Die Wirtschaft Spaniens seit dem zweiten Weltkrieg
Vom wirtschaftlich isolierten Mittelmeerland über das spanische Wirtschaftswunder hin zum Bauboom und dem Platzen der Immobilienblase - Spaniens Wirtschaftsentwicklung im Schnellabriss.
Zweiter Weltkrieg
Spaniens Wirtschaft lag im zweiten Weltkrieg am Boden. Das Land blieb zwar in den Kriegswirren neutral, konnte aufgrund zerstörter Produktionsanlagen aber nicht von der Kriegswirtschaft profitieren. Nach dem Krieg litt das Land unter der Diktatur Francos, die Spanien in die politische Isolation trieb. Weder konnte das Land auf Kredite der Allierten hoffen, noch war man Teil des Marshallplans. Die UNO verhängte 1946 einen diplomatischen Boykott gegen Spanien, der das Land zusätzlich isolierte. Um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, war das Land auf umfangreiche Weizenlieferungen Argentiniens angewiesen, wo der Präsident Juan Perón mit dem Mittelmeerland und dessen Regierung sympathisierte.
Die 1950-er und 60-er Jahre: Ein spanisches Wirtschaftswunder
In den 50-er Jahren änderte sich das politische Klima in der Welt. Der Ausbruch des Kalten Krieges brachte Spanien als mögliches Stützpunktland in den Fokus der USA – 1953 wurde ein Truppenstationierungsabkommen geschlossen. Spanien bekam milliardenschwere Kredite und knüpfte erste Handelsverbindungen mit Italien, Frankreich und England.
1959 wurde mit dem Plan de Estabilización eine Wirtschaftsreform eingeläutet, die das Land weg vom autarken Modell hin zu einem Modell des Wirtschaftsliberalismus führte. Der Kapitalverkehr wurde liberalisiert, zudem unternahm man nun Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation und förderte den Freihandel.
Die Industrieproduktion konnte infolge der Maßnahmen in den 60-er Jahren massiv erhöht werden, ein spanisches Wirtschaftswunder ermöglichte es, dass das Land zu den Wachstumsraten Frankreichs und Italiens aufschloss.
Der Seat 600 wurde zum Statussymbol des Wohlstandes – für viele Spanier war es das erste eigene Auto.
Die frühen 70-er Jahre: Geld aus dem Ausland
Zeitgleich zum stetigen Wachstum der Industrieproduktion sank die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft deutlich. Die Einwohnerzahl in den Städten explodierte unterdessen. Spanien wurde als Touristenziel entdeckt, was der Wirtschaft zusätzlich auf die Beine half. Das Mittelmeerland wurde damit ein ernstzunehmender Konkurrent von Italien.
Neben den ausländischen Touristen spülten auch die zahlreichen spanischen Gastarbeiter, die außerhalb des Landes arbeiteten, Geld in die Kassen des Landes und stärkten die spanische Zahlungsbilanz.
1973: Der Erdölschock
Auf wirtschaftlicher Ebene gab es nach der positiven Entwicklung der vergangenen Jahre 1973 einen herben Rückschlag. Die islamischen Staaten haben allen Ländern, die Israel unterstützen, mit einem Erdöl-Lieferboykott gedroht und setzten dieses teilweise auch um. Spanien war und ist besonders abhängig von fossiler Energie - die Investitions- und Wachstumsraten brachen ein, die Arbeitslosigkeit stieg unterdessen rapide an.
Spanien bediente rund 80 Prozent seiner Energiereserven auch heute noch mit Erdöl - der weitaus größte Teil davon musste importiert werden.
1975: Demokratisierung des Landes
Nach dem Tod des spanischen Diktators Francisco Franco im Jahr 1975 wurde bestimmt, dass Juan Carlos der Regierung als König vorsitzen solle. Im 1978 stimmte das Volk mit überwältigender Mehrheit für die Verfassung des Landes, mit der Spanien zu einer parlamentarischen Monarchie wurde . Der erste demokratische Ministerpräsident wurde Adolfo Suárez.
1986: Beitritt zur EG Im Jahr 1986 tritt Spanien der Europäischen Gemeinschaft bei und machte damit einen weiteren wichtigen Schritt im Zusammenhang mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Die Industrie wurde liberalisiert und modernisiert, was sich insbesondere positive auf den Dienstleistungssektor auswirkte, der immer mehr an Bedeutung gewann.
Auch die Tourismusindustrie wurde ausgebaut, zudem spielte auch die Landwirtschaft eine größere Rolle, da Spanien bis heute zu den Hauptlieferanten von Obst und Gemüse für die großen Supermarktketten in Europa gehört.
Ende der 80-er Jahre: Milliardeninvestitionen
Um der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit im Land Herr zu werden, unternahm die Regierung Ende der 80-er Jahre milliardenschwere Investitionen in die größten staatlichen Unternehmen. Die wirtschaftliche Lage konnte mit diesen Maßnahmen deutlich verbessert werden. Der Beitritt zur Europäischen Union wirkte sich ebenfalls positiv aus, da die Aussicht auf den Europäischen Markt auch ausländisches Kapital ins Land brachte. In den Städten siedelten sich neue Industriezweige an.
Zeitgleich fraß die Inflation die höheren Einkommen der Spanier auf - das Land mußte 1988 einen Generalstreik verkraften.
90-er Jahre
Eine weltweite Rezession sorgt auch im Mittelmeerland dafür, dass die Boomjahre vorbei sind. Die Arbeitslosenquote ist weiterhin sehr hoch, erst 1995 zieht die Konjunktur langsam wieder an.
Zehn Jahre Immobilienboom - Zusammenbruch 2007
Seit Mitte der 90er Jahre profitiert Spanien insbesondere von seiner starken Bauwirtschaft. Die privaten Haushalte verschuldeten sich zunehmend, um Wohneigentum erwerben zu können. Mit teilweise null Prozent Eigenkapital erwarben Spanier Wohnungen oder Häuser und bekamen von Banken und Kreditinstituten zusätzliches Kapital. Dieses System funktionierte solange, wie die Immobilienpreise stetig stiegen. Viele Spanier spekulierten mit Immobilien und beglichen mit dem Geld aus dem Verkauf von Immobilien die Kredite für ihr Wohneigentum. Das Schnellballsystem brach allerdings in sich zusammen - 2007 verloren infolge des Zusammenbruchs 20 Prozent der Angestellten im Bausektor ihre Jobs. Dies führte zu sinkenden Konsumausgaben und brachte das Land an den wirtschaftlichen Ruin.