Trump-Fatigue

Fällt die Weihnachtsrallye dieses Jahr aus im DAX!? Mit großen Schritten nähert sich das Jahresende, aber der deutsche Aktienindex DAX scheint sich bereits im ersten Quartal verausgabt zu haben. Nach dem Trump-Crash im April und einer satten Erholung plätschert der Index seit Sommer auf hohem Niveau nur noch seitwärts - allerdings innerhalb einer breiten Kursspanne von 1.500 Punkten.
An den Märkten macht sich ohnehin eine gefährliche Trump-Fatigue breit. Was noch vor Monaten Schockwellen auslöste, sorgt nun für Schulterzucken. Wir erleben eine sinkende Grenzaufregung. Und dahinter steckt das eigentliche System des US-Präsidenten: Mit der ständigen Eskalation macht er das Chaos zur Routine und gewöhnt so die Märkte an eine neue Normalität. Was anfangs noch schrill wie eine Alarmsirene wahrgenommen wurde, wird mehr und mehr zu einem Hintergrundrauschen. Trumps Methode ist wie akustische Abstumpfung.
Medien-Redaktionen in aller Welt beobachten daher eine beunruhigende Entwicklung: Immer mehr Menschen wenden sich vom Nachrichtengeschehen ab. Krieg, Wirtschaftskrisen etc. - sie wollen mit dem endlosen Strom schlechter Neuigkeiten nichts mehr zu tun haben. Forscher nennen das News-Fatigue. Aber was, wenn diese Müdigkeit nicht nur Nachrichtenkonsumenten erfasst - sondern auch die Finanzmärkte?
In USA sieht es trotz oder dank Trump noch ganz positiv aus. Die amerikanischen Indizes hinkten dem deutschen Markt zunächst hinterher, legen aber seit April kontinuierlich zu. Damit schaffen sie es auf Jahresbasis mittlerweile auch für Euro-Anleger in die Pluszone - trotz 15 Prozent Währungsverlust im Euro-Dollar-Verhältnis.
Viele Marktteilnehmer sind auch weiterhin bullisch gestimmt - vielleicht zu bullisch!? Laut einer Umfrage der Bank of America sind die Bargeld-Bestände internationaler Fondsmanager mit 3,7 Prozent sehr niedrig - alle Werte unter vier Prozent sind für das Research-Team der Bank ein Verkaufssignal. Gleichzeitig sind internationale Allokatoren so stark bei Aktien übergewichtet wie seit Februar 2025 nicht mehr.
Eine große Mehrheit erwartet für die nächsten Monate ein Goldlöckchen-Szenario: sinkende Notenbankzinsen und boomende Wirtschaft. Das Buzz-Wort "KI" soll es möglich machen. Deshalb befindet sich aktuell alles, was sich daran anlehnt, im Aufwärtstrend. Allerdings werden die mahnenden Stimmen lauter, ob sich der Markt hier nicht in einen Hype versteigt. Es wird viel investiert, aber wenig in effektiven Umsätzen erlöst. In der Berichtssaison der letzten Wochen konnte man daher sehen, dass Unternehmen auch mit Zahlen, die die Markterwartungen erfüllt oder leicht geschlagen haben, abgestraft wurden, wenn der Ausblick nicht stimmte. Die Marktteilnehmer schauen wohl inzwischen genauer hin.
von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
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