Ultrarechte in Israel gegen Trumps Gaza-Friedensplan

28.09.25 14:42 Uhr

TEL AVIV/GAZA/LONDON (dpa-AFX) - Schon vor der offiziellen Bekanntgabe sorgen Pläne von US-Präsident Donald Trump zur Beendigung des Gaza-Kriegs für Unruhe unter ultrarechten Politikern und Siedlervertretern in Israel. Trump will dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu den 21-Punkte-Plan nach Medienberichten am Montag bei einem Treffen im Weißen Haus vorstellen. Erst danach wird mit einer offiziellen Reaktion Israels gerechnet.

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Die islamistische Terrororganisation Hamas teilte mit, sie habe den Vorschlag bislang nicht erhalten, den Trump am Rande der UN-Generalversammlung in New York arabischen Staats- und Regierungschefs vorgelegt hatte.

Die wichtigsten Punkte des neuen Trump-Plans

Nach israelischen und US-Medienberichten sieht der Plan eine Waffenruhe im Gaza-Krieg, die sofortige Freilassung aller 48 Geiseln 20 davon noch am Leben - im Gegenzug für Hunderte palästinensische Gefangene sowie den schrittweisen Rückzug der israelischen Armee aus dem Küstenstreifen vor.

Die Hamas soll den Berichten zufolge bei der künftigen Verwaltung des Gazastreifens keine Rolle mehr spielen, auch Israel darf das Gebiet nicht annektieren. Stattdessen soll der Küstenstreifen von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten regiert werden, unter Aufsicht eines neuen internationalen Gremiums, das von den USA in Abstimmung mit arabischen und europäischen Partnern eingerichtet wird.

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Dies soll den Rahmen für die Finanzierung eines Wiederaufbaus des weitgehend zerstörten Gazastreifens bilden, bis die Palästinensische Autonomiebehörde ein Reformprogramm umgesetzt hat.

Sicherheitsgarantien für Israel und Aufbau palästinensischer Polizei

Der Plan sieht den Berichten zufolge auch eine Entradikalisierung des Gazastreifens vor, Sicherheitsgarantien regionaler Partner für Israel und die Einrichtung einer "internationalen Stabilisierungstruppe" in dem Küstenstreifen. Diese soll wiederum eine palästinensische Polizeitruppe aufbauen und ausbilden, die später für die Sicherheit zuständig sein soll. Nach den Reformen wird auch ein Weg zu einem künftigen palästinensischen Staat als Ergebnis von Friedensverhandlungen unter US-Vermittlung in Aussicht gestellt.

Der neue Plan erscheint als deutliche Abkehr von Trumps Vorstoß vom Jahresbeginn, der unter anderem eine Umsiedlung der palästinensischen Bevölkerung in Drittländer vorsah. Der 21-Punkte-Plan sieht den Berichten zufolge zwar auch eine wirtschaftliche Entwicklung des zerstörten Gebiets vor, es heißt jedoch, die Palästinenser sollten ermutigt werden, im Gazastreifen zu bleiben, um dort eine bessere Zukunft aufzubauen.

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Welche Rolle könnte Tony Blair bei der Zukunft des Gazastreifens spielen?

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge könnte der ehemalige britische Premierminister Tony Blair (72) die Leitung der Aufsicht über die Übergangsregierung übertragen bekommen. Wie zuerst "The Economist" berichtete, ist eine international unterstützte "Gaza International Transitional Authority" zunächst für fünf Jahre geplant. Der frühere Regierungschef des Vereinigten Königreiches (1997 bis 2007) war zuletzt an Gesprächen im Weißen Haus beteiligt, sein Büro äußerte sich bislang nicht zu den Berichten.

Starker Widerstand ultrarechter Partner Netanjahus

Die "Times of Israel" berichtete, ultrarechte Koalitionspartner des israelischen Regierungschefs und Siedlervertreter drängten Netanjahu vor dem Treffen mit Trump, Teile des besetzten Westjordanlands zu annektieren und den Krieg im Gazastreifen nicht ohne eine komplette militärische Niederlage der islamistischen Terrororganisation Hamas zu beenden.

Trump hatte zuletzt betont, er werde es Israel nicht erlauben, sich das Westjordanland einzuverleiben. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil eines künftigen unabhängigen Staates.

Der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir schrieb auf der Plattform X, Netanjahu habe kein Mandat dafür, den Krieg ohne einen absoluten Sieg über die Hamas zu beenden.

Finanzminister Bezalel Smotrich hat nach Angaben des israelischen TV-Senders N12 drei Schlüsselforderungen mit Blick auf Trumps Plan gestellt: Die Palästinensische Autonomiebehörde dürfe keine Rolle spielen, die Hamas müsse vollständig entwaffnet werden, und Israel müsse Teile des Westjordanlands annektieren, ohne einen palästinensischen Staat anzuerkennen.

Weg für Israel aus der diplomatischen Isolation?

Mehrere einflussreiche westliche Länder wie Großbritannien und Frankreich haben jüngst auch einen palästinensischen Staat anerkannt. Netanjahu lehnt die Einrichtung eines unabhängigen Staates Palästina jedoch vehement als Bedrohung der israelischen Existenz ab. Er hatte sich dafür ausgesprochen, dass Israel dauerhaft die Sicherheitskontrolle des Gazastreifens behält. Eine künftige Rolle für die Palästinensische Autonomiebehörde weist er ebenso zurück wie eine Präsenz der Hamas.

Trumps Plan könnte für Israel jedoch einen Weg aus der zunehmenden internationalen Isolation bieten, die sich bei den Protesten gegen Netanjahus Rede vor der UN-Vollversammlung einmal mehr zeigte.

Wird die Hamas bei der Initiative mitspielen?

Die Hamas hat bisher trotz des unermesslichen Leids, das der von ihr mit dem Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöste Gaza-Krieg über die eigene Bevölkerung gebracht hat, auf ihren Bedingungen für ein Ende des Krieges beharrt. Sie lehnte eine geforderte Niederlegung der Waffen bisher strikt ab, ebenso wie einen Gang der Hamas-Führung ins Exil.

Ein Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen mit dauerhafter Waffenruhe, die Freilassung Hunderter Sicherheitsgefangener und der Wiederaufbau des Küstengebiets mit gleichzeitiger intensiver humanitärer Versorgung würden jedoch einen Teil der Hamas-Forderungen erfüllen. Auch eine Zustimmung zur Einrichtung einer palästinensischen Technokratenregierung hat die Terrororganisation in der Vergangenheit schon signalisiert. Der Trump-Plan sieht den Berichten zufolge eine Amnestie für Hamas-Mitglieder vor, die sich zu einer friedlichen Koexistenz mit Israel verpflichten./mj/DP/he