kürzlich an der Börse durch und sucht nun speziell nach europäischen und asiatischen Firmen. "Circa ein Viertel der SPACs könnte auch in Europa ein Unternehmen kaufen und sieht sich hier um", so Philipp Schlüter von der Finanzberatung Cowen laut FinanceFWD. Ein mögliches SPAC-Ziel wäre das Flugtaxi-Startup Volocopter, das sich aktuell nach neuen Investoren umschauen soll. Auch die Möglichkeit einer Mantelgesellschaft soll dabei diskutiert worden sein, so FinanceFWD.
Erhöhtes Risiko - vor allem für Investoren
Laut FinanceFWD sind SPACs durchaus riskante Investitionen. So habe das Wall Street Journal zwischen Januar 2019 und Juni 2020 verschiedene Unternehmen untersucht, die mittels Mantelgesellschaften an die Börse gingen, und herausgefunden, dass der Wert dieser nach der Übernahme durch Akquisitionszweckunternehmen um durchschnittlich zwölf Prozent sank.
Auch können Investoren wenig planen, wofür sie ihr Geld im Endeffekt geben. Welches Unternehmen übernommen wird, erfahren Anleger zuvor nämlich nicht. Nur die Branche ist bekannt. Daher bestehe laut dem Analyse-Portal CB Insights auch die Gefahr, dass Unternehmen akquiriert werden, die in finanzielle Not geraten sind und schnell Geld benötigen. Bei traditionellen IPO-Verfahren würden diese bereits im Vorfeld ausgemustert. Weiterhin sollten Geldgeber dem Sponsor vertrauen, immerhin unterstützen sie zuerst nur diesen, nicht das spätere Zielunternehmen. Auch in Bezug auf die zweijährige Frist, die SPAC-Organisatoren haben, um ein Unternehmen zu finden, warnt das Portal vor undurchdachten Entscheidungen seitens des Organisators kurz vor Fristablauf. Sollten die zwei Jahre verstreichen, müssen die Investoren ihre Geldmittel nämlich zurückerhalten. Generell seien Investoren bei SPACs benachteiligt, so CB Insights. Denn Geldgeber können ihre Anteile nicht auslösen, wenn sie nicht mit dem übernommenen Unternehmen einverstanden sind, erhalten aber auch kein Bezugsrecht für mehrere Anteile in der Zukunft, wenn sie die Übernahme für sinnvoll halten. Investoren legen sich also auf den Unternehmensanteil fest, noch lange bevor sie wissen, um welches Unternehmen es eigentlich geht. Mit dem SPAC-Boom im letzten Jahr hält CB Insights es auch für eine reale Gefahr, dass eine immer höhere Anzahl an Mantelunternehmen gegründet wird, es aber an Zielfirmen mangelt, die für SPACs in Frage kommen. Daran könnte das Konzept in der näheren Zukunft scheitern, warnen die Analysten.
Redaktion finanzen.net
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