IW-Chef Hüther sieht Chance von einem Drittel für Exit vom Brexit

Der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sieht doch noch eine Chance für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union.
"Ich schätze die Wahrscheinlichkeit auf ein Drittel", sagte Hüther am Montag in Berlin. Er geht davon aus, dass die Briten in den nächsten Jahren die negativen wirtschaftlichen Folgen des Brexit-Entscheids spüren werden und das zu einem Umdenken führen könnte.
"Schon heute wird der beliebte Brotaufstrich teurer, ziehen Restaurants weg, weil die Oliven teurer werden", nannte der Ökonom als Beispiele aus dem täglichen Leben. Die Finanzindustrie plane außerdem, Stellen von London auf den Kontinent zu verlagern. Die Wähler könnten deshalb Druck auf ihre Abgeordneten machen, dem Vertrag über den Austritt aus dem Staatenklub am Ende die Zustimmung zu verweigern. Premierministerin Theresa May hatte kürzlich in ihrer viel beachteten Rede angekündigt, das Parlament über das Ergebnis der Scheidungsverhandlungen entscheiden zu lassen.
Hüther glaubt, dass der ökonomische Druck auf das Vereinigte Königreich mit der Zeit gravierender wird. "Die Brexit-Verhandlungen dauern ja länger als zwei Jahre", erwartet der Wirtschaftsprofessor des arbeitgebernahen IW aus Köln. Die Drohungen der konservativen Regierung in London, den Inselstaat in ein Niedrigsteuerland zu verwandeln, hält er für reine Taktik. Das freundliche Vorfühlen für Sonderbedingungen hätten die Europäer zurecht abgeschmettert. "Jetzt kommt eben Stufe 2."
Hüther beharrte darauf, dass die Europäer die vier Grundfreiheiten für Kapital, Waren, Dienstleistungen und Arbeitnehmer unbedingt verteidigen müssten. "Langfristig hat London mehr zu verlieren als die EU. Der britische Wohlstand könnte um bis zu 10 Prozent sinken", erklärte der IW-Chef.
Premierministerin May will spätestens Ende März offiziell das Austrittsgesuch ihres Landes bei der EU einreichen. Artikel 50 des EU-Vertrages sieht dann zweijährige Austrittsgespräche vor.
BERLIN (Dow Jones)
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